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Zahl der Toten steigt: Anhaltende Proteste in Peru

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Proteste in Peru fordern immer mehr Tote
Proteste in Peru fordern immer mehr Tote

Lima. Auch sechs Tage nach der Amtsenthebung von Präsident Pedro Castillo halten die landesweiten Proteste in Peru an. Bis zum Dienstag sind auf Demonstrationen gegen die neue Präsidentin Dina Boluarte und den von Rechtsparteien dominierten Kongress sieben Menschen ums Leben gekommen.

Menscherechtler:innen kritisieren das gewaltsame Vorgehen der Polizei. Unter den Getöteten waren auch Minderjährige. Die nationale Koordinationsstelle für Menschenrechte rief die Sicherheitskräfte dazu auf, den Gebrauch von Schusswaffen einzustellen: Mehrere in den sozialen Netzwerken veröffentlichte Videos zeigen den gezielten Einsatz gegen unbewaffnete Protestierende.

Nachdem am Montag Demonstrierende die Landebahn des internationalen Flughafens von Arequipa gestürmt hatten, musste am Dienstag mit Cusco ein weiterer internationaler Flughafen schließen. Züge nach Machu Picchu – der touristischen Hauptattraktion des Landes – wurden eingestellt. Alle nationalen Busverbindungen wurden suspendiert. In den Departamentos Huancavelica und Arequipa setzten Protestierende Gerichts- und Verwaltungsgebäude in Brand.

Die nationale Studierendenvereinigung von Peru (FEP) zeigt sich solidarisch mit den Protesten und fordert sofortige Neuwahlen. Die Universität von Cajamarca wurde besetzt. Sämtliche soziale Organisationen bekräftigten ebenfalls Forderungen nach Neuwahlen.

Sowohl Regierung als auch die Rechtsparteien im Kongress führen die Proteste auf den Einfluss okkulter Netzwerke zurück. "Extremisten verkleidet als Demonstranten nutzen die Proteste, um subversive und vandalische Aktionen durchzuführen", kommentiert Patricia Chirinos von der rechtsliberalen Partei Avanza Pais. Jorge Montoya von der ultrarechten Renovación Popular erklärt: "Das sind keine Proteste mehr, das sind terroristische Akte, die drastisch bestraft werden sollten." Diejenigen die dahinter stecken trügen die Hauptschuld für die Toten. Premierminister Pedro Angulo sieht bezahlte Drahtzieher am Werk, die lokale politische Ämter führten. Man müsse sie aus dem Staatsdienst entfernen, so der Regierungschef.

Politikwissenschaftler Omar Coronel kritisiert solche Aussagen: "Worte haben eine Bedeutung", erklärt Coronel. "Dafür muss man kein Sozialwissenschaftler sein". Angulo habe sich durch seine scharfe Rhetorik zum Hauptaufwiegler der Proteste entwickelt. Er und die anderen Kongressmitglieder schürten die Empörung des Volkes – insbesondere, wenn alle paar Stunden Berichte von neuen Toten einträfen.

Derweil hat die Staatsanwaltschaft eine Verfassungsklage gegen den inhaftierten Ex-Präsidenten Pedro Castillo erlassen. Ihm wird "Rebellion" vorgeworfen. Auch mehrere seiner ehemaligen Regierungsmitglieder sind mit angeklagt. Das Parlament muss der Klage nun stattgeben.

Neben den Auseinandersetzungen auf der Straße ging es auch im Kongress selbst heiß her. Eine Debatte am Sonntag eskalierte, als sich rechte und linke Abgeordnete während einer Schweigeminute für die Toten gegenseitig beleidigten. Der Konflikt endete in Handgreiflichkeiten, als Pasión Dávila vom Castillo-treuen Bloque Magisterial dem parteilosen Abgeordneten Juan Burgos mit der Faust ins Gesicht schlug.