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Sturm auf Brasília: Weitere Ermittlungen und Bekenntnisse zur Demokratie

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Der "Akt für Demokratie" erinnert an die gewaltsamen Proteste der Bolsonaro-Anhänger:innen im Januar
Der "Akt für Demokratie" erinnert an die gewaltsamen Proteste der Bolsonaro-Anhänger:innen im Januar

Brasília. Genau einen Monat nach dem Sturm auf Brasília hat die Vereinigung der Bediensteten des Bundesgesetzgebers und des Bundesrechnungshofes (Sindilegis) mit einer Kundgebung für die Demokratie an die gewaltsamen Ausschreitungen erinnert. Auch der Oberste Gerichtshof (STF) hat das neue juristische Jahr 2023 mit mahnenden Worten gegen demokratiefeindliche Aktivitäten eingeläutet.

"Akt für die Demokratie", stand auf dem großen Banner, das Sindilegis-Mitglieder im Beisein von Abgeordneten und Senator:innen vergangenen Mittwoch vor dem Kongress niederlegten. Die Kundgebung sollte daran erinnern, wie Anhänger von Ex-Präsident Jair Bolsonaro am 8. Januar gewaltsam in den Kongress, den Obersten Gerichtshof und den Regierungspalast eingedrungen sind. Der Präsident der Gewerkschaft betonte, dass es nicht darum gehe, die Regierung oder eine bestimmte Partei zu unterstützen, sondern es solle klar werden, dass Auseinandersetzungen normal im politischen Alltag seien, aber Gewalt niemals ein Mittel zur Durchsetzung der eigenen politischen Ziele sein dürfe.

Auch Rosa Weber, die Vorsitzende des STF, bezog in ihrer Rede zum neuen juristischen Jahr Stellung zu den Geschehnissen. Die Einrichtungen des Nationalkongresses und der Planalto-Palast, "Sitz der drei Säulen der brasilianischen Demokratie", seien das Ziel eines "putschähnlichen und unwürdigen Angriffs" gewesen. Dies habe den "Geist der Demokratie" jedoch nicht zerstören können. "Das Gefühl des Respekts für die demokratische Ordnung besteht fort und wird weiterhin die Köpfe und Herzen der Richter dieses Obersten Gerichtshofs erleuchten", so Weber. Bei ihrer Rede war auch Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva anwesend.

Die Ermittlungen gegen die verhafteten 1.420 "Bolsonaristas", ihre Sympathisant:innen und Unterstützer:innen laufen weiter. Die Anwälte der Gefangenen fordern ihre Verlegung in die Gefängnisse der Bundesstaaten, in denen sie beheimatet sind. Die große Anzahl an Gefangenen verzögere Abläufe und verursache Probleme bei der medizinischen Versorgung und der juristischen Betreuung. Im Gefängnis von Brasília befinden sich derzeit 2.139 Personen, ausgelegt ist es für 1.176.

Unter den Festgenommen befinden sich auch der Ex-Justizminister Anderson Torres und Oberst Jorge Eduardo Naime Barreto, in deren Aufgabenbereich es lag, Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen und Demonstrationen in der Region zu erarbeiten. Gegen beide wird wegen Unterlassung und Komplizenschaft mit den putschistischen Aktivitäten ermittelt.

Auch gegen weitere Beamt:innen und Militärangehörige wurden Voruntersuchungen eingeleitet. So soll die Frage geklärt werden, warum das Bataillon der Präsidentengarde nicht in der Lage war, die "Bolsonaristas" davon abzuhalten, in den Regierungspalast zu gelangen. Zudem stehen die Vorwürfe der aktiven Teilnahme an den Protesten und Beihilfe zu Flucht im Raum.

Durchgeführt werden die Ermittlungen durch die Militärjustiz. Diese greift immer dann, wenn Militärangehörige im Dienst Straftaten begangen haben, oder militärisches Eigentum oder Gelände Ziel von Angriffen wurde.

Unterdessen hat das Ministerium für Justiz und öffentliche Sicherheit bereits über 100.000 E-Mails mit Links und Dokumenten erhalten, die auf eine mögliche Beteiligung an den Gewaltakten am 8.Januar hindeuten könnten. Die meisten Hinweise richten sich gegen öffentliche Behörden, aber auch gegen die beiden Söhne des Ex-Präsidenten, Eduardo und Carlos Bolsonaro.