Kolumbien / Politik

Kolumbien: Präsident fordert Ermittlung der Staatsanwaltschaft gegen seinen Sohn und Bruder

Gravierende Anschuldigungen der Ex-Frau des Präsidentensohns über Bestechungsgelder. Schwierige Zeit für das Regierungsprojekt des "totalen Friedens"

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Links, Nicolás Petro. Rechts Juan Fernando Petro.
Links, Nicolás Petro. Rechts Juan Fernando Petro.

Bogotá. Eine Mitteilung des linksgerichteten Präsidenten Gustavo Petro zu den Korruptionsvorwürfen gegen seinen Sohn Nicolás und seinen Bruder Juan Fernando schlägt in der kolumbianischen Öffentlichkeit hohe Wellen. Darin fordert der Regierungschef den Generalstaatsanwalt auf, "alle notwendigen Ermittlungen" gegen seine beiden Familienmitglieder einzuleiten.

Grund sind "Gerüchte", dass die genannten Angehörigen straffälligen Personen rechtliche Begünstigungen im Rahmen des "totalen Friedens" gegen Zahlung von Geld angeboten hätten. "Meine Regierung wird Kriminellen keine Vorteile im Austausch gegen Bestechungsgeld gewähren", teilt Petro in dem Kommuniqué mit.

Die Regierung wird dem Kongress demnächst einen Gesetzesentwurf vorlegen, der mächtigen kriminellen Strukturen Anreize zur Zusammenarbeit mit der Justiz bietet. "Wir sind dabei, die rechtlichen Mechanismen zu schaffen, um sicherzustellen, dass diese illegalen Gruppen vor Gericht gestellt werden und die Opfer entschädigen", betonte Petro in seiner Mitteilung. Ziel sei landesweit die Beendung der Gewalt.

"Meine Verpflichtung gegenüber Kolumbien und den Kolumbianerinnen und Kolumbianern besteht darin, Frieden zu schaffen, und wer dieses Ziel stören oder persönlich davon profitieren will, hat in der Regierung nichts zu suchen, auch wenn es sich um Mitglieder meiner Familie handelt", versicherte der Regierungschef weiter. Er hoffe auf die Unschuld seines Sohnes und Bruders, werde aber die Beschlüsse der Justiz respektieren.

Ein kurz darauf geführtes Interview der Zeitschrift Semana mit der Ex-Frau von Nicolás Petro, Day Vásquez, brachte die Anschuldigungen an die Öffentlichkeit. Darin warf sie ihrem Ex-Mann und Ratsmitglied des Departamento Atlántico vor, 2022 eine Milliarde Pesos (ca. 200.000 Euro) von zwei dubiosen Politikern und Unternehmern kassiert zu haben.

Das Geld sei als Unterstützung für die Präsidentschaftskampagne von Gustavo Petro gedacht gewesen. Nicolás soll aber das Geld für sich behalten haben, um ein Haus für 1,6 Milliarden Pesos (circa 320.000 Euro) zu kaufen, so Vásquez. Konkret soll Nicolás 600 Millionen Pesos von dem wegen Drogenhandels verurteilten Kongressabgeordneten Samuel Santander Lopesierra und 400 Millionen Pesos von dem Sohn des mutmaßlichen Paramilitär-Unterstützers Alfonso Hilsaca erhalten haben.

Vásquez versicherte, dass diese Geschäfte hinter dem Rücken von Gustavo Petro arrangiert worden seien. Erst vor zwei Wochen habe sie dem Präsidenten alles erzählt, der sich enttäuscht gezeigt habe. Er würde nicht zulassen, dass sich sein Sohn unrechtmäßig bereichert wie die Kinder anderer Ex-Präsidenten, habe er mit Nachdruck geäußert.

Am Tag nach dem Interview hat die Generalstaatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Nicolás Petro eingeleitet. Gegen den Bruder des Präsidenten, Juan Fernando Petro, wird bereits seit Januar ermittelt.

Generalstaatsanwalt Francisco Barbosa, ein langjähriger Freund des rechten Ex-Präsidenten Iván Duque und Kritiker des Regierungsprojekts des "totalen Friedens", hat den Bruder von Gustavo Petro und den Hochkommissar für den Frieden, Danilo Rueda, illegaler Vereinbarungen mit inhaftierten Drogenhändlern bezichtigt.

Berichte des rechten Magazins Semana zufolge arbeiteten Petro und Rueda mit einem Netzwerk von Anwälten, das Gefängnisinsassen Posten als "Friedensvermittler" im Projekt des "totalen Friedens" für Geld anbot. Durch solche Posten können Häftlinge auf Bewährung aus dem Gefängnis kommen.

Laut Juan Fernando Petro benutzten Drogenhändler und Anwälte seinen Namen ohne seine Genehmigung.

Auch Rueda streitet die Vorwürfe ab. Das Vorhaben der Regierung würde "von skrupellosen Leuten und einigen Anwälten ausgenutzt, die es gewohnt sind, mit politischen und juristischen Gefälligkeiten zu handeln, und nun versuchen, von der Verwirrung und Täuschung zu profitieren", klagte er.

"Ich würde nie einen Preis für meine Arbeit für den Frieden festlegen und ich würde nie die Prinzipien der Integrität und des Altruismus verraten, die ich von unermüdlichen Kämpfern wie Eduardo Umaña, Josué Giraldo, Yolanda Cerón und Vater Javier Giraldo geerbt habe", so Rueda.

Präsident Petro betonte seinerseits in seinem Kommuniqué, dass nur Rueda "die Erlaubnis der Regierung hat, mit illegalen Organisationen in Kontakt zu treten", um Gespräche im Sinne des Friedens zu suchen.

Meinungsträger:innen in Kolumbien befürchten, dass die aktuellen Skandale um den Sohn und den Bruder des Präsidenten großen Schaden am Projekt des "totalen Friedens" anrichten.