Kolumbien / Politik

Kolumbien: "Ein Paradies für die Korrupten"

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Der Leiter des Sekretariats für Transparenz, Andrés Idárraga, stellte den Bericht der Öffentlichkeit vor
Der Leiter des Sekretariats für Transparenz, Andrés Idárraga, stellte den Bericht der Öffentlichkeit vor

Bogotá. Das Sekretariat für Transparenz, das der Präsidentschaft von Kolumbien angegliedert ist, hat den ersten Bericht über die Straflosigkeit in Korruptionsfällen im Land vorgelegt. Daraus geht hervor, dass 94 Prozent der Fälle nicht verurteilt wurden.

Die Untersuchung des Sekretariats erstreckt sich auf den Zeitraum zwischen 2010 und 2023. Von 57.582 Anzeigen haben demnach nur sechs Prozent zu einer Verurteilung geführt und 77 Prozent verblieben in der Ermittlungsphase. Dies hat zur Folge, dass die Verjährungsfrist abläuft und die Verfahren mit dem Ablauf der Fristen eingestellt werden.

Die häufigsten Straftaten sind Veruntreuung durch Aneignung und vorschriftswidrige Auftragsvergabe, gefolgt von Erpressung, Bestechung, unrechtmäßigem Interesse am Abschluss von Verträgen, illegale Bereicherung und Einflussnahme durch öffentliche Bedienstete.

Sekretariatsleiter Andrés Idárraga nannte dies "eine Schande für das Land" und forderte eine "Nationale Kommission für die Verbesserung der Moral", die sich aus staatlichen Institutionen und Kontrollorganen zusammensetzen und der der Staatspräsident vorstehen soll.

An erster Stelle der Departamentos mit der höchsten Straffreiheitsrate für Korruption steht San Andrés Islas, gefolgt von Guaviare, Bolívar, Putumayo, La Guajira, Casanare, Córdoba, Vaupés und Arauca.

Generalstaatsanwalt Francisco Barbosa wies den Bericht zurück und hob eigene Erfolge an der Spitze seiner Behörde hervor. Die Staatsanwaltschaft selbst wird allerdings wegen fehlender Fortschritte in mehreren entscheidenen Bereichen in Frage gestellt.

Widerspruch zum Bericht kam auch von der aktuellen Leiterin der Nationalen Agentur für den Rechtsschutz des Staates, Martha Lucía Zamora, die im März 2012 der Generalstaatsanwaltschaft vorstand.

Kolumbien erhält weiterhin neue Nachrichten über den Odebrecht-Bestechungsskandal, in den offenbar die gesamte traditionelle politische Klasse verwickelt ist. Diese hatte einen Pakt des Schweigens geschlossen, damit die Kampagnen für die Präsidentschafstwahlen von Óscar Iván Zuluaga und Juan Manuel Santos nicht untersucht werden.

Erst kürzlich wurden zudem hochrangige Staatsbeamte wie der Leiter der Nationalen Wahlbehörde, Alexander Vega, und der Ombudsmann, Carlos Camargo, mit dem Skandal in Verbindung gebracht.

Zu erwähnen ist auch, dass der Oberste Gerichtshof am 17. Juli ein Ermittlungsverfahren gegen den konservativen Kongressabgeordneten Julio Gallardo aus San Andrés eingeleitet hat, der bereits wegen des Toga-Kartells verurteilt worden war. Das "Cartel de la toga" (Kartell der Richterroben) war ein Netzwerk zur Umgehung der Strafverfolgung, das 2017 aufgedeckt wurde. Die beteiligten Mitglieder des Obersten Gerichtshofs begingen die Straftaten der Bestechung und Erpressung. Es gab mehr als 50 Festnahmen.

Die Veruntreuung von Geldern durch Politiker ist für die Bevölkerung zur Normalität geworden. Vor wenigen Tagen wurde einer der ersten im Fall Odebrecht Verurteilten, der ehemalige Kongressabgeordnete Elías Vidal, bekannt als "Ñoño Elías", in seiner Heimatstadt Sahagún begeistert empfangen, als er nach Verbüßung von vier Fünfteln seiner Strafe entlassen wurde. Dieser Fall zeigt auch, dass die kolumbianische Gesetzgebung bei der Verurteilung von Korrupten, die im Gefängnis landen und deren Vermögen unangetastet bleibt, äußerst lasch ist.

Das Problem der Korruption ist indes ein strukturelles Problem des Staates, in dem öffentliche Gelder als Beute zur Bereicherung der herrschenden Klassen verwendet werden, die sich in Mafias und "politischen Clans" zusammentun. Diese sind in der Lage, Wähler zu kaufen, die angesichts der schwierigen Bedingungen der Armut ihre Stimmen verkaufen und diesen Teufelskreis reproduzieren.