Neue Belege für Verstrickung der Behörden von Mexiko im Fall Ayotzinapa

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Die Angehörigen der Verschwunden von Ayotzinapa fordern Gerechtigkeit
Die Angehörigen der Verschwunden von Ayotzinapa fordern Gerechtigkeit

Oaxaca-Stadt. Das Verschwindenlassen von 43 Studenten aus Ayotzinapa ist eines der brutalsten und mysteriösesten Verbrechen der mexikanischen Geschichte. In der Nacht auf den 27. September 2014 wurden 43 Lehramtsstudenten aus Ayotzinapa in der Kleinstadt Iguala im südmexikanischen Bundesstaat Guerrero von der örtlichen Polizei verhaftet und an das lokale Verbrecherkartell Guerreros Unidos übergeben. Ab da verliert sich ihre Spur, doch niemand zweifelt mehr daran, dass sie ermordet worden sind.

Neue Hinweise belegen, dass örtliche Militärs, Polizeieinheiten und Politiker:innen nicht nur gelegentlich für das Verbrecherkartell Guerreros Unidos gearbeitet haben, sondern praktisch deren Angestellte waren. Damit haben sie dem Kartell stärker als bislang bekannt dabei geholfen, die 43 Lehramtsstudenten spurlos verschwinden zu lassen. Das geht aus 23.000 Textnachrichten hervor, die die New York Times ausgewertet hat. Die Zeitung kommt zu dem Schluss: Funktionär:innen praktisch aller lokalen Behörden, vom Sanitäter über den Gerichtsmediziner bis hin zum Militärkommandanten, arbeiteten seit Monaten für das Drogenkartell, das damit sämtliche öffentliche Einrichtungen in seiner Hand hatte. Das Organisierte Verbrechen agierte in einem Klima totaler Straflosigkeit.

Die 23.000 Textnachrichten stammen hauptsächlich von Mitgliedern der Guerreros Unidos. Sie wurden 2014 von der US-Antidrogenbehörde DEA abgefangen und 2022 der mexikanischen Regierung übermittelt. Für den Direktor des mexikanischen Menschenrechtszentrums Centro Prodh, Santiago Aguirre, belegen sie vor allem, wie stark Teile der Armee in den Fall Ayotzinapa verstrickt waren. Das verstärkt die Forderung nach einer Herausgabe sämtlicher Daten im Besitz der Armee, um Licht in das Verschwindenlassen der 43 Lehramtsstudenten zu bringen.

Laut Aguirre waren einige der Textnachrichten bereits Teil der Anklage gegen einige beschuldigte Militärs, wie den pensionierten General Rafael Hernández Nieto, den ehemaligen Kommandeur des 41. Infanteriebataillons von Iguala. Tatsächlich wurde der General auch verhaftet und angeklagt, so Aguirre, jedoch Ende August auf Betreiben der Guardia Nacional aus der Haft in den Hausarrest entlassen. Das sei sehr ungewöhnlich.

Unterdessen hat die oberste Justizbehörde Mexikos (PJF) am 15. August der Armee verboten, Dokumente zu dem Fall zu vernichten. Eltern der 43 Lehramtsstudenten von Ayotzinapa hatten beim PJF einen Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens gegen die Befehlskette des mexikanischen Militärgeheimdiensts gestellt mit dem Argument, die Militärs würden ein Dekret von Präsident Andrés Manuel López Obrador missachten. Dieser hatte angeordnet, das Militär müsse im Fall Ayotzinapa mit der Justiz zusammenarbeiten.