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Venezuela: Haftbefehl gegen Juan Guaidó wegen Veruntreuung bei PDVSA

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Generalstaatsanwalt Saab bei der Pressekonferenz am 5. Oktober
Generalstaatsanwalt Saab bei der Pressekonferenz am 5. Oktober

Caracas. Der Generalstaatsanwalt von Venezuela, Tarek William Saab, hat Haftbefehl gegen den Oppositionspolitiker Juan Guaidó erlassen. Zudem beantragte er bei Interpol eine "Red Notice", sodass nach Guaidó international gefahndet und er zum Zwecke einer späteren Auslieferung festgenommen werden kann.

Laut Saab liegen "überzeugende Beweise für die vorsätzlichen Handlungen" Guaidós vor, die ihn mit Fällen von Veruntreuung bei der staatlichen Erdölgesellschaft PDVSA in Verbindung bringen, "die auch zur Übergabe der Tochterfirma Citgo an die USA führten."

Der Staatsanwalt bezifferte den veruntreuten Betrag auf 19 Milliarden US-Dollar ‒ ein Betrag, der von einem US-Bundesgericht mit Sitz in Delaware bestätigt worden sei. Das Gericht habe festgestellt, dass Guaidó als "Präsident seiner Interimsregierung" die PDVSA-Mittel zur Finanzierung seiner Person, zur Begleichung von Anwaltskosten und zur Erzwingung der Annahme seiner Refinanzierungsbedingungen durch PDVSA verwendete.

Guaidó, der sich im Januar 2019 selbst zum "Interimspräsidenten" erklärt hatte und von den USA sowie ihren Verbündeten unterstützt wurde, ist derzeit flüchtig und soll sich in den USA aufhalten. Die drei größten mit ihm verbundenen Oppositionsparteien stimmten im Januar dafür, seine "Übergangsregierung" abzusetzen. Im April setzte sich Guaidó von Kolumbien aus nach Miami, Florida, ab. Laut der kolumbianischen Regierung wurde die Ausreise von US-Funktionären organisiert.

Er wird nun des Hochverrats, der Amtsanmaßung, der Unterschlagung oder Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte, der Geldwäsche und der Verschwörung beschuldigt.

Saab zitierte bei seiner Pressekonferenz US-Richter Leonard P. Stark, der für die von Guaidó eingeleitete Veräußerung von Citgo zuständig ist, mit den Worten, dass "die Guaidó-Regierung auf die Vermögenswerte der US-Tochtergesellschaften von PDVSA in den USA zugegriffen und diese genutzt hat, um sich selbst zu finanzieren. Sie umging dabei jegliche Rechte, die PDVSA an den Unternehmensdividenden gehabt haben könnte. Die Guaidó-Regierung hat auch PDVSA-Vermögenswerte zur Finanzierung der Rechtsverteidigung verwendet."

Citgo ist die in den USA ansässige Tochtergesellschaft des venezolanischen Ölunternehmens PDVSA. Ihr gehören drei Raffinerien und über 4.000 Tankstellen. Der Wert wurde auf zehn bis 13 Milliarden Dollar geschätzt. Der derzeit laufende gerichtlich angeordnete Aktienverkauf könnte zur Zerschlagung von Venezuelas größtem Auslandsvermögen führen.

Die "Plünderung" von Citgo sei "mit der Komplizenschaft von Guaidó und seinen Kollaborateuren" vorangetrieben worden, so der Generalstaatsanwalt.

Saab informierte zudem, dass derzeit in insgesamt 23 Verfahren wegen illegaler Handlungen der als "Übergangsregierung bekannten kriminellen Organisation" ermittelt wird, u.a. wegen Amtsanmaßung, Geldwäsche, Terrorismus, Waffenhandel, Hochverrat und krimineller Vereinigung. Dazu kommen weitere fünf Verfahren im Zusammenhang mit Unregelmäßigkeiten beim venezolanischen Unternehmen Monómeros in Kolumbien, "so dass insgesamt 28 Fälle gegen diese Mafia, die das Land ausgeblutet hat, vorliegen."

Die Liste der untersuchten Straftaten umfasse auch die fingierten Ernennungen von Guaidós "Interimsregierung", mit denen Verwaltungsräte von Staatsunternehmen, Botschafter und Geschäftsträger und ein Verwaltungsrat der Zentralbank eingesetzt wurden.

Insgesamt wurden nach Saabs Angaben 288 Haftbefehle ausgestellt, 129 Personen verhaftet und angeklagt, gegen 13 Personen wurde bereits ein Auslieferungsersuchen gestellt.

Chavistische Basisaktivisten haben in der Vergangenheit wiederholt kritisiert, die Justiz gehe nicht entschieden genug gegen Guaidó und seine Gefolgsleute vor. Die Generalstaatsanwaltschaft erlasse nur Haftbefehle gegen diejenigen, die bereits geflohen sind, stelle Auslieferungsanträge, denen sie nicht nachgehe und leite "dutzendweise Ermittlungen gegen erklärte Verräter ein, ohne sie jemals anzuklagen."