Ex-Präsident Uribe in Kolumbien vor Gericht

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Ex-Präsident Álvaro Uribe soll Zeug:innen manipuliert haben, damit sie ihn nicht belasten (Screenshot)
Ex-Präsident Álvaro Uribe soll Zeug:innen manipuliert haben, damit sie ihn nicht belasten (Screenshot)

Bogotá. Der Prozess gegen Ex-Präsident Álvaro Uribe Vélez (2002 - 2010) wegen Prozessbetrugs und Zeugenmanipulation hat letzte Woche begonnen. Es ist das erste Strafverfahren gegen einen früheren Präsidenten in Kolumbien.

Die Staatsanwaltschaft wirft Uribe vor, inhaftierten Paramilitärs über Mittelsmänner "Geld übergeben und/oder versprochen" zu haben, damit diese ihre Version der mutmaßlichen Beziehungen Uribes zu paramilitärischen Gruppen "verfälschen".

Im Falle einer Verurteilung drohen dem ultrarechten Politikern zwischen sechs und zwölf Jahre Haft. Allerdings läuft die Verjährungsfrist im August 2026 ab. Expert:innen schließen nicht aus, dass der Strafanspruch verjährt, bevor ein Urteil für oder gegen Uribe fällt.

Der Fall zieht sich seit mehr als einem Jahrzehnt. Er hat mit einem Parlamentsdebatte im September 2012 angefangen. Der linke Senator Iván Cepeda beschuldigte Uribe, der ebenfalls Senator war, Verbindungen zum Paramilitarismus und zum Drogenhandel zu haben. Der ultrarechte Senator warf Cepeda daraufhin vor, Zeugen im Gefängnis bestochen zu haben, um ihn zu belasten. Uribe erklärte sich zum Opfer eines Komplotts Cepedas und verklagte ihn vor dem Obersten Gerichtshof (CSJ).

Die Klage Uribes wurde für ihn zum Bumerang, denn das Gericht kam im Jahr 2018 nach der Voruntersuchung zum gegenteiligen Schluss. Der CSJ verzichtete auf die Strafverfolgung von Cepeda und leitete stattdessen Ermittlungen gegen den Ex-Präsidenten ein. Die Behörde hegte den Verdacht, dass es Uribe war, der die Zeug:innen manipuliert hat.

Nach mehreren Wechseln der Richter:innen, die den Fall leiten sollten, ordnete der CSJ 2020 Hausarrest als Untersuchungshaft gegen Uribe als "mutmaßlicher Täter der Bestechung eines Zeugen in einem Strafverfahren und des Verfahrensbetrugs" an. Er trat aus dem Senat zurück.

Damit verlor der CSJ, der gegen die Senator:innen ermitteln darf, die Zuständigkeit. Diese ging an die Generalstaatsanwaltschaft (FGN) über, die damals von Francisco Barbosa geleitet wurde. Barbosa war ein guter Freund des damaligen ultrarechten Präsidenten Iván Duque, dessen Mentor Uribe war.

Während der Amtszeit von Barbosa hatte die FGN zweimal die Einstellung der Ermittlungen gegen Uribe im selben Fall beantragt. Zwei Bezirksrichter lehnten den Antrag jedoch ab und ließen das Verfahren ruhen, bis die Leitung der FGN an die neu ernannte Staatsanwältin Luz Adriana Camargo überging, eine Expertin für Ermittlungen gegen Korruption und Verbindungen zwischen Politik und Paramilitarismus. Am 9. April 2024 erhob die FGN Anklage gegen Uribe.

Eine zentrale Rolle bei den Korruptionsvorwürfen spielt Uribes ehemaliger Anwalt Diego Cadena. Die FGN deckte auf, dass Cadena mehreren ehemaligen Paramilitärs Geschenke und Vorteile angeboten hat, damit sie ihre Aussagen gegen Álvaro Uribe zurückziehen. Gegen Cadena selbst läuft ein Verfahren wegen Verfahrensbetrugs und Bestechung.

Uribe bestreitet die Vorwürfe und bezeichnet das Verfahren als politisch motiviert. Seine Verteidigung argumentiert, dass die Anschuldigungen auf unzuverlässigen Aussagen beruhen und es keine stichhaltigen Beweise gibt. Uribe spricht von einem "abgekarteten Spiel". Im Vorfeld der Anhörung wandte sich das ehemalige Staatsoberhaupt über verschiedene Medien an die Bevölkerung und erläuterte in einer 30 Punkte umfassenden Rede das seiner Meinung nach erlittene Unrecht.

Trotz zahlreicher laufender Ermittlungen wurde der Ex-Präsident bisher nicht vor Gericht gestellt. Als Uribe noch Senator war, führte die CSJ Vorermittlungen gegen ihn wegen seiner mutmaßlichen Verantwortung für die Massaker in den ländlichen Bezirken La Granja und El Aro im westlichen Departemento Antioquia in den Jahren 1996 und 1997 sowie für die Ermordung des Menschenrechtsaktivisten Jesús María Valle im Jahr 1998. In El Aro haben Paramilitärs zwölf Menschen gefoltert und getötet, mindestens 1.400 vertrieben und unzählige Häuser niedergebrannt.

Die Vorwürfe gegen Uribe wegen dieser Fälle wurden im vergangenen Jahr vom ehemaligen paramilitärischen Chef der Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen (AUC), Salvatore Mancuso, bei einer Anhörung vor der Sonderjustiz für den Frieden bestätigt. Uribe bestritt Verbindungen zu Mancuso.

Neben mehreren laufenden Verfahren gegen Uribe in Kolumbien haben Angehörige von Mordopfern der Streitkräfte Klage vor einem argentinischen Gericht eingereicht. Das Bundesgericht in Buenos Aires soll Uribes strafrechtliche Verantwortung für die Ermordung von mehr als 6.000 Zivilisten zwischen 2002 und 2008 untersuchen. Die Opfer wurden während Uribes Amtszeit als Präsident von den Sicherheitskräften ermordet, um sie als im Kampf gefallene Guerilleros zu präsentieren.