Buenos Aires. Bei den gestrigen Präsidentschaftswahlen in Argentinien hat laut ersten offiziellen Zahlen der peronistische Kandidat und amtierende Wirtschaftsminister, Sergio Massa, vom progressiven Bündnis Unión por la Patria mit rund 36 Prozent der Stimmen den höchsten Anteil eingefahren.
An zweiter Stelle kommt der ultraliberale Javier Milei (La Libertad Avanza) mit knapp 30 Prozent.
Die Kandidatin der rechten Koalition Juntos por el Cambio, Patricia Bullrich, liegt mit circa 24 Prozent deutlich dahinter.
Juan Schiaretti, Kandidat für die rechte peronistische Abspaltung Hacemos por Nuestro País kam auf rund sieben und die linke Myriam Bregman für die Frente de Izquierda auf knapp unter drei Prozent.
Um in der ersten Runde zu gewinnen, hätte ein Kandidat mehr als 45 Prozent der gültigen Stimmen oder mindestens 40 Prozent und zehn Prozentpunkte Vorsprung zum nächsten bekommen müssen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich bei Auszählung der noch fehlenden Lokale das Ergebnis so weit ändert, dass dieses noch eintritt. Es wird demnach am 19. November zu einer Stichwahl zwischen Massa und Milei kommen. Das endgültige Ergebnis soll von der Wahlbehörde (Justicia Nacional Electoral) am kommenden Dienstag bekannt gegeben werden.
Das Resultat entspricht einiger letzter Umfragen, weicht aber von den Ergebnissen der Vorwahlen aus dem vergangenen August deutlich ab. Dabei erhielt Milei den höchsten Stimmenanteil. Auf den zweiten Platz kam damals Juntos por el Cambio (JxC) des früheren neoliberalen Präsidenten Mauricio Macri (2015-2019) mit 28,3 Prozent, Massa erreichte mit knapp 27,3 Prozent nur den dritten Platz.
Milei und seine Mitstreiter hatten sich jedoch im Wahlkampf einige grobe Schnitzer geleistet, die ihm vermutlich Stimmen gekostet haben. Zudem hatte das peronistische Lager große Anstrengungen unternommen, um die Wähler zu mobilisieren, die in den Vorwahlen nicht teilgenommen hatten. Dies tat er offenbar mit Erfolg, da die Wahlbeteiligung von 69 Prozent bei den Vorwahlen auf 74 Prozent bei der gestrigen Wahl gestiegen ist. Dennoch ist es die niedrigste Wahlbeteiligung bei einer Präsidentschaftswahl seit der Rückkehr zur Demokratie vor 40 Jahren.
In Argentinien herrscht Wahlpflicht für alle Wahlberechtigten zwischen 18 und 70 Jahren. Die Teilnahme für Personen zwischen 16 und 18 oder über 70 Jahren sowie für im Ausland lebende ist freiwillig. Rund 35,4 Millionen Argentinierinnen und Argentinier waren aufgerufen, den Präsidenten und Vizepräsidenten zu wählen. Auch wurde die Hälfte der Parlamentsabgeordneten und ein Drittel der Senatoren neu gewählt. Neu bestimmt wurden außerdem 43 Abgeordnete für das Parlasur, das Parlament des Wirtschaftsbündnisses Mercosur, dem Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay angehören.
Zudem fanden die Wahlen der Gouverneure der Provinzen Buenos Aires, Catamarca und Entre Rios, des Regierungschefs der autonomen Stadt Buenos Aires sowie zahlreicher Bürgermeister statt.
In der Provinz Buenos Aires, dem bevölkerungsreichsten Wahlbezirk des Landes, setzte sich der peronistische Amtsinhaber Axel Kiciloff mit 45 Prozent durch und ist damit wiedergewählt. Er gewann mit fast 20 Prozentpunkten Vorsprung zu seinem Konkurrenten.
Massa erklärte nach Bekanntwerden der Ergebnisse, er werde zu einer "Regierung der nationalen Einheit mit den Besten und unabhängig von ihrer politischen Partei" aufrufen. "Am 19. November müssen wir entscheiden, ob wir ein Land aufbauen, das alle einbezieht, oder ein Land des 'Rette sich wer kann'", sagte er.
Milei rief in seiner Rede am Sonntagabend "alle guten Argentinier" zum gemeinsamen "Kampf gegen den kirchneristischen Totalitarismus" auf. Seine Kandidatin für die Vizepräsidentschaft, Victoria Villarruel, kündigte an, ihre Partei werde "eine Brücke" zu den anderen rechten Parteien wie JxC und "zu allen schlagen, die das Land verändern" und den "Kirchnerismus beenden" wollten.
Als Kirchnerismus wird in Argentinien die Mitte-links Politik der peronistischen Bewegung bezeichnet, die durch die Amtszeiten von Präsident Néstor Kirchner und Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner zwischen 2002 und 2015 geprägt wurde.