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Nicaragua tritt wegen Auszeichnung von La Prensa aus Unesco aus

Preis für Pressefreiheit an oppositionelle Zeitung überreicht. Regierung von Nicaragua protestiert, wirft La Prensa Medienterrorismus und Desinformation vor

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Die Auszeichnung von La Prensa führte zum Austritt Nicaraguas aus der UNESCO
Die Auszeichnung von La Prensa führte zum Austritt Nicaraguas aus der UNESCO

Managua. Nicaragua tritt aus der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) aus und protestiert damit gegen die Vergabe des Weltpreises für Pressefreiheit an die oppositionelle Zeitung La Prensa.

Am vergangenen Samstag, dem Internationaler Tag der Pressefreiheit, verlieh die Unesco ihren Preis "Guillermo Cano" an La Prensa für die "Wahrheitsberichterstattung für das nicaraguanische Volk" trotz der "Unterdrückung" und "Exilierung" ihrer Journalisten, wie es in der Begründung der Jury hieß.

Die Zeitung wurde im August 2021 im Zusammenhang mit einer Durchsuchung und Beschlagnahmungen durch die Bereitschaftspolizei kurzzeitig eingestellt und wird seither von Mitarbeiter:innen nur noch online veröffentlicht. Die Beschuldigungen der Staatsanwaltschaft Nicaraguas richteten sich dabei im Wesentlichen gegen die Besitzerfamilie Chamorro (amerika21 berichtete).

Der damalige Generaldirektor von La Prensa, Juan Lorenzo Holmann, wurde 2021 wegen Zollbetrug und Geldwäsche verhaftet, die Redaktionsangestellten flohen ab Juli 2022 aus dem Land. Zuvor waren zwei Fahrer verhaftet und Wohnungen von Angestellten der Zeitung durchsucht worden. La Prensa wird seither von Mitarbeiter:innen im Exil aus Costa Rica, den USA, Mexiko, Spanien und Deutschland erstellt.

Die Unesco schrieb in ihrer Erklärung, dass La Prensa seit 2021 trotz der Schikanen und der Ausweisung der Mitarbeiter:innen aus dem Land "die nicaraguanische Bevölkerung über das Internet weiterhin auf dem Laufenden hält". Weiter heißt es: "Das Schicksal dieser 1926 gegründeten Referenzzeitung ist ein Beispiel für die immer gewalttätigeren Angriffe auf die Meinungs- und Pressefreiheit in Nicaragua in den letzten Jahren."

Die Regierung Nicaraguas hat die Auszeichnung für La Prensa verurteilt. Sie bezeichnete es als "zutiefst beschämend", dass die Unesco "als Förderer und Komplize einer Aktion auftritt, die die tiefsten Werte der nicaraguanischen Identität und Kultur verletzt und angreift".

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La Prensa sei "ein Medium im Dienste der Förderung und Verteidigung der militärischen und politischen Besatzung und Intervention der USA in Nicaragua." Das Medium habe als Kommandozentrale des gescheiterten Staatsstreichs von 2018 fungiert. Dies auszuzeichnen bedeute, "Medienterrorismus, Desinformation, Verherrlichung von Verbrechen und den gröbsten Verrat am Vaterland zu belohnen", so die Regierung weiter.

Seit dem Ende des Befreiungskampfes gegen den früheren Diktator Anastasio Somoza 1979 in Nicaragua, bei dem auch der damalige Besitzer von La Prensa, Pedro Joaquín Chamorro, von Somozas Helfern ermordet wurde, gilt La Prensa als durchgängig antisandinistisch.

Noam Chomsky beschrieb in seinem 1990 erschienenen Buch "Necessary Illusions" den Wandel von La Prensa. Laut Chomsky hat der Besitzer der Zeitung 1980 den Herausgeber Xavier Chamorro Cardenal wegen der neuen politischen Ausrichtung entlassen. 80 Prozent der Mitarbeiter:innen folgten dem wegen der antisandinistischen Linie Entlassenen in die von ihm neu gegründete Zeitung El Nuevo Diario.

Seit der Gründung der Nationalen Stiftung für Demokratie (National Endowment for Democracy, NED) 1983 durch den US-Kongress erhielt La Prensa umfangreiche Subventionen auf diesem Weg. Die US-Finanzierungen von Medien in Nicaragua stiegen bis zu den Protesten von 2018 an. Die Regierung Nicaraguas und der FSLN nahe stehende Organisationen sprachen damals von einem Putschversuch, oppositionelle Kräfte und Medien von friedlichen Protesten und starker Repression. 

2021 finanzierte das Ned nicht nur die beiden großen zur Chamorro-Dynastie gehörenden Medien des Landes, La Prensa und Confidencial, sondern auch verschiedene TV- und Radiosender sowie Onlinemedien im Land (amerika21 berichtete) und sorgte so für eine Berichterstattung im Sinne der US-Regierung. Als Organisation für den Transfer der Gelder an verschiedene Medien in Nicaragua diente hauptsächlich die Chamorro-Stiftung der La Prensa-Besitzerfamilie (amerika21 berichtete).