Mexiko-Stadt. Organisationen der Zivilgesellschaft haben den Einsatz mehrerer Militäreinheiten während eines Konzerts des baskischen Protestsängers Fermín Muguruza verurteilt. Dieser fand am vergangenen Freitag im alternativen Foro Alicia in Mexiko-Stadt im zentralen Stadtteil Cuauhtémoc statt und musste daraufhin abgebrochen werden.
Die Punk-Legende Fermín Muguruza unterbrach um 20 Uhr das antifaschistische Konzert und teilte mit, man müsse den Auftritt wegen einer "polizeilichen Provokation" abbrechen. Er forderte die rund 400 anwesenden Konzertbesucher auf, den Saal möglichst ruhig zu verlassen. Ignacio Pineda, Gründer des seit 30 Jahren bestehenden Multiforo Alicia, sagte am Mikrofon, rund 200 schwer bewaffnete Sicherheitskräfte der Armee, der Nationalgarde und der Polizei stünden vor der Tür und drohten, den Veranstaltungsort gewaltsam zu stürmen. Die Gäste verließen daraufhin geordnet den Saal.
Nachdem politische Entscheidungsträger von Mexiko-Stadt von den Vorfällen erfuhren, zog das großangelegte Aufgebot der Sicherheitskräfte unverrichteter Dinge ab. Die Hauptstadt wird von der gemäßigt linken Morena-Partei regiert.
In einem auf den sozialen Medien geteilten Video informierte Pineda, er habe Stunden vor dem Konzert einen unangekündigten Besuch eines Beamten des von der rechten PAN-Partei regierten Stadtteils Cuauhtémoc erhalten. Dieser bemängelte angeblich fehlende Zivilschutzmaßnahmen, woraufhin Pineda mit ihm eine Sitzung für Dienstag vereinbarte. Kurz darauf fuhr der lokale Polizeikommandant vor und befragte den Vertreter des Multiforo Alicia "in einem aggressiven Tonfall" über die Art der Veranstaltungen.
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Der 63-jährige Fermín Muguruza, der Tage zuvor unbehelligt in Argentinien und Kolumbien auftrat, sagte im Nachgang zu den Ereignissen, er habe in seiner langen Karriere noch nie eine derart militärische Bedrohung seiner Arbeit erlebt. Der Gründer der legendären Punk-Bands Kortatu und Negu Gorriak richtete in seinen sozialen Netzwerken an die rechte Bürgermeisterin von Cuauhtémoc, Alessandra Rojo de la Vega, die Frage: "Wollten Sie ein Massaker?"
Zivilgesellschaftliche Organisationen betonten, der Einsatz im Multiforo Alicia sei ein Beispiel für die "schwerwiegenden Folgen der fortschreitenden Militarisierung" der öffentlichen Sicherheit sowie des Mangels an zivilen Kontrollen. "Die Statistiken zeigen, dass die Streitkräfte tödlicher sind als andere Sicherheitskräfte", mahnte die Organisation Data Cívica. Das Menschenrechtszentrum ProDH erklärte seinerseits, es sei besorgniserregend, dass sich "die Militarisierung auch auf die Arbeit des Zivilschutzes in symbolträchtigen Kulturräumen der Hauptstadt ausweitet". Die dem Verteidigungsministerium unterstellte Nationalgarde und Soldaten begleiten Polizeiaktionen in der Hauptstadt seit der Präsidentschaft von Andrés Manuel López Obrador (2018–2024).
Am Tag nach der Razzia distanzierten sich sowohl Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum als auch die Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt Clara Brugada und die Stadtteilbürgermeisterin Alessandra Rojo de la Vega vom Vorgehen der Sicherheitskräfte. Brugada kündigte eine Untersuchung an und gab bekannt, dass mehrere Kommandanten ihrer Verantwortung enthoben wurden. Am Samstag fand in Ciudad Nezahualcóyotl ein weiteres Konzert von Fermín Muguruza statt, diesmal ungestört. Anlässlich seines zweiten Auftritts in Mexiko forderte Muguruza eine "restlose Aufklärung" der Provokation am Vortag.