Havanna. Kubas Führung hat letzte Woche den Nationalen Verteidigungsrat einberufen. Die Regierung hat bislang wenig über den Inhalt der Sitzung erklärt, die von Raúl Castro geleitet wurde. Die jüngsten Ereignisse deuten jedoch darauf hin, dass es um die sich zuspitzende Situation um Venezuela geht.
Neben Castro nahmen Präsident Miguel Díaz-Canel, die Mitglieder des Verteidigungsrats sowie hochrangige Offiziere der Streitkräfte und des Innenministeriums teil. Über konkrete Beschlüsse oder Pläne wurde jedoch nichts mitgeteilt. Die knappe Mitteilung, wonach "Entscheidungen und Pläne der Arbeits- und Sicherungsorgane" gebilligt wurden, deutet auf Krisenmaßnahmen hin. Die Sitzung wurde, anders als von der Verfassung vorgesehen, vom 94-jährigen Castro als "Anführer an der Spitze der Revolution" und nicht vom Präsidenten als formellem Oberbefehlshaber geleitet.
Kuba unterhält mit Venezuela seit Jahren ein enges politisches, ökonomisches und militärisches Bündnis, das vom damaligen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez und Fidel Castro Anfang der 2000er Jahre initiiert wurde. Das Land gehört zu Kubas wichtigsten Handelspartnern, auch wenn die Erdöllieferungen in den letzten Jahren rückläufig waren. Im September hat Venezuela mit 52.000 Barrel pro Tag die Liefermenge jedoch wieder erhöht.
Havanna warnt bereits seit mehreren Wochen vor einer bevorstehenden US-Militäraktion gegen Venezuela. Das kubanische Außenministerium erklärte am 9. Oktober, die "Gefahren für Frieden, Sicherheit und Stabilität" Lateinamerikas seien "real und unmittelbar". Hintergrund sind die jüngsten Berichte über die Genehmigung von CIA-Operationen gegen Venezuela und Trumps Drohungen mit Landangriffen.
US-Präsident Donald Trump bestätigte am Mittwoch, dass er der CIA verdeckte Operationen in Venezuela genehmigt hat (amerika21 berichtete). "Wir schauen uns jetzt sicherlich das Festland an, weil wir das Meer sehr gut unter Kontrolle haben", sagte Trump vor Reportern.
Die Äußerungen bestätigten Berichte der New York Times über eine geheime präsidiale Anweisung für CIA-Operationen in der Karibik. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro reagierte und sprach von "CIA-Staatsstreichen". Er ordnete Militärübungen in den größten Armenvierteln des Landes an und mobilisierte Militär, Polizei sowie eine Bürgermiliz.
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Bereits seit mehreren Wochen kreuzen US-Kriegsschiffe, darunter ein Flugzeugträger, ein Atom-U-Boot und mehrere Landungsschiffe vor der Küste des Landes. Offiziell geht es um den Kampf gegen Drogenkartelle. Mehrere angebliche Schmugglerboote sind in den letzten Wochen zerstört worden.
Das kubanische Außenministerium bezeichnete die US-Aktionen als "illegal" und warnte, dass "nach der Zerstörung dieser Boote die Bedrohung durch Gewaltanwendung gegen Venezuela mit der Ankündigung einer neuen Eskalationsphase zunimmt, die Militäraktionen gegen Landziele einschließen würde".
Kuba beschuldigt US-Außenminister Marco Rubio und "anti-kubanische Kongressabgeordnete aus Florida", einen Krieg in der Region zu fördern. Diese Politiker würden "verantwortungslos damit drohen, die amerikanische Militärmacht gegen eine souveräne Nation zu entfesseln, als wäre es eine Polizeirazzia in einem Stadtviertel".
Havanna sieht hinter den US-Manövern das Interesse, "sich des Erdöls und der natürlichen Ressourcen des südamerikanischen Landes zu bemächtigen". Venezuela verfügt mit schätzungsweise 47 Milliarden Tonnen über die weltweit größten Erdölreserven, noch vor Saudi-Arabien.
Laut der New York Times hatte Venezuelas linksgerichteter Präsident Maduro Anfang des Jahres den USA im Gegenzug für Frieden Zugriff auf einen erheblichen Teil der venezolanischen Erdölreichtümer angeboten. Das Angebot wurde von Washington offenbar abgelehnt (amerika21 berichtete).
Venezuelas Außenminister Yván Gil dankte Kuba für den Aufruf und warnte, die Bewegung US-amerikanischer Streitkräfte "intensiviere sich weiter und stelle ein schwerwiegendes Risiko für die gesamte Region dar". Die internationale Gemeinschaft müsse sich "mobilisieren, um eine Kriegshandlung gegen Venezuela zu stoppen", forderte das kubanische Außenministerium.

