Mexiko-Stadt/Belém. Soziale Organisationen, Autoritäten indigener Völker und Bauernbewegungen haben sich der Mesoamerikanischen Karawane für Klima und Leben angeschlossen. Sie ist am 4. Oktober in Mexiko gestartet und führt über Guatemala, El Salvador, Honduras, Costa Rica, Panama und Kolumbien. Ihr Ziel ist Belém do Pará in Brasilien, wo vom 10. bis 21. November die 30. UN-Klimakonferenz (COP30) stattfindet. Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Unternehmen verhandeln dort über dringende Maßnahmen gegen die fortschreitende globale Erderwärmung.
Die Karawane wurde vor einem Jahr beim Globalen Treffen für Klima und Leben in Oaxaca in Mexiko ins Leben gerufen und nennt sich auch Anti-COP (amerika21 berichtete). Sie wird beim UN-Klimagipfel erneut gegen die Dominanz der Konzerne protestieren, die ihrer Auffassung nach echte Klimaschutzlösungen verdrängen.
Die Umweltkrise sei Ausdruck der Krise des kapitalistischen Systems, das die Natur zur Ware und das Leben zum Profit mache. Die Karawane kritisiert, dass bei der COP Unternehmen Regierungen kooptierten, die kein wirkliches Interesse daran hätten, das Leben zu verteidigen, sondern nur auf Gewinne bedacht seien. Klimagerechtigkeit käme weder von Finanzeliten noch von Regierungen, die mit der Natur wie mit einer Ware handelten. Die Proteste klären über Greenwashing und die schweren Schäden an den natürlichen Ressourcen auf.
Laut Diana Saldaña, Koordinatorin des globalen Graswurzel-Netzwerks Klimaschulden (Debt for Climate), sei die Klimakrise kein natürliches Phänomen, sondern eine Folge des kapitalistischen, extraktivistischen Modells, das Großmächte und Konzerne durch maßlose Anhäufung von Macht und Kapital der Welt aufzwängen. Die sogenannte "Energiewende" vertiefe die Ungleichheit, indem sie unter einem grünen Diskurs dasselbe Modell der Ausbeutung reproduziere. Die Industrieländer seien die wahren Klimaschuldner und könnten den Völkern des Südens nicht weiterhin Schulden aufbürden, da sie historisch für den Klimakollaps verantwortlich seien.
Die Bewegung fordert die Annullierung "illegitimer - finanzieller wie ökologischer - Schulden", den Stopp von Rohstoffausbeutung sowie eine dekoloniale Klimagerechtigkeit. Die Hüter:innen von Wasser, Wäldern und Artenvielfalt müssten anerkannt werden, um einen gerechten, selbstbestimmten Wandel zu ermöglichen.
Die Karawane thematisiert folgende Schwerpunkte:
- die Ausweitung industrieller Megaprojekte für Bergbau, Wasserkraft, Windkraft und Gas, die Flüsse, Böden und lebenswichtige Ökosysteme schädigen
- die Kommerzialisierung der Lebensgrundlagen Wasser und Land, gefördert durch sogenannte "Schuldenumwandlungen" oder "Kohlenstoffzertifikate"
- die Nichtbeachtung der vorherigen, freien und informierten Konsultation und Zustimmung (FPIC) lokaler Gemeinden bei Landenteignungen für Großprojekte
- Zwangsvertreibung und Migration
- sowie die Militarisierung und die Kriminalisierung von Menschen und Organisationen, die sich für den Schutz des Lebens einsetzen
An jedem Halt finden Diskussionsrunden und Mahnwachen statt, um die lokalen Probleme zu erörtern und Vorschläge zu erarbeiten. Die systematisierten Informationen über die verschiedenen Konflikte und Formen des Widerstands wurden der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) in Costa Rica übergeben.
In Mexiko-Stadt legten Mitglieder von sechs indigenen Völkern dem neuen Präsidenten des Obersten Gerichtshofs (CSJN), Hugo Aguilar, ihre Beschwerden über Landrechtskonflikte vor.
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In Guatemala integrierten sich das Comité de Unidad Campesina (CUC) und diverse indigene Vertreter:innen in die Karawane. Sie prangerten die Expansion agroindustriellen Ölpalmenanbaus und Wasserraub an. Das Einzugsgebiet des Motagua-Flusses, der durch 13 Departamentos fließt, ist von 147 Bergbaulizenzen für Nickel, Silber, Gold und Eisen betroffen, die unreguliert Millionen Liter Wasser nutzen und verschmutzen.
Hingegen habe die Zivilgesellschaft große Probleme beim Zugang zu ausreichendem, sauberem Wasser. Die Privatisierung der natürlichen Ressourcen zwinge Tausende armer Guatemaltek:innen dazu, auszuwandern. Viele seien gezwungen, ihr Land zu verlassen, weil ihre Familienmitglieder kriminalisiert und strafrechtlich verfolgt würden, ihnen ihr Land weggenommen werde, sie zwangsweise vertrieben würden, es keine Arbeit gebe und der Klimawandel ihre Ökonomien weiter schwäche. Ihre nationalen Instanzen würden von Unternehmen und korrupten Eliten dominiert, die Umwelt und Demokratie schädigten.
Nach Angaben von Esperanza Tubac, Anführerin der Maya Kaqchikel, kämpfen sie als Frauen und erheben ihre Stimme, weil sie in Staaten lebten, die rassistisch, patriarchalisch und faschistisch seien und ihre historischen Kämpfe als indigene Frauen und Männer immer kriminalisiert hätten.
Am 24. Oktober trugen die Gemeinden ihre Beschwerden dem Umweltministerium in Kolumbien vor. Sie verteidigten ihre Territorien, Gewässer und Leben gegen den Vormarsch von Megaprojekten in indigenen, bäuerlichen und afro-stämmigen Gebieten. Zu den Problemen zählten Enteignung, Umweltverschmutzung, Kriminalisierung und falsche Klimalösungen. Sie bekräftigten zudem ihre eigenen Vorschläge für eine gerechte Transformation der Wirtschaft.
Auf ihrem Weg waren die Delegationen mit Repressionen und Blockaden konfrontiert. Die honduranische Regierung verweigerte ihnen zunächst trotz Visa die Passage nach Costa Rica. Nicaraguas Regime verweigerte ohne Begründung die Durchreise, so dass die Karawane Ad-hoc Kosten für unvorhergesehene Flüge stemmen musste. Schließlich konnte die Karawane ihren Weg fortsetzen und machte die Widrigkeiten zu einem Symbol für kollektiven Widerstand und Solidarität, auch gegen das Regime und Menschenrechtsverletzungen in Nicaragua.
Die Karawane ist ein Ort der Begegnung, des Lernens und der Vernetzung zwischen indigenen Völkern, Afro-Nachfahren, Bäuer:innen, Migrant:innen, Frauen und Jugendlichen aus Mesoamerika, die sich für den Schutz des Lebens einsetzen und dem grünen Kapitalismus Widerstand leisten. Während ihrer Reise organisieren sie Versammlungen, Zeremonien, kulturelle Veranstaltungen und Foren, um die Basisbewegungen zu stärken, damit ihre Kämpfe nicht isoliert bleiben.
Die Reise endet am 10. November in Belém.

