Kleine internationale Presseschau zu Fidel Castro und Kuba

Wie in den USA, Großbritannien, Österreich und der Schweiz berichtet wird

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Fidel Castro während des Guerillakampfes
Fidel Castro während des Guerillakampfes

USA

Die "New York Times" kommt in ihrem Nachruf zu dem Schluss, "His legacy in Cuba and elsewhere has been a mixed record of social progress and abject poverty, of racial equality and political persecution, of medical advances and a degree of misery comparable to the conditions that existed in Cuba when he entered Havana as a victorious guerrilla commander in 1959". Die NYT stellt fest, seine Regierungszeit sei geprägt worden durch "Castro’s obsession with the United States, and America’s obsession with him" – und man zitiert sein Playboy-Interview von 1985.

Der Nachruf wird durch etliche Beiträge ergänzt, zur Frage der Stimmung der Exilkubaner – "To me that meant returning to the island that was supposed to be home, but that I barely remembered" – und deren durchaus nicht so eindeutigem Verhältnis zu Fidel und Kuba: "Fidel embodied the best and worst of us. We loved his smarts. And his defiance. And when he imagined our tiny little island as a continent, we shared his delusion. We hated his ambitions and loved that he had them."

In der "Washington Post" hofft Anne Applebaum, dass Castros Tod nun wie in den (bislang eher im Fokus ihrer Arbeit liegenden) ehemaligen kommunistischen Ländern Osteuropas dazu führen werden, dass das kubanische Volk sich seiner Opfer erinnern könne. Demgegenüber steht ein Artikel über eine der Ikonen der kubanischen Exilgemeinde der 1990er Jahre, Elian Gonzalez, in dem er über sein – positives – Verhältnis zu und Verständnis von Fidel Castro spricht. Sorgen macht man sich in der "Post" allerdings über die Beziehungen zu Kuba unter einer Regierung unter Präsident Trump – dies könne angesichts der zu erwartenden Drohungen Trumps zu einer Beendigung der Liberalisierung in Kuba und einer Rückkehr zu "autoritärer politischer Kontrolle" führen.

Und was sagt das Portal der Trump’schen Öffentlichkeit? Man kündigt eine Diskussion zu Castro auf "SiriusXM Patriot Channel 125" mit einschlägigen Breitbart-Redakteuren an, liefert einen Beitrag mit der Eröffnungszeile "It is never a sad Day when a monster dies" und kritisiert Papst Franziskus für sein Kondolenztelegramm an die kubanische Regierung – also das, was man von den breiten Bärten erwartet, inklusive dem Schaum vorm Mund.

Großbritannien

Der Nachruf des Londoner "Guardian" nennt Fidel "eine der außergewöhnlichen politischen Personen des 20. Jahrhunderts", der es geschafft habe, unterschiedlichste Leute für sich einzunehmen – "Only the US itself, which viewed Castro as public enemy No 1 (until they found an "axis of evil" further afield), and the Chinese in the Mao era, who found his political behaviour essentially irresponsible, refused to fall for his charm."

Insgesamt liefert der Autor, Richard Gott, einen zwar kritischen, aber doch (im Vergleich zu manchen anderen) freundlicheren Beitrag zur Beschreibung und Bewertung von Fidel Castros Leben. Jeremy Corbyn nennt ihn auch "bei allen seinen Fehlern" einen "Internationalisten und Vorkämpfer der sozialen Gerechtigkeit". Die "Stimmen aus Kuba" sind nicht unbedingt die, die es auch in die "Presse" geschafft hätten: "We Cubans are Fidelista even if we are not communist"

Mit "Close but no Cigar" gibt’s auch einen Überblick über die Mordversuche der CIA. 

Der "Daily Telegraph" hingegen ist eindeutig: "Western leaders' cowardly refusal to condemn Fidel Castro brings shame upon our democracies": "It is an unmistakeable sign of decadent, disastrous cultural self-hatred when prominent leaders of democratic countries cannot state openly that evil dictators such as the late President Fidel Castro of Cuba were what they undoubtedly were: serial human rights abusers, torturers and tyrants." Das klingt bei aller Demokratiebeschwörung doch mehr nach einer Kanzelpredigt von UKIP und "Little England". Oder nach einem Trumpschen Gewitter.

Der "Independent" stellte zum einen fest, "The era of the socialist experiment is over – but the nostalgia around it is growing". Also ein (allerdings differenzierteres) Aufatmen wie in der "Berliner Zeitung". Zum anderen erklärt ein anderer Kommentar, "the people may be poor, but Fidel Castro’s legacy will live on" – wo sonst könnten Bauernkinder Ärzte und Piloten werden? 

Schweiz

Die Neue Zürcher Zeitung brachte ihren Nachruf  bereits am 26.11.: "Die Geschichte wird mich freisprechen" mit dem Fazit: "Er hat sein Leben lang gekämpft und wollte eine gerechtere Gesellschaft und bessere Menschen. Als Lebenswerk hinterlässt er ein verarmtes Land und eine gespaltene Nation". Flankiert wurde dieser Nachruf von zwei kritischeren Beiträgen von Amir Valle und  Gerd Koenen – aber nur für Abonnenten. Später berichtete das konservative Blatt von "Staatstrauer auf Kuba – Freudenfeiern in Miami" und sieht "die Stabilität des Regimes" als derzeit nicht gefährdet.

Die "Baseler Zeitung" bringt eine Artikelsammlung zu Castros Tod, in der mit Jean Ziegler auch ein Linker zu Wort kommt. Sie berichtet von den Freudenfeiern in Miami, stellt aber in einem Beitrag "Warum starb Fidel Castro im Bett" (will wohl heißen: Warum wurde er nicht gestürzt wie ein ordentlicher Diktator?) bei aller scharfer Kritik an dessen "Ego" und "Machttrieb", der zur Errichtung einer  "Diktatur" geführt habe, fest: "Bestialische Quälereien von angeblich Subversiven und deren Angehörigen, wie sie etwa während der Militärdiktaturen in Argentinien oder Chile an der Tagesordnung waren, gab es unter Castro nicht … Fidel Castro war kein Pinochet". 

Österreich

Der Wiener "Standard" kommentiert das auch nicht so viel anders, hier wird auch noch ein bisserl "persönliche Bereicherung" des "altersstarrsinnigem Greis(es) in bizarren Trainingsanzügen" ins erleichterte Aufatmen des Kommentators gemischt. Dem gegenüber klingt der Kommentar ihres Washington-Korrespondenten eher besorgt: "Hauch des Kalten Krieges holt Kuba ein". Er ist nicht sicher, was Trump, der in seinem Wahlkampf die Exilkubaner als Unterstützer umworben hatte, in Bezug auf Kuba tun werde: "Vor ein paar Tagen holte er den Rechtsanwalt Mauricio Claver-Carone in sein Übergangsteam, den Chef einer Lobbygruppe, die es strikt ablehnt, das Handelsembargo aufzuheben, solange sich die politischen Verhältnisse nicht ändern". Und die Russen? Die versuchen, ihre Kondolenzbotschaften auszunutzen, um "ein Abdriften des einstigen Partners in Richtung USA zu verhindern" und um Sanktionen als nutzlos zu erklären.

Die "Presse" bringt unter dem Titel "Ewiger Revolutionär, ewiger Feind" den Kommentar, wie er von der führenden österreichischen konservativen Zeitung zu erwarten war. Auch, dass sie einiges mehr von dem Hintergrund erwähnt, auf den sonst "liberale" Kommentatoren verzichteten: "Die Revolution war ein nationales Projekt, unterstützt von breiten Teilen der Bevölkerung, sogar von einigen Wohlhabenden, die es leid waren, das Bordell der USA zu bewohnen". Und "dass Kubas Revolution zumindest einen Teil ihrer Ziele wirklich umgesetzt hat". Flankiert wird der Beitrag mit einer Bildstrecke mit feiernden Exilkubanern.

Die "Kronenzeitung" teilt sich eine Artikel mit der "Presse" und hat die Fete der Miami-Kubaner als Video. Ansonsten wird das für die "Krone"-Leserschaft vermeintlich Wichtige wiedergegeben: "Der Maximo Lider, der als Frauenheld galt und mindestens sieben Kinder hinterlässt". Darüber lässt sich manch anderes vernachlässigen.

Die Oberösterreichischen Nachrichten bringen einen Überblick über internationale Pressekommentare von der "Times" bis "Komsomolskaia Prawda" "Nepszava" und "Lidovy Noviony" und damit ein differenzierteres Bild als die Hauptstadtpresse. Sie beschreiben Kuba 2016  als die "Insel der Ambivalenzen" – immerhin: "Geheimnisumwittertes Familienleben" bedient auch die Klatsch-und-Tratsch-Partie.