Havanna. Seit ihrer ersten Ausgabe im Jahr 1982 hat sich die Internationale Buchmesse von Havanna zu einer der wichtigsten Kulturveranstaltungen in Kuba entwickelt. Seit mehr als vier Jahrzehnten ist die Veranstaltung ein Ort, an dem Literatur, Kultur, Politik und Geschichte miteinander verknüpft werden und die ein einzigartiges Umfeld für Dialog und Reflexion schafft.
Die Hauptaktivitäten finden in der symbolträchtigen Festung San Carlos de La Cabaña statt, die als Unesco-Weltkulturerbe gilt. La Cabaña wurde im 18. Jahrhundert vom Königreich Spanien erbaut und war zu dieser Zeit das größte Militärgebäude in Lateinamerika und der Karibik.
Die Wahl von La Cabaña als Hauptveranstaltungsort der Messe ist kein Zufall. Inspiriert vom Motto des kubanischen Nationalhelden José Martí "Barrikaden aus Ideen sind mehr wert als Barrikaden aus Steinen" schützt der Ort, der einst zur Verteidigung der Insel vor Invasionen diente, heute die Ideen und die kulturelle Identität Kubas. Die Buchmesse ist einer der Schwerpunkte der "Schlacht der Ideen", einer Initiative, die das Engagement des Landes für Bildung, Kultur und internationale Solidarität widerspiegelt.
In diesem Jahr war die Messe eine Hommage an Südafrika, ein Land, mit dem Kuba eine lange Geschichte der Solidarität im Kampf gegen Rassismus und Unterdrückung verbindet. Im Rahmen der Messe sprach Brasil de fato mit dem afro-britischen Historiker Hakim Adi, Autor des Standardwerks Pan-Africanism: A History, das kürzlich vom renommierten Verlag Casa de las Américas in Kuba übersetzt und veröffentlicht wurde.
Hakim erläutert, dass der Panafrikanismus "sowohl eine Idee als auch eine Bewegung" ist, die "hauptsächlich unter Afrikanern und Menschen afrikanischer Herkunft in der Diaspora" entstanden ist. Er erkennt die gemeinsamen Probleme an, mit denen diese Gruppen konfrontiert sind, wie Rassismus, Kolonialismus und andere Formen der Unterdrückung.
"Der Panafrikanismus erkennt an, dass die Interessen von Afrikanern und Menschen afrikanischer Herkunft miteinander verbunden sind. Fortschritt in einem Sektor bedeutet Fortschritt in allen Sektoren. Dies sind die zentralen Ideen der Bewegung. Im Laufe der Geschichte haben sie je nach den Herausforderungen jeder Epoche unterschiedliche Formen angenommen", sagt er.
Obwohl die offizielle Geschichtsschreibung soziale Kämpfe in Lateinamerika, insbesondere in der Karibik, häufig ignoriert, sind sie enger mit dem Panafrikanismus verbunden, als allgemein angenommen wird. "Viele Menschen afrikanischer Herkunft auf dem [amerikanischen] Kontinent waren wichtige Namen im Panafrikanismus, und verschiedene soziale Kämpfe hier dienten der Bewegung als Bezugspunkt", betont Hakim.
"Einer der emblematischsten Fälle ist Haiti, wo eine fundamentale Revolution zum Symbol des Panafrikanismus und der Befreiung nicht nur Afrikas, sondern aller Völker afrikanischer Herkunft wurde", fügt er hinzu.
Die Veröffentlichung von Hakims Buch in Kuba hat eine besondere Bedeutung, da die Geschichte der kubanischen Revolution eng mit der des Panafrikanismus verflochten ist.
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"Kuba hatte einen zentralen Platz in der Geschichte des Panafrikanismus, insbesondere im Kampf für die Befreiung und Einheit Afrikas. Das revolutionäre Kuba spielte eine entscheidende Rolle bei der Unabhängigkeit von Ländern wie Südafrika, Namibia und Angola. Es gibt auch weniger bekannte Verbindungen, wie die panafrikanistischen Aktivitäten der Kommunistischen Internationale, bei denen Kuba ebenfalls eine bedeutende Rolle spielte", erklärt er.
Diese Initiativen stärkten nicht nur den Panafrikanismus, sondern bereicherten auch den kubanischen Revolutionsprozess. Nach der Revolution von 1959 wurde Kuba zu einem der wenigen Länder, die aktiv nationale Befreiungskämpfe und Entkolonialisierungsprozesse auf dem afrikanischen Kontinent unterstützten und sich dem europäischen Imperialismus entgegenstellten.
"Kubas Beitrag für Südafrika war entscheidend. Die berühmte Schlacht von Cuito Cuanavale ist ein Beispiel dafür. Viele Kubaner haben ihr Leben für die Befreiung des Landes gegeben", betont er.
Die Schlacht von Cuito Cuanavale (1987–1988) in Angola war einer der wichtigsten Momente in den Befreiungskämpfen Afrikas. Sie gilt als eine der größten Schlachten auf afrikanischem Boden seit dem Zweiten Weltkrieg, sie fand im Kontext des Bürgerkriegs in Angola nach der Unabhängigkeit statt.
Während der Schlacht spielten kubanische Truppen eine Schlüsselrolle dabei, die südafrikanischen Streitkräfte zu besiegen, die unter dem Apartheidregime konterrevolutionäre Gruppen unterstützten. Diese Gruppen wiederum erhielten indirekte Unterstützung von den USA, Großbritannien und Israel. Der Sieg der Revolutionäre sicherte nicht nur die Unabhängigkeit Angolas, sondern beschleunigte auch das Ende der Apartheid in Südafrika.
In den 1970er und 1980er Jahren entsandte Kuba mehr als 450.000 seiner Bürger, darunter Soldaten, Ärzte und Lehrer, um die Befreiungs- und Entkolonialisierungsbewegungen in Afrika zu unterstützen. Diese Erfahrung des Internationalismus ermöglichte es tausenden kubanischer Familien, die Kämpfe gegen den Kolonialismus mitzuerleben und an den Bürgerkriegen gegen die Apartheid in Südafrika und Namibia teilzunehmen.
Hakim Adi betont, dass Kubas Rolle in den afrikanischen Befreiungskämpfen nicht nur die Beziehungen zwischen der Karibikinsel und dem Kontinent stärkte, sondern auch ein einzigartiges Vermächtnis der Solidarität und Zusammenarbeit hinterließ.
Kubas Beitrag war so entscheidend, dass einer der ersten Orte, die Nelson Mandela nach 27 Jahren im Gefängnis besuchte, die Insel war. Dort wurde er mit den Ehren eines Staatsoberhauptes empfangen. Sein Besuch fiel mit dem Gedenken an den 26. Juli zusammen, dem Tag, an dem Kuba den Nationalen Tag des Aufstands feiert, in Erinnerung an den Angriff auf die Moncada-Kaserne im Jahr 1953, dem Ausgangspunkt der kubanischen Revolution.
In seiner emotionalen und denkwürdigen Rede sagte Mandela, dass "das kubanische Volk einen besonderen Platz in den Herzen der Völker Afrikas hat" und betonte, dass "kubanische Internationalisten einen Beitrag zur Unabhängigkeit, Freiheit und Gerechtigkeit in Afrika geleistet haben, der aufgrund der Prinzipien und des Altruismus, die ihn charakterisieren, beispiellos ist".