Venezuela

"Hier ist eine solide revolutionäre Studentenbewegung"

Chávez bei Großdemonstration von Studenten für Verfassungsreform. Zehntausende für ein "Ja" bei der Abstimmung am 2. Dezember. Auch Gegner weiter auf der Straße

Caracas. Eine gewaltige Großdemonstration der bolivarianischen Studenten ist am Mittwoch (Ortszeit) friedlich durch die Straßen von Venezuelas Hauptstadt gezogen und stellte damit die teils gewaltsamen Proteste von Oppositionsstudenten der letzten Wochen in den Schatten. Mehr als 50.000 Studierende von verschiedenen Universitäten des Landes demonstrierten für die Reform der Verfassung. Die Veranstaltung am "Tag der Studenten" gedachte auch dem Studentenaufstand gegen die Diktatur von Marcos Pérez Jiménez im Jahr 1957. Auf den Tag genau vor 50 Jahren hatten Schüler und Studenten mit ihrem Engagement die Wende hin zum Sturz des Diktators am 23. Januar 1958 mit eingeleitet.

Bereits am Mittwoch Morgen (Ortszeit) versammelten sich Studenten auf dem zentralen Plaza Venezuela. Cesar Trompiz, Studentenvertreter der Bolivarischen Universität (UBV) betonte zum Auftakt die Absicht der Manifestation: "Ja zu den Reformen, Ja zur Revolution und Ja zu Präsident Chávez!" Fröhlich, gesellig und friedlich floss der Strom der Massen durch die Straßen von Caracas Richtung Präsidentenpalast Miraflores. Aus hohen Apartment-Häusern an der Strecke zeigten Anwohner Fahnen und Plakate zur Unterstützung der Teilnehmer und ihres Anliegens. Ein "No"-Plakat gegen die Reform an einem Fenster eines Bürohauses wurde mit Gelächter und Sprechkören aufgenommen. "No volverán!", Sie werden nicht zurückkehren, hallte es durch die Straßen, mit Bezug auf die alten politischen Parteien, die Venezuela vor Hugo Chávez regiert hatten.

Auch tausende Schüler nahmen an der Demonstration teil. Durch die beabsichtigte Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre sollen Sie zukünftig früher an die Urnen gehen können. Studentenvertreter Trompiz erklärte, dass der Vorschlag für diese Änderung aus der Studentenbewegung gekommen sei und "ein weiterer Grund zum Feiern ist". Die beabsichtigte Einführung der paritätischen Vertretung aller Gruppen an den Universitäten ist für die Studenten eine weitere wichtige Änderung der beabsichtigten Reform. Hector Sosa, Student an der UBV, sagte gegenüber Venezuelanalysis.com, dies sei "der Traum von venezolanischen Studenten seid Generationen".

Am späten Nachmittag (Ortszeit) erreichte der Zug den Präsidentenpalast, wo die Teilnehmer den Auftritt von Präsident Hugo Chávez erwarteten, der gerade von einer Reise durch Nahost und Europa mit Zwischenstopp auf Kuba zurückkehrte. Als er dann am Abend endlich die Bühne betrat, sagte Chávez mit Bezug auf den Studentenaufstand von 1957: "In den Fünfzigern sind die Studenten gegen den Staatschef aufgestanden, aber heute sind sie hier mit dem Präsidenten da diese Regierung zu Euch allen gehört. Diese Macht gehört nicht Chávez, sie gehört den Menschen, den Studenten (...)".

"Hier ist der Beweis, dass die Venezolanischen Studenten für die Revolution sind. Hier ist eine solide revolutionäre Studentenbewegung geboren worden. Das ist unverzichtbar, denn ihr Studenten seid der Treibstoff der Revolution", fügte Chávez hinzu. Die Reformen seien notwendig zur Vertiefung des Überganges zum Sozialismus, erklärte Chávez. "Eines Tages werde ich den Präsidentenpalast verlassen müssen", sagte er und rief damit entschiedenen Protest aus der Menge hervor. Jedoch gab er sich zuversichtlich, dass es fähige Personen geben würde, die seine Nachfolge antreten könnten.

Auch Gegner weiter auf der Straße

Eine wesentlich kleinere Kundgebung von Studenten für ein "Nein" bei der anstehenden Abstimmung über die Verfassungsreform fand zur gleichen Zeit auf dem Plaza Brión statt, gelegen im Mittelstandsviertel Chacao. Dort sagte der neu gewählte Präsident der Studentenvertretung der elitär geprägten Universidad Central (UCV), Ricardo Sánchez, dass die Reform, die Chávez eine weitere Kandidatur für die Präsidentschaft ermöglichen soll, zu einer "Diktatur nach kubanischem Vorbild" führe. Er rief die oppositionellen Studenten zu einer Demonstration zum Präsidentenpalast für den nächsten Montag auf. Nach aus Regierungskreisen geäußerten Sicherheitsbedenken zogen die Reformgegner ihre Absicht mittlerweile aber wieder zurück. Sie wollen nun am nächsten Donnerstag noch einmal marschieren. Für den Montag hat unterdessen die radikale Opposition zu einem "Marsch ohne Wiederkehr" aufgerufen. Damit wollen sie das Referendum noch verhindern.


Der Originaltext von Venezuelanalysis.com findet sich hier.