Kolumbien: Große Beteiligung am Agrar-Streik

Straßenblockaden im ganzen Land, Zusammenstöße zwischen Polizei und Studenten in Bogotá

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Demonstration von Bauernfamilien
Demonstration von Bauernfamilien

Bogotá. Während die Spannungen durch die Angriffe der Polizei, die Verhaftungen und die Blockaden auf 33 Straßen in verschiedenen Provinzen des Landes zunehmen, beteiligen sich immer mehr gesellschaftliche Sektoren am landesweiten Streik in Kolumbien.

Eine weitere Arbeitergewerkschaft sowie Lehrer und Studenten haben sich ebenfalls dem Streik angeschlossen. An der Zentraluniversität in Bogotá kommt es bereits seit vergangenem Mittwoch täglich zu schweren Zusammenstößen zwischen Aufstandsbekämpfungseinheiten der Polizei (ESMAD) und Studenten. Am Freitag demonstrieren mehr als tausend gewerkschaftlich organisierte Händler in Bogotá ihre Unterstützung der Proteste.

Landwirtschaftsminister Francisco Estupiñán hat bekräftigt, die Regierung sei bereit zum Dialog, aber nur unter der Bedingung, dass der Streik und die Straßenblockaden beendet werden. Präsident Santos sagte am vergangenen Freitagabend, dass bisher 30 Protestierende bei Straßenblockaden verhaftet wurden. "Einige von ihnen werden formell wegen Verbrechen, einschließlich Terrorismus beschuldigt, was mit mehr als 20 Jahren Gefängnis bestraft wird", fügte er an. Einen Tag vor Beginn der Proteste hatte der Präsident die Sicherheitskräfte angewiesen, hart gegen diejenigen durchzugreifen, die Straßen blockieren.

Die Sprecher der am Streik beteiligten Organisationen haben indes die Polizei aufgefordert, die "exzessive Anwendung von Gewalt und den Missbrauch von Macht zu beenden". Auf mehreren Videos, die über den lateinamerikanischen Fernsehsender Telesur und das Internet verbreitet wurden, ist das gewaltsame Vorgehen gegen die Demonstranten zu sehen.

In den ersten fünf Tagen des Streiks wurden mehr als 175 Menschen festgenommen und Dutzende verletzt. Die wirtschaftlichen Verluste werden auf rund 25 Millionen US-Dollar geschätzt. Aber die Demonstranten zeigen sich entschlossen, auf den Straßen zu bleiben, bis sie von der Regierung gehört werden. César Pachón, Sprecher einer Bauerngewerkschaft, sagte zur Begründung: "Wir haben der Regierung zweimal geglaubt, beim ersten Streik am 16. November 2011 und beim zweiten am 7. und 8 Mai dieses Jahres, als sie uns sagten: Hebt die Blockaden auf und wir verhandeln. Wir taten das – und was haben sie gemacht? Einige öffentliche Akte und Debatten. Es können Jahre vergehen und es wird keine Resultate geben."

Die Provinz Boyacá im Nordosten ist nach Angaben der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina am stärksten betroffen, dort seien mehr als 16 Straßen vollständig blockiert. "Das Tränengas, die Blendgranaten und die Schäden an Häusern und kommerziellen Einrichtungen durch Polizei und Militär bringen die Bewohner der Gegend auf, sie rennen hinter den Einsatzkräften her, damit sie die Gegend verlassen, das geht soweit, dass diese sich in Sicherheit bringen müssen", berichtete die Tageszeitung El Tiempo. In der Nacht zum Samstag wurden zusätzlich 1.000 Polizisten der ESMAD in die Region verlegt.

"Schluss mit den Freihandelsabkommen, Schluss mit der ESMAD, Schluss mit privatisiertem Saatgut, Mega-Bergbau und Korruption", schrieb die Menschenrechtsaktivistin und ehemalige Senatorin Piedad Cordoba in einer Nachricht auf Twitter, wo Kolumbianer sich massiv zugunsten dieses Streiks äußern.