Haftbefehle gegen Angehörige der Bürgerwehr in Mexiko

Nach Schießerei mit elf Toten bleiben Fuerza Rural-Mitglieder im Bundesstaat Michoacán im Gefängnis. Zweifel an Unabhängigkeit der Justiz

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Der Kommandant der Fuerza Rural von La Ruana, Hipólito Mora, (vorn sitzend) und einige seiner Mitstreiter
Der Kommandant der Fuerza Rural von La Ruana, Hipólito Mora, (vorn sitzend) und einige seiner Mitstreiter

Mexiko-Stadt. Nach den Auseinandersetzungen im mexikanischen Bundesstaat Michoacán am 16. Dezember hat die zuständige Richterin, María Consuelo López Ramírez, die Haftbefehle gegen eine Reihe der Beteiligten nun offiziell bestätigt.

Demnach müssen sich der Kommandant der Fuerza Rural von La Ruana, Hipólito Mora und 26 seiner Mitstreiter wegen zehnfachen Mordes vor Gericht verantworten. Luis Antonio Torres, alias El Americano sowie neun seiner Männer hingegen wird nach der Schießerei mit elf Gefallenen lediglich der Tod von Manuel Mora, dem Sohn von Hipólito Mora, zur Last gelegt.

Mora selbst ist einer der Mitbegründer der Selbstverteidigungsgruppen von Michoacán. Die sogenannten Autodefensas entstanden im Februar 2013 als eine Art Bürgerwehr um den Bundesstaat von der organisierten Kriminalität zu befreien. Später wurde auch Torres Teil der Bewegung. Im Mai 2014 integrierte der vom mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto eingesetzte Sicherheitsbeauftragte Alfredo Castillo Teile der Autodefensas in die neu ins Leben gerufene Polizeieinheit, die sogenannte Fuerza Rural. Mora und Torres wurden als Kommandanten in benachbarten Gemeinden eingesetzt. Allerdings werden Torres und weiten Teilen der Fuerza Rural zahlreiche Verbrechen sowie enge Kontakte zur organisierten Kriminalität nachgesagt. Mora hingegen gilt als einer der wenigen integren Kommandanten.

Jorge Vázquez, Sprecher der "Legitimen Autodefensas", wirft dem Sicherheitsbeauftragen Castillo vor, Torres und das organisierte Verbrechen zu unterstützen. In dem Angriff auf den Kommandanten von La Ruana sieht er den Versuch, eine unbequeme Persönlichkeit aus dem Weg zu räumen.

Mora hatte sich am 27. Dezember widerstandslos festnehmen lassen. Da er und seine Männer lediglich versucht hätten, die Aggressionen abzuwehren, sah er den juristischen Untersuchungen gelassen entgegen. So sei das Feuer derart massiv und unkontrolliert gewesen, dass die Angreifer zahlreiche ihrer eigenen Männer "aus Versehen" getötet hätten. Darüber hinaus habe er als Kommandant der Fuerza Rural das Recht, Waffen zu tragen und diese im Notfall auch einzusetzen. Torres und seine Leute hingegen seien zum Zeitpunkt der Ereignisse nicht mehr Teil der offiziellen Sicherheitskräfte gewesen.

Die zuständige Richterin behauptet, den Fall weder unter Beeinflussung des Sicherheitsbeauftragten Castillo noch ihrer Vorgesetzten zu bearbeiten. Die Entscheidung begründete sie mit dem ihr vorliegenden ballistischen Gutachten. Es erscheint jedoch seltsam, dass von der Verteidigung vorgelegte Beweise keine Beachtung gefunden haben. Angeblich hätte kein Computer zur Verfügung gestanden, um den USB-Stick mit möglicherweise entlastendem Videomaterial auswerten zu können. Für den Rechtsanwalt Moras, Eduardo Quintero, hat ein solches Vorgehen nichts mit einem fairen Verfahren zu tun. Der Priester von Apatzingán, Padre Gregorio López, bittet unterdessen um Unterstützung durch Amnesty International in dem Fall.

Generell verdichten sich die Hinweise, dass im Bundesstaat Michoacán rechtsstaatliche Prinzipien zunehmend an Bedeutung verlieren. So wirft Selene Vázquez Alatorre, Vorsitzende der Justizkommission des Kongresses von Michoacán, dem Sicherheitsbeauftragen vor, sämtliche Schlüsselstellen des Bundesstaates mit loyalen Gefolgsleuten besetzt zu haben. Im Zuge der Strafverfolgung würden nicht nur Gefangene systematisch gefoltert, sondern auch Richtern mit körperlicher Gewalt gedroht, um Urteile im Sinne der derzeitigen, demokratisch nicht legitimierten Machthaber zu fällen.

Dass nun zunächst auch El Americano im Gefängnis bleiben muss, erscheint vordergründig als Fortschritt. Allerdings behauptete Castillo bereits vor Abschluss der Untersuchungen, der Sohn Moras hätte die Auseinandersetzungen angefangen. Somit erwächst der Verdacht, dass der Sicherheitsbeauftrage den Boden bereiten möchte, um seinen Schützling Torres mit dem Argument der Notwehr aus dem Gefängnis entlassen zu können.