Landesweite Proteste in Guatemala

Tausende gegen hohe Kosten für Grundnahrungsmittel und Strom auf der Straße. Hunger und chronische Unterernährung in Indigenen- und Bauerngemeinden

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Die Proteste richteten sich auch gegen Großprojekte der Energieproduktion, von Biotreibstoffen, Monokulturen und des Bergbaus
Die Proteste richteten sich auch gegen Großprojekte der Energieproduktion, von Biotreibstoffen, Monokulturen und des Bergbaus

Guatemala-Stadt. Verschiedene guatemaltekische Bauern- und Indigenenorganisationen haben Anfang der Woche landesweit friedliche Proteste durchgeführt. Organisiert von der Nationalen Koordination der Bauernorganisationen (CNOC), blockierten Tausende am Montag Straßen an mindestens 20 Hauptverkehrsknotenpunkte im ganzen Land. Sie fordern von der Regierung und der Justiz die Lösung der Probleme in den ländlichen Gebieten sowie der wachsenden Konflikte mit den transnationalen Unternehmen, die in Großprojekten der Energieproduktion, von Biotreibstoffen, Monokulturen, im Bergbau und in anderen Bereichen tätig sind.

Die Bauern- und Indigenengemeinden litten unter Hunger, chronischer Unterernährung sowie an "Lebensmittelknappheit, die durch natürliche Phänomene verursacht wurde“. Außerdem beklagen sie in dem Aufruf zur Mobilisierung die hohen Kosten für Grundnahrungsmittel und Strom, die Arbeitslosigkeit und die Umweltverschmutzung durch die Industrie sowie die Plünderung der Natur.

Die Hauptforderungen konzentrieren sich auf die Nationalisierung des Stromsektors, die Lösung des Landkonflikts, die Erhöhung des kürzlich gesenkten gesetzlichen Mindestlohns und die Beendung der Kriminalisierung und Verfolgung von Frauen und Männern, die ihre Rechte auf Leben und Territorium verteidigen.

Die Proteste gegen die zu hohen Strompreise nahmen in den vergangenen Jahren massiv zu. Dem Stromunternehmen Energuate wird vorgeworfen, zu hohe Strompreise zu verlangen. Aktuell haben um die 20 Prozent der Strombezieher von Energuate den Stromzähler abgehängt und erklärt, sich im Widerstand zu befinden. Dieser wird vom Comité de Desarrollo Campesino (Codeca) angeführt. Im Konflikt wegen des illegalen Strombezugs wurden im vergangenen Jahr drei Aktivisten der Organisation in Haft genommen und des Landfriedenbruchs sowie Betrugs angeklagt. Nach über drei Monaten in Untersuchungshaft warten sie zurzeit im Hausarrest auf die Gerichtsverhandlung.

Die Basisorganisation Rat der Völker (CPO), die im September an den Kongresswahlen teilnehmen wird, äußert in ihrem Communiqué zur nationalen Protestkundgebung: "Die Stromnetzerweiterung Guatemalas ist eine Nationalpolitik, die von der Zuckeroligarchie kontrolliert wird … Alle diese Geschäfte haben Guatemala nichts gebracht, keine besseren Verdienstmöglichkeiten für die Bevölkerung, keine besseren Arbeitsplätze und noch weniger ein gutes Leben. In unseren Territorien bildeten sich nur neue Konflikte, und im und um den Staat wimmelt es von neu enstandenen Mafias."

Seitens der Regierung wird indes "die Behinderung der Bewegungsfreiheit" angeprangert, welche durch die Straßenblockaden verursacht wurde. Der Verband der Wirtschaftsunternehmen reichte eine Klage beim Verfassungsgericht gegen den Präsidenten Guatemalas, Otto Pérez Molina, mit der Begründung ein, er habe das Recht auf Bewegungsfreiheit nicht geschützt. Außerdem beklagt der Verband "das ökonomische Desaster": Die finanziellen Einbußen dieses Tages beliefen sich auf mehrere Millionen Euro.