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Präsident Correa vertagt Steuerreformen

Umstrittene Gesetze sollen vorerst nicht verabschiedet werden. Correa fordert Opposition zum Abwahlreferendum auf. Breiter Dialog angekündigt

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Präsident Correa rief die Opposition zum Dialog und Gewaltverzicht auf
Präsident Correa kündigte breiten Dialog an und forderte die Opposition zum Abwahlreferendum auf

Quito. Ecuadors Präsident Rafael Correa hat in einer TV-Ansprache die Verschiebung einer angekündigten Steuerreform insbesondere auf Erbschaften und Bodenspekulationen bekanntgegeben. Zuvor hatten Oppositionelle seit Tagen teils gewaltsam gegen den Gesetzesentwurf protestiert. Correa kündigte vor diesem Hintergrund eine breite Diskussion in der Bevölkerung an. Er wolle Gewalt verhindern und einen Dialog führen. Außerdem forderte er die Opposition auf, ein ordnungsgemäßes Referendum zu seiner Abwahl durchzuführen.

Mit den Reformen sollten die größten Erbschaften besteuert sowie eine Gewinnabgabe für spekulative Geschäfte erhoben werden. Berechnungen zufolge wären nur sechs Prozent der Bevölkerung von der Steuer betroffen. Trotzdem hatten die Vorschläge in den vergangenen Tagen zu energischen Protesten der Opposition geführt. Dabei wurden insbesondere auf den Galápagos-Inseln mehrere Verbindungsstraßen blockiert. In Quito griffen militante Demonstranten den Sitz der Regierungspartei Alianza Pais an.

Zuletzt hatten am Montag Tausende Regierungsanhänger vor dem Präsidentenpalast für die Gesetze und für den Reformprozess der "Bürgerrevolution" demonstriert. Dabei warnte Präsident Correa, die rechtsgerichtete Opposition versuche die Auseinandersetzung um die Steuergesetze zu nutzen, um das Terrain für einen Staatsstreich vorzubereiten. Jeder habe in Ecuador das Recht zu protestieren, solange der Protest nicht in Gewalt umschlage, so Correa.

Angesichts des im Juli anstehenden Besuchs von Papst Franziskus in Ecuador hat der Staatschef nun angekündigt, die Steuerreformen zu vertagen. "Wir müssen wie Brüder in einer Zeit des Friedens zusammenkommen, um das Wohlergehen aller Ecuadorianer zu verfolgen", betonte Correa in seiner Ansprache an die Bevölkerung. Trotzdem wolle er die Steuergesetze nicht begraben: "Wir wollen darüber diskutieren, was hinter der Opposition gegen diese Projekte steckt. Es gibt zwei verschiedene Visionen für die Gesellschaft." Deshalb rief der Präsident zu einer "großen nationalen Debatte" über die Gesetzesvorschläge auf. "Wir wollen Debatten, kein Geschrei, wir wollen Argumente, keine Manipulation, wir wollen zuhören und miteinander sprechen, keine Beleidigungen und Niederträchtigkeit oder sogar Gewalt", sagte Correa an die Opposition gerichtet.

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Proteste forderte Correa außerdem die Opposition auf, gemäß Paragraph 105 der Verfassung ein Referendum zu seiner Abwahl durchzuführen.

Am Mittwoch hat der Vorsitzende des linken Oppositionsbündnisses „Democracia Sí“ (Demokratie ja) Marcelo Larrea, bei der Nationalen Wahlbehörde CNE die erforderlichen Unterlagen für die Beantragung eines Referendums angefordert. „Democracia Sí“ ist ein Bündnis von progressiven Parteien, innerhalb derer Einigkeit darüber besteht, dass es bei den Protesten nicht nur um die geplanten Gesetze, sondern um einen Sturz der Regierung geht.

Der oppositionelle Guillermo Lasso von der Partei CREO wies den Vorschlags eines Referendums mit der Begründung zurück, dass es nicht um eine personelle sondern um eine institutionelle Frage gehe. Er forderte die Regierung auf, das Projekt fallen zu lassen. Jaime Nebot, auch Oppositioneller und ehemaliger Präsidentschaftskandidat, rief für den kommenden Freitag wieder zu einer Demonstration auf. Zu dem Referendum äußerte er sich nicht. Die katholische Kirche begrüßte die zeitweilige Rücknahme der Gesetzesvorhaben und den Aufruf zum Dialog.