Morde an Indigenen in Brasilien haben zugenommen

Missionsrat sieht den Grund in der Verzögerung der Demarkation indigenen Landes. 2014 gab es die höchste Selbstmordrate von Indigenen seit 30 Jahren

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Tito Vilhalva, Angehörige der Guarani Kaiowá, stellt den Bericht zur Gewalt gegen Indigene in Brasilien vor
Tito Vilhalva, Angehörige der Guarani Kaiowá, stellt den Bericht zur Gewalt gegen Indigene in Brasilien vor

Brasília. Die Zahl der Übergriffe und Morde an Indigenen in Brasilien ist im Jahr 2014 wieder dramatisch angestiegen. Insgesamt seien 70 Mordfälle bestätigt worden, wie aus dem Bericht zur Gewalt gegen Indigene, "Violência contra os povos indígenas no Brasil" hervorgeht. Diesen stellte der Missionsrat der Indigenen (Cimi) am 19. Juni vor. Demnach stieg die Anzahl indigener Mordopfer im Vergleich zu 2013 mit 53 Fällen um 32,1 Prozent an. Im Jahr 2012 waren noch 60 Fälle registriert worden.

Cimi verwies in dem Zusammenhang darauf, dass die Dunkelziffer möglicherweise sogar bei 138 Morden liege, wie die Nachrichtenagentur Agência Brasil berichtete. Diese Zahl ergebe sich aus Daten des Sondersekretariats für Gesundheit und Indigene, das Morde an Indigenen registriere. Die Ursachen seien jedoch nicht einwandfrei geklärt. Vielmehr sei zu vermuten, dass viele Fälle in abgelegenen Regionen nicht bekannt wurden und die Dunkelziffer noch höher liege.

Die Ursachen für die zunehmende Gewalt sieht der Missionsrat vor allem in den Auseinandersetzungen um Land zwischen Agrarproduzenten und Indigenen. "Alle Formen der Gewalt haben ihre Ursachen und Beweggründe in der Gleichgültigkeit gegenüber der Demarkation indigenen Landes, ihrer Gesundheit sowie den berechtigten Sorgen dieser Völker", bekräftigte der Präsident des Cimi, Pater Erwin Kräutler gegenüber der Presse. Ungeklärte Landtitel und das Vordringen in indigene Territorien führten zu Konflikten mit zunehmend tödlichem Ausgang. In dem Kontext verwies der Cimi darauf, dass sich der illegale Raubbau an natürlichen Ressourcen im Jahr 2014 mit 84 Fällen im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt habe, wie die Online-Ausgabe von O Globo zitiert.

Auch die für den Bundesstaat Mato Grosso do Sul zuständige Bundesstaatsanwaltschaft (MPF-MS) sieht den Hauptgrund für die Morde in staatlicher Vernachlässigung. In einer öffentlichen Erklärung wirft sie dem Justizministerium vor, dass die Nichtbearbeitung der Fälle von Landübertragung sowie das Fehlen von Behördenvertretern vor Ort die Hauptfaktoren für "das Klima der Spannung in der Region" seien, so der Cimi.

Im Bundesstaat Mato Grosso do Sul, einem der Schwerpunkte der industriellen Landwirtschaft in Brasilien, zeigt sich die Situation besonders dramatisch. Hier ereignete sich mit 25 Mordopfern die Mehrzahl der bestätigten Fälle. Dem folgen die Bundesstaaten Bahía mit 15 und Amazonas mit zehn Mordfällen. Zudem gibt es noch 31 weitere Fälle des versuchten Mordes und insgesamt 295 Gewaltopfer, wie aus dem Bericht hervorgeht.

Besonders schockierend sei im Jahr 2014 die Höhe von 138 Selbstmorden gewesen. Laut Cimi sei dies das schlimmste Ergebnis seit 30 Jahren. Des Weiteren seien 785 Kinder im Alter bis zu fünf Jahren gestorben, was ebenso auf externe Einflüsse auf die indigenen Gemeinden zurückzuführen sei. Unter der am meisten betroffenen Gruppe, den Xavantes, habe die Kindersterblichkeit eine Negativmarke von 141,64 pro 1.000 Personen erreicht.

Der Missionsrat der Indigenen, der der Landesbischofskonferenz untersteht, beruft sich mit seinem Jahresbericht auf offizielle Angaben wie Anklagen, Verurteilungen und auf Zeitungsberichte.