Brasilien / Politik

Präsidentin von Brasilien zeigt sich kämpferisch, Unterstützung aus Südamerika und Kuba

Politische Lage in Brasilien spitzt sich weiter zu. Rousseff wirft rechter Opposition Putschversuch vor. Soziale Bewegungen unterstützen Präsidentin

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Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff bei der Pressekonferenz am Dienstag
Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff bei der Pressekonferenz am Dienstag

Brasília. Bei einer Pressekonferenz vor ausländischen Journalisten hat Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff am Dienstag ihren Vize Michel Temer scharf attackiert. Er habe sich offen gegen sie verschworen und nutze das Amtsenthebungsverfahren, um ohne Wahlen an die Macht zu kommen, so Rousseff. Der 75-Jährige Politiker der rechtsliberalen PMDB erklärte dagegen, dass er "ruhig" die Entscheidung des Senats abwarten werde und stritt ab, bereits Minister für eine mögliche künftige Regierung ernannt zu haben.

Am Sonntag hatte die Abgeordnetenkammer für ein Amtsenthebungsverfahren gegen die Präsidentin gestimmt. In den nächsten Wochen muss der Senat dies mit einfacher Mehrheit bestätigen. Sollte dies der Fall sein, würde Rousseff vorübergehend suspendiert, während das Parlament endgültig über ihre Amtsenthebung entscheiden müsste. In dieser Zeit – und möglicherweise darüber hinaus – würde Vizepräsident Temer das Amt ausüben.

Rousseff bezeichnete sich als Opfer eines Prozesses, der auf "eklatanter Ungerechtigkeit und einem juristischen und politischen Betrug" beruht. Zudem nannte sie die Absetzungsversuche einen "Putsch".

Während der Abstimmung am Sonntag sorgte der ultrarechte Abgeordnete der christlichen PSC, Jair Bolsonaro, für Aufregung, als er seine Ja-Stimme dem ehemaligen Chef des Folterzentrums DOI-CODI Carlos Alberto Brilhante Ustra widmete. "Es ist schrecklich zu sehen, dass jemand zu Ehren des größten Folterers, den dieses Land gesehen hat, abstimmt", sagte Rousseff, die während der Militärdiktatur (1964-1985) selbst verhaftet und gefoltert wurde. Trotz der schweren Niederlage am Sonntag erklärte die Präsidentin, dass sie mit "Ehre und Würde" weiterkämpfen wird.

Unterdessen wollen soziale Bewegungen gegen die "Putschversuche" auf die Straße gehen. "Wir werden das ganze Land mobilisieren, wie es seit 20 Jahren nicht mehr geschehen ist", kündigte João Paulo Rodrigues von der Landlosenbewegung MST an. Die politische Krise im Land sei dadurch bedingt, dass "die Eliten den Staat zurückerobern und einem neoliberalen Modell unterwerfen wollen". Dies werde die Arbeiterklasse nicht hinnehmen. Die sozialen Bewegungen würden ihren Widerstand dagegen auf der Straße weiterführen, um massenhaft Druck aufzubauen. Rodrigues kündigte Mobilisierungen in mehreren Städten für den kommenden Freitag an, die traditionellen 1. Mai-Demonstrationen sollen eine "große Protestaktion" werden. Auch ein Generalstreik vor der Abstimmung im Senat werde diskutiert, so der MST-Vertreter. Für den 30. April rufen antifaschistische Gruppen im ganzen Land zu Demonstrationen gegen den Rechtsruck auf.

Auch das kubanische Außenministerin verurteilte in einer Stellungnahme "den parlamentarischen Staatsstreich, der in Brasilien im Gang ist". Dieser sei "Teil der reaktionären Gegenoffensive der Oligarchie und des Imperialismus gegen die lateinamerikanische Integration und die progressiven Prozesse in der Region". Kuba unterstütze "das Volk, die legitime Regierung dieses Bruderlandes und Präsidentin Dilma, in Verteidigung der politischen und ökonomischen Fortschritte und sozialen Errungenschaften, die während der Regierungen der Arbeiterpartei erreicht wurden."

Unterstützung erfuhr die Präsidentin ebenfalls von der Union südamerikanischer Nationen (Unasur). Die Entscheidung der Abgeordnetenkammer ohne Indizien für oder gründliche Diskussion über angebliche Straftaten, "stellt einen Grund für ernsthafte Besorgnis in der Region dar", heißt es in einer Stellungnahme des Generalsekretariats. Die demokratische Wahl Rousseffs zur Präsidentin könne nicht mit einem politischen Prozess durch eine Parlamentsmehrheit außer Kraft gesetzt werden, es sei denn, es läge ein Beweis vor, dass sie "direkt und vorsätzlich in eine Straftat verwickelt ist". Dies sei jedoch bislang nicht gegeben. Man vertraue darauf, dass der Senat sich dessen bewusst sei, die Bestandskraft und rechtliche Zulässigkeit der vorgebrachten Belege überprüfe und diesen Prozess stoppe, "der die Demokratie und die Rechtssicherheit in der Region ernsthaft beeinträchtigen kann", so die Unasur.

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