Venezuela / Politik

Opposition in Venezuela nimmt erste Hürde für Abwahlreferendum

Wahlrat akzeptiert Unterschriften für die Einleitung eines Referendums. Oppositionelle Mehrheit im Parlament vereidigt suspendierte Abgeordnete

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Kundgebung der Rechtspartei Voluntad Popular. "Die Stunde ist gekommen, wir gehen auf die 20 Prozent zu, Referendum und humanitäre Hilfe – Jetzt"
Kundgebung der Rechtspartei Voluntad Popular. "Die Stunde ist gekommen, wir gehen auf die 20 Prozent zu, Referendum und humanitäre Hilfe – Jetzt"

Caracas. Die Wahlbehörde, CNE, in Venezuela hat den erfolgreichen Abschluss der ersten formalen Etappe für ein Referendum zur Absetzung von Präsident Nicolás Maduro offiziell bestätigt. Das Oppositionsbündnis Tisch der Demokratischen Einheit (MUD) hat demnach die für die Aktivierung des Verfahrens notwendige Anzahl der Unterschriften von einem Prozent der Wahlberechtigten erreicht und kann nun den zweiten Schritt einleiten. Dabei müssen innerhalb von drei Tagen 20 Prozent der registrierten Wähler ein Abwahlreferendum schriftlich befürworten. Dies entspricht rund vier Millionen Ja-Stimmen. Wann die Sammlung der Stimmen beginnen soll, ließ CNE-Präsidentin Tibisay Lucena bei der Pressekonferenz am Montagabend noch offen.

In der ersten Phase mussten 195.721 Wahlberechtigte unter Angabe der Personalausweisnummer, Adresse und Fingerabdruck ihre Zustimmung geben. Der MUD hatte 1.257.759 Unterschriften vorgelegt, was zu Verzögerungen bei der Auszählung führte. Bei der ersten Überprüfung der Wahlscheine stellte der CNE zudem fest, dass über 600.000 Unterschriften unvollständig, falsch oder doppelt aufgeführt waren oder die Personen nicht im Wahlregister eingetragen waren. Nachdem diese ungültigen Stimmen aussortiert waren, mussten bis zum 26. Juli rund 200.000 Unterschriften erneut per Fingerabdruck bestätigt werden.

Lucena informierte weiter, dass 0,33 Prozent der Unterschriften nicht mit den dazu abgegebenen Fingerabdrücken übereinstimmten das entspricht 1.326 Wählern, "die nicht sind, wer sie behaupteten zu sein". Der CNE hat bei der Staatsanwaltschaft beantragt, in diesen Fällen Ermittlungen einzuleiten, ebenso gegen 198 Personen, die zweimal abstimmten. Die Wahlbehörde werde zudem ihren abschließenden Bericht der Generalstaatsanwaltschaft vorlegen, da diese bereits Ermittlungen über mutmaßliche Unregelmäßigkeiten eingeleitet hat und die Verantwortlichen festgestellt werden sollen.

Vertreter des Oppositionsbündnisses reagierten verärgert und warfen der Wahlbehörde erneut "Verzögerungstaktik" vor, da kein konkreter Termin für die nächste Unterschriftensammlung genannt wurde. Ihre Anhänger riefen sie deshalb zu landesweiten Protesten auf. Parlamentspräsident Ramos Allup warnte, die Lage im Land erfordere "eilige Lösungen", es könne sonst "zu einer sozialen Explosion oder einem Staatsstreich" kommen. Der MUD beharre auf einem "verfassungsgemäßen, friedlichen, demokratischen Ausweg aus dieser Tragödie" durch das Abwahlreferendum.

Die Opposition drängt darauf, das Referendum rasch abzuhalten: Gelänge es, Maduro 2016 abzusetzen, käme es zu Neuwahlen. Sollte es erst nach Januar 2017 stattfinden und erfolgreich sein, übernähme Maduros Stellvertreter das Amt. Laut Verfassung bleibt der Vizepräsident bis zum Ende der Wahlperiode im Amt, falls der Präsident zwei Jahre oder weniger vor Ende seines Mandates abgewählt wird. Maduros Amtszeit endet regulär im Januar 2019.

Indes ist es erneut zum Eklat um suspendierte Parlamentsabgeordnete des MUD gekommen. Ende Dezember vergangenen Jahres hatte die Wahlkammer des Obersten Gerichtshofs (TSJ) aufgrund von Beschwerden wegen mutmaßlichen Stimmenkaufs die Vereidigung aller Abgeordneten aus dem Staat Amazonas blockiert - darunter auch von drei Vertretern der Opposition. Ihre Mandate wurden bis zum Abschluss der Untersuchungen ausgesetzt. Damit hatte der MUD die bei den Wahlen am 6. Dezember erreichte Zweidrittelmehrheit verloren. Am vergangenen Donnerstag vereidigte die oppositionelle Mehrheit in der Nationalversammlung die drei Abgeordneten, obwohl sie nach wie vor suspendiert sind. Die zuständigen Behörden des Landes wiesen dies scharf zurück. In einer Stellungnahme des TSJ heißt es, man befinde sich noch in der Phase der Beweiserhebung. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen, die Vereidigung daher "wegen offenkundiger Verletzung der verfassungsmäßigen öffentlichen Ordnung null und nichtig". Der CNE erklärte den Vorgang ebenfalls für unrechtmäßig und mahnte das Parlament, die Institutionen zu respektieren.

Mit einer Zweidrittelmehrheit kann die Opposition unter anderem Verfassungsrichter absetzen, Mitglieder des Wahlrats benennen und Verfassungsänderungen in Gang bringen.

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