Erneut Aktivisten in Kolumbien ermordet, Behörden zurückhaltend

Hohe Zahl politischer Morde in 2016. Neue Fälle in Departements Cesar und Chocó. Drohungen von rechten Paramilitärs nehmen wieder zu, UN besorgt

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Warnung der Paramilitärs: "Hier ist die AGC"
Warnung der Paramilitärs: "Hier ist die AGC"

Bogotá. Der Friedensprozess in Kolumbien wird weiterhin durch Morde an politischen Aktivisten und Mitglieder der Farc-Guerilla sowie ihnen nahestehenden Personen überschattet. Nachdem Anfang Dezember bereits Zahlen für das Jahr 2016 über eine wieder ansteigende Anzahl von Morden an Aktivisten veröffentlicht wurden, sind nun neue Fälle publik geworden. Aus den Verwaltungsgebieten Cesar und Chocó wurden in den letzten Tagen zwei weitere besorgniserregende Mordfälle gemeldet.

Am 7. Januar wurde in dem Departement Cesar ein Mitglied der kleinbäuerlichen Gemeinschaft El Hatillo ermordet. Wie die Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien (ASK) und weitere Medien berichten, wurde Aldemar Parra García, der Neffe des aktuellen Präsidenten des Gemeinschaftskomitees und selbst Präsident der Vereinigung der Bienenzüchter, tot aufgefunden.

Die Vereinigung der Bienenzüchter wurde ins Leben gerufen, um den von Umsiedlungsprozessen betroffenen Bürgern eine wirtschaftliche Perspektive bieten zu können. Die Provinzen Cesar und La Guajira im Nordosten Kolumbiens sind seit Jahren stark vom Bergbau multinationaler Konzerne wie Drummond, Glencore oder Vale betroffen. Umweltverschmutzungen und gesundheitsgefährdende Einschränkungen bei der Trinkwasserversorgung zwingen Gemeinschaften zur Umsiedlung. Paramilitärische Gruppierungen sollen diese Prozesse durch Einsatz von Gewalt verstärken.

Bereits seit November hatte es vermehrt Drohungen gegen soziale Aktivisten und Führungspersonen der Gemeinschaft El Hatillo gegeben. Schutzmaßnahmen, die von der Gemeinschaft bei der Nationalen Schutzbehörde (Unidad Nacional de Protección) aus diesem Grund angefordert wurden, sind laut ASK aber noch heute in Bearbeitung. So konnte auch der aktuelle Mordfall nicht verhindert werden.

Die ASK fordert in ihrer Stellungnahme verschiedene staatliche Organisationen auf, ihren Aufgaben gerecht zu werden und unverzüglich zu intervenieren. Sie richtet sich an das Ombudsbüro für Menschenrechte und das System für Frühwarnungen SAT, die Generalstaatsanwaltschaft, das präsidiale Menschenrechtsbüro und die Nationale Schutzbehörde UNP.

Ein weiterer Fall von Gewalt wurde aus Riosucio in der Provinz Chocó im Grenzgebiet zu Panama gemeldet. Der 55-jährige Präsident des Gemeinschaftskomitees, Juan Mosquera Rodríguez, und sein 33-jähriger Sohn wurden vor wenigen Tagen ermordet aufgefunden. Als Täter wird von Anwohnern die paramilitärische "Gaitan-Selbstverteidigungsgruppe" (AGC) genannt. Diese würde in letzter Zeit wieder vermehrte Präsenz zeigen und Drohungen aussprechen.

Beide Fälle bestätigen, dass ein nachhaltiger Frieden und ein Eindämmen der Gewalt in Kolumbien trotz des unterzeichneten Abkommens mit den Farc noch in weiter Ferne liegen. Da schon in der Vergangenheit die Guerilla bei weitem nicht der einzige Gewaltakteur in Kolumbien war, sondern vor allem auch paramilitärische Gruppierungen durchweg eine große Rolle spielten, ist die Selbstverpflichtung durch den Staat, die Gewalt entscheidend einzudämmen, weiterhin eine große Herausforderung. Den endgültigen Beweis, unschuldige Bürger mit aller Ernsthaftigkeit schützen zu können und zu wollen, bleibt der Staat nach den letzten Vorfällen schuldig.

Auch der Schutz ehemaliger Farc-Mitglieder scheint nach wie vor nicht ausreichend gewährleistet zu sein. In diesem Zusammenhang appellierten auch die Vereinten Nationen an den kolumbianischen Staat, notwendige institutionelle Schutzmaßnahmen zu ergreifen und diese mit aller Ernsthaftigkeit durchzuführen, um der Gewalt Herr zu werden und einen friedlichen Übergangsprozess zu garantieren.

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