Angehörige der verschwundenen Studenten in Mexiko: Der Staat hat versagt

Anhörung der Interamerikanischer Menschenrechtskommission zum Fall Iguala. Nach drei Jahren keine seriösen Ergebnisse. Behörden unwillig oder inkompetent?

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Nach über drei Jahren hat die Regierung von Mexiko noch keine seriösen Ermittlungsergebnisse zum Verschwinden der 43 Studenten vorgelegt
Nach über drei Jahren hat die Regierung von Mexiko noch keine seriösen Ermittlungsergebnisse zum Verschwinden der 43 Studenten vorgelegt

Montevideo. Vertreter der Eltern der seit September 2014 verschwundenen Lehramtsstudenten aus Ayotzinapa haben vor dem Speziellen Überwachungsmechanismus der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) gesprochen. Dieser hielt seine dritte öffentliche Anhörung zum Fall Iguala in Uruguays Hauptstadt Montevideo ab. Die Eltern und deren Anwälte wiesen die Behauptungen der mexikanischen Regierung zurück, dass die Ermittlungen zu 70 Prozent abgeschlossen seien. Blanca Nava und Emiliano Navarrete prangerten als Sprecher der 43 Eltern "die Lügen der Behörden und die Hindernisse bei den Untersuchungen" an.

Eine Gruppe von Studenten der Lehrerfachschule "Raúl Isidro Burgos"war in der Nacht zum 27. September 2014 in der Stadt Iguala im mexikanischen Bundesstaat Guerrero von Bundespolizisten mehrmals angegriffen worden. Dabei sind neun Personen ermordet worden. 43 Studenten wurden dann von Polizisten verschleppt und seitdem nicht mehr gesehen.

Blanca Nava, Mutter von Jorge Alvárez Nava, damals 17 Jahre alt, erklärte, die Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto könne keine neuen Erkenntnisse vorweisen, weil in dem Fall gar nicht weiter ermittelt werde. Dies sei eine Schande. "In Mexiko gibt es keine Gerechtigkeit", sagte die Mutter und bat die CIDH-Beauftragten, die Eltern der Verschwundenen weiterhin zu unterstützen.

Bei der dritten Anhörung kam zu Tage, dass die Regierung die sowohl von den Eltern als auch von den Vereinten Nationen und der CIDH empfohlenen vier Hauptermittlungslinien nicht verfolgt hat. Diese sind: Die Befragung des Militärbataillons, das am Tag des Verbrechens im Einsatz war; die Verfolgung der registrierten Anrufe, die von den Handys der Opfer Tage später noch gemacht wurden; die Aufklärung aller Umstände der Tatsache, dass einer der von den Lehramtsstudenten gekaperten Reisebusse mit dem Reiseziel Chicago, USA, offensichtlich Drogen geladen hatte; die Untersuchung der Hinweise, dass die jungen Männer von Bundespolizisten zur Gemeinde Huitzuco gebracht wurden.

Die CIDH-Beauftragten zeigten sich besorgt, weil die mexikanische Regierung nach drei Jahren noch keine seriösen Ergebnisse vorgelegt hat. "Dabei stellt sich die Frage, ob der mexikanische Staat überhaupt gewillt ist, die 43 jungen Männer zu finden, oder ob er inkompetent ist", so der CIDH-Beauftragte und Jurist Luis Ernesto Vargas Silva. Mittlerweile wurden 130 Verdächtige angeklagt, verurteilt wurde allerdings niemand.

Bei der Anhörung standen ebenfalls die öffentlichen Äußerungen des damaligen Staatsanwalts und heutigen Zuständigen für Nationale Sicherheit, Tomás Zerón, in der Kritik. Zerón hatte erklärt, die 43 jungen Männer seien von drei Mitgliedern der kriminellen Bande "Guerreros Unidos" ermordet und in einer Müllkippe verbrannt worden sein. Das sei "die historische Wahrheit". Zerón trat zurück, nachdem bekannt wurde, dass er Beweismaterial manipuliert hatte. "Dieses Verhalten ist laut der Verfassung strafbar", betonte James Cavallaro, von der CIDH.

Die Kommissionsvertreter kritisierten auch die Anwendung von Foltermethoden bei den Festgenommen, damit diese falsche Aussagen machten und sich als Mitglieder der "Guerreros Unidos", ausgaben.

Für Emiliano Navarrete, Vater von José Gonzalo Navarrete, damals 19 Jahre alt, haben die staatlichen Behörden im Fall Iguala versagt und behindern nur die Untersuchungen. "Wir werden unsere Söhne weiter suchen und zwar bis zur letzten Konsequenz", bekräftige er.