Santiago. In Chile ist es am Freitag zu massiven Protesten gegen eine Reform des Universitätssystems gekommen, wonach es privaten Universitäten erlaubt sein soll, Gewinne zu machen. Im Verlauf der Demonstrationen, bei denen sich mehreren zehntausend Menschen beteiligt haben sollen, ist laut Medienberichten und übereinstimmender Zeugenaussagen ein Student schwer verletzt worden, nachdem er von einem Polizeibus überrollt wurde.
Laut Verfassung ist es den Betreibern privater Universitäten verboten, Gewinne zu machen. In der Vergangenheit wurde dieses Verbot jedoch weitgehend umgangen, indem die Universitäten Grundstücke und Gebäude zu überhöhten Preisen anmieteten. So machen die Universitäten selbst keinen Gewinn, jedoch flossen erhebliche Summen an Gesellschaften, die in der Regel in Händen derselben Universitätsbetreiber oder deren Familienangehörigen waren beziehungsweise über Beteiligungsgesellschaften kontrolliert wurden.
Die Reform des Universitätssystems der Ex-Präsidentin Michelle Bachelet hatte ein absolutes Verbot der Gewinngenerierung durch Universitätsbetreiber verankert. Demnach durfte kein Akteur, der profitorientiert arbeitet, eine Universität betreiben, auch wenn er aus dieser Universität keinen Gewinn zieht. Auf diese Weise wurden mögliche Hintertüren der Profitgenerierung durch Universitätsbetreiber verschlossen und eine alte Forderung der Studentenbewegung von 2011 erfüllt.
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Nun hat das Verfassungsgericht diesen Paragrafen als verfassungswidrig zurückgewiesen, was die Studenten erneut zu Aktionen und Demonstrationen bewegt hat.
Von offiziellen Stellen wird der Unfall des Studenten heruntergespielt. Ihm wird vielmehr vorgeworfen, "vermummt" gewesen zu sein. Tatsächlich war der junge Mann als Mitglied einer studentischen Tanzgruppe entsprechend verkleidet. Vor wenigen Tagen ging schon ein Foto durch die Öffentlichkeit, wo ein Polizist der Spezialeinheiten mit einem bewusstlos geprügelten Studenten posiert.
In der Regel ist die Studentenbewegung in Chile ein Gradmesser für sozialen Unmut. So kann man nun davon ausgehen, dass sich die Proteste aufgrund der studentischen Forderungen und dem Vorgehen der Polizei verschärfen werden.