Kolumbien / Politik

Kolumbien: ELN lässt Gefangene frei und mahnt Friedensverhandlungen an

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Die von der ELN am Mittwoch freigelassenen Gefangenen wurden in Kolumbien an das Internationale Rote Kreuz übergeben
Die von der ELN am Mittwoch freigelassenen Gefangenen wurden in Kolumbien an das Internationale Rote Kreuz übergeben

Chocó, Kolumbien/Havanna. Die kolumbianische Guerilla Nationale Befreiungsarmee (Ejército de Liberación Nacional, ELN) hat am Mittwoch sechs Gefangene an das Internationale Rote Kreuz übergeben. Die Freilassung habe sich wegen massiver Operationen der Streitkräfte um fünf Wochen verzögert, erklärte Kommandant Uriel von der "Westlichen Kriegsfront Omar Gómez" der ELN. Es sei ein einseitiger Schritt der Guerilla, um den Friedensprozess voranzubringen. Mit dieser "humanitären Aktion" habe man auch gezeigt, "dass der Dialog eine der Aktivitäten der ELN ist, wir aber unsere eigene militärisch-politische Agenda fortsetzen und das Recht auf Rebellion ausüben".

Dass die ELN bereit zur Weiterführung der Verhandlungen mit der Regierung ist, bekräftigte der Leiter ihrer Friedensdelegation, Pablo Beltrán, ebenfalls am Mittwoch im Interview mit der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina (PL). Vorbedingungen seitens der Regierung werde man jedoch nicht akzeptieren. Damit reagierte er auf Äußerungen des neuen rechtskonservativen Präsidenten Iván Duque. Dieser hatte kürzlich verlangt, dass die ELN ihre Einheiten in einem bestimmten Gebiet unter internationaler Kontrolle konzentriert und alle Gefangenen freilässt. Zudem müsse ein Zeitrahmen festgelegt werden, in dem die Gespräche zu einem Ergebnis führen müssen, nur dann werde er sie fortsetzen.

Die ELN wolle die inzwischen siebente Gesprächsrunde eröffnen, obwohl die Regierung noch keine Delegation ernannt habe, sondern lediglich den Friedensbeauftragten, sagte Bertrán gegenüber PL. Zunächst sollte weiter über den bilateralen Waffenstillstand und "die Beteiligung der Gesellschaft an der Gestaltung des Friedensprozesses und des Schicksals der Nation" gesprochen werden. Anfang August, kurz vor dem Amtsantritt Duques, war der sechste Zyklus ohne Einigung zu diesen Punkten abgeschlossen worden. Beide Parteien hatten jedoch betont, dass "der Dialog unter Beteiligung der Bürger weiter der beste Weg zur Lösung der Konflikte ist".

In einem Kommuniqué vom vergangenen Montag hatte die ELN die Regierung Duque bereits aufgefordert, sich an die mit der Vorgängerregierung erzielten Absprachen zu halten, wie etwa über die Gestaltung des Prozesses, seine Agenda, die internationalen Begleitmaßnahmen und Sicherheitsprotokolle. Falls "Anpassungen" notwendig seien, könnten diese von der ELN im Einvernehmen vorgenommen werden. Indem Duque jedoch die getroffenen Vereinbarungen ignoriere und einseitig inakzeptable Bedingungen stelle, beende er den Dialogprozess und "die seit mehreren Jahren von der ELN, der Gesellschaft, der früheren Regierung und der internationalen Gemeinschaft unternommenen Anstrengungen".

Die offiziellen Gespräche zwischen ELN und der Regierung von Präsident Juan Manuel Santos begannen im Februar 2017. Sein Nachfolger Duque, entschiedener Gegner des Friedensprozesses, hatte die Guerilla nach seinem Wahlsieg zur Kapitulation aufgefordert und erklärt, Verhandlungen mit "Verbrechern" werde es mit ihm nicht geben.

Die Freilassungen vom Mittwoch begrüßte der Staatschef, bezeichnete sie jedoch als "unzureichend".