Proteste in Chile gehen trotz Zusagen von Präsident Piñera weiter

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Mitarbeiter des Institutes für Menschenrechte – in gelben Jacken – vermitteln zwischen Polizei und Demonstranten
Mitarbeiter des Institutes für Menschenrechte – in gelben Jacken – vermitteln zwischen Polizei und Demonstranten

Santiago de Chile. Die Proteste in Chile weiten sich trotz Reformankündigungen der Regierung aus. Allein in der Hauptstadt Santiago beteiligten sich am Mittwoch und Donnerstag mehrere zehntausend Menschen an einem Generalstreik. Die Demonstrationen, die sich ursprünglich gegen die Erhöhung der Nahverkehrsmittelpreise richteten, haben sich mittlerweile zu landesweiten Protestaktionen gegen die Austeritätspolitik der Regierung von Sebastián Piñera ausgeweitet. Der Staat reagierte mit massiver Repression.

Nach Behördenangaben sind inzwischen 18 Menschen ums Leben gekommen. Fünf Todesopfer starben an den Folgen des Einsatzes von Schusswaffen- oder Schlagstöcken. Das Institut für Menschenrechte berichtete am Donnerstagmittag, bisher seien 2.686 Personen verhaftet und 584 Menschen verletzt worden. Etwa 245 Personen wiesen demnach Schusswunden auf. Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen. Die Hochkommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte und ehemalige Präsidentin Chiles, Michelle Bachelet, kündigte an, eine Beobachtungskommission der UN einzuberufen.

Präsident Piñera, gab am Dienstagabend bekannt, eine Reihe wirtschaftlicher und politischer Reformen zur Verbesserung der sozialen Lage in Angriff nehmen zu wollen. Diese sehen unter anderem die Anhebung des Mindestlohnes um monatlich umgerechnet 62 Euro vor. Auch die Einführung einer neuen Besteuerung von Spitzengehältern, 40 Prozent auf ein monatliches Einkommen von mehr als acht Millionen Peso (um die 10.000 Euro), soll Teil der Reformen sein. Zudem ist angedacht, die Erhöhung der Strompreise zurückzunehmen. Die Abgeordnetenkammer beschloss derweil, die Gehälter von Abgeordneten und Ministern zu senken. Zudem wurde am Donnerstag der Weg für ein Gesetz zur Begrenzung der maximalen wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Stunden freigemacht, ein Vorstoß der bis vor kurzem noch als linker Populismus abgetan worden war.

Dennoch folgten Mittwoch und Donnerstag landesweit mehr als 100.000 Menschen einem Aufruf zum Generalstreik von mehr als 20 Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen. "Diese Reformen sind ein Witz. Sie sind nicht mehr als der Tropfen auf den heißen Stein. Wir werden weiter demonstrieren, bis Piñera und seine Regierung zurücktreten", sagte ein Demonstrant gegenüber amerika21.

Trotz der Reformankündigungen setzt die Regierung weiterhin auf Repressionen. Noch am Sonntag ließ Präsident Piñera verlauten, dass sich Chile in einem "Krieg" befinde. Auch für die Nacht von Donnerstag auf Freitag wurde für die Region Metropolitano erneut eine Ausgangssperre verhängt. Am Mittwoch wurden Pläne der Regierung bekannt, neben regulären Streitkräften auch Reservisten einzuberufen.

Dennoch sind für die kommenden Tage weitere Proteste geplant.