Buenos Aires. Die Nachricht kam für viele Argentinier nicht unerwartet: Drei ausländische Investmentfonds haben einen Vorschlag der Regierung von Alberto Fernández für eine Restrukturierung der argentinischen Schulden zurückgewiesen. Damit scheiterte ein weiterer Versuch, einen Zahlungsausfall abzuwenden. "Trotz der Bemühungen der Gruppe und anderer Stakeholder sind die Vorschläge [...] nicht solche, die die Gruppe unterstützen kann oder möchte", hieß es dazu in einer Pressemitteilung der Ad Hoc Bondholder Group. Der Vorschlag der Regierung ziele darauf ab, "einen unverhältnismäßigen Anteil von Argentiniens langfristigen Verpflichtungen für eine Haushaltskonsolidierung internationalen Anleihegläubigern aufzubürden".
Seit Mitte April laufen nun schon die Verhandlungen mit dem Ausschuss der privaten Gläubiger argentinischer Staatsschulden (ACC). Konkret geht es dabei um Argentiniens Anliegen, die Zinslast der rund 68 Milliarden US-Dollar Schulden von sieben auf 2,3 Prozent und die ursprüngliche Schuldensumme um 5,4 Prozent zu senken sowie bis 2023 eine rückzahlungsfreie Zeit auszuhandeln, damit die Wirtschaft zunächst gesunden kann. Eine Forderung, von der das Land auch nach der ersten Absage des ACC im April grundsätzlich nicht abgerückt war. "Der Vorschlag spiegelt die gesunkene Zahlungsfähigkeit der argentinischen Schulden wider als Folge einer jahrelangen Sparpolitik und inmitten einer tiefen Wirtschafts- und beispiellosen Gesundheitskrise, die den Rückgang der Wirtschaft weiter vertieft", heißt es dazu in dem offiziellen Dokument des argentinischen Wirtschaftsministeriums.
Die Regierung bezeichnete ihre Lage in einer offiziellen Stellungnahme nun als "verzweifelt". Man hoffe aber auf die verbleibende Zeit für weitere Gespräche. Bis zum 22. Mai kann weiterverhandelt werden, erst dann läuft die 30-tägige Frist für die vorgesehene Rückzahlung einer Rate von 2,1 Milliarden US-Dollar endgültig ab.
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Wirtschaftsminister Martín Guzmán rechnet – sollte es zu einer Einigung mit dem ACC kommen – mit einer ersten Erholung der Wirtschaft bereits in diesem Jahr und einem konstanten Wachstum von 1,7 Prozent ab 2023. Dafür wolle man die Exporte steigern und zudem in Wissenschaft und den Energiesektor investieren, betonte der Minister am Mittwoch in einem Videostatement. Dazu hatte das Institut für Lateinamerikastudien der Columbia University eingeladen. Es sprachen neben Guzmán der US-Ökonom Jeffrey Sachs und der argentinische Wirtschaftswissenschaftler Martín Uribe – beides ehemalige Kollegen von Guzmán. Der Minister verteidigte die Zeit der zahlungsfreien Jahre. Sie sei eine Empfehlung des Internationalen Währungsfonds gewesen.
Sachs wertete Guzmáns Vorschlag indes als "seriös" und bezeichnete die Forderungen der Bondholder auf sieben Prozent Zinsen als "lächerlich" und "absurd". In einem finanzpolitischen Umfeld mit niedrigen Zinsraten – "Fast null Prozent in Deutschland und 1,2 Prozent in den USA für eine 30-jährige Laufzeit", so Sachs – stünden die nun zu verhandelnden 2,4 Prozent "immer noch über den Werten von US-Staatsanleihen". Er hoffe, dass Gläubiger nun "klug genug" seien, keinen massiven Absturz der Wirtschaft in Kauf zu nehmen. Angesichts der Coronavirus-Pandemie sei Argentinien mit seinen Problemen nicht allein. Sachs hielt es für möglich, dass in den nächsten Wochen und Monaten zahlreiche Länder in Zahlungsschwierigkeiten kommen.