Kolumbien / Politik

Kolumbien: Wahlkampfteam von Petro fordert freie Einreise für Wahlbeobachter:innen

Muster vermutet: Ausgewiesene seien regierungskritisch. Abgeordnete aus mehreren Ländern besorgt wegen Unregelmäßigkeiten beim Wahlprozess

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Wahlkampfleiter von Petro: Es gäbe "präzise Anweisungen", um die Einreise von einigen Wahlbeobachter:innen zu verhindern
Wahlkampfleiter von Petro: Es gäbe "präzise Anweisungen", um die Einreise von einigen Wahlbeobachter:innen zu verhindern

Bogotá. Das Leitungsteam der Wahlkampagne von Gustavo Petro hat die Verhinderung der Einreise von internationalen Wahlbeobachter:innen durch die kolumbianischen Behörden angeklagt. Die Kampagnenleitung fordert die Regierung und die Migrationsbehörde auf, alle Personen, die zur Wahlbeobachtung oder als Sondergäste nach Kolumbien reisen, nicht daran zu hindern, das Land zu betreten. Sie sollten nicht als "politischer Filter" agieren, heißt es in einem offiziellen Kommuniqué.

Der Sprecher des Teams Alfonso Prada prangerte an, es gebe "präzise Anweisungen", die Einreise von Wahlbeobachter:innen, die ganz offiziell vom Nationalen Wahlrat CNE eingeladen wurden oder Sondergäste der Wahlkampagne Petros, zu verhindern. Ihre Begleitung sei aber wichtig, um die Transparenz der Wahlen am kommenden Sonntag zu garantieren.

Die kolumbianischen Behörden hatten diese Woche die Einreise von mehreren Wahlbeobachter:innen aus verschiedenen Ländern verboten. Sie argumentierten dabei mit der nationalen Souveränität: Es gebe begründete Anhaltspunkte, dass die Personen eine Gefahr für die Sicherheit des Staates oder die öffentliche Ordnung darstellten..

Einer der Betroffenen ist der argentinische Anwalt Alejandro Javier Rusconi. Er konnte seinen Flug nicht antreten. Die Fluggesellschaft warnte ihn, dass er auf Anordnung der kolumbianischen Migrationsbehörde nicht nach Kolumbien einreisen dürfe.

Rusconi klagte: "Derselbe Staat, der mein Ticket bezahlt hat, lässt mich nicht einreisen". Die Entscheidung verwundere ihn, denn er habe kein Strafverfahren in Kolumbien. Er ist unter anderem Mitglied des Amerikanischen Juristenverbandes und des Forums von São Paulo.

2021 besuchte Rusconi Kolumbien als Teil einer internationalen Solidaritäts- und Menschenrechtsbeobachtungsmission, um Vorwürfen wegen Verschwindenlassens, Tötung und Folter von Teilnehmer:innen bei den Protesten der sozialen Explosion nachzugehen. Im Schlussbericht stellte die Mission fest, dass der Staat die politische Partizipation, das Versammlungsrecht und das Recht zu protestieren absichtlich und gewaltsam eingeschränkt hat.

Ein weiterer Fall ist der Argentinier Fernando Colizzoni. Der Wahlbeobachter wurde ausgewiesen, nachdem er in Bogotá gelandet war. Die Migrationsbehörde wollte auch dem belgischen politischen Berater der Vereinigten Europäischen Linken (GUE) Paul-Emile Dupret die Einreise verweigern. Dank der Vermittlung des CNE-Richters, Luis Guillermo Pérez, konnte er schließlich einreisen. Ähnlich erging es der argentinischen Wahlbeobachterin María José Cano. Am Montag war die US-amerikanische Wahlbeobachterin Teri Mattson aus Kolumbien ausgewiesen worden (amerika21 berichtete).

Die Eskalation der Unregelmäßigkeiten beim Wahlprozess macht ebenfalls Parlamentarier:innen aus 20 Ländern Sorgen, wie sie in einem offenen Brief mitteilten. Es bestehe eine "zunehmende Gefahr von Gewalt, Mord und Einmischung", heißt es dort. Auch das Mitglied der Linksfraktion im deutschen Bundestag, Andrej Hunko, prangert eine "enorme Gewalt während des Wahlkampfs einschließlich Attentatsplänen gegen den laut Umfragen aussichtsreichsten Kandidaten" an, so eine Pressemitteilung, die amerika21 vorliegt.

Auch das "Ausbleiben einer internationalen Überprüfung der verwendeten Wahlsoftware vor dem Urnengang am Sonntag und die verfassungswidrige Einmischung ranghoher Militärs in den Wahlkampf werden von Vielen mit Sorge gesehen. Die fragwürdige Absetzung des Bürgermeisters von Medellín trägt deutliche Züge einer Politisierung der Justiz", kritisiert Hunko weiter.

Insgesamt sollen mindestens 27 internationale Organisationen den Wahlprozess beobachten, so der Wahlleiter Alexander Vega.

Italienische Parlamentarier:innen forderten freie und friedliche Wahlen in Kolumbien. Sie äußerten ihre "tiefe Besorgnis über die zunehmende politische Gewalt und die Einmischung in die Präsidentschaftswahlen".

Betroffen seien nicht nur politische Persönlichkeiten. Es gehe auch um die über 50 Sozialaktive, Gewerkschaftler, Vertreter von indigenen Gemeinden und Kleinbauernbewegungen und Umweltschützer, die in diesem Jahr ermordet wurden. "Italien kann nicht schweigen. Wir haben einen hohen Preis für den Frieden in Kolumbien bezahlt". Die Parlamentarier:innen beziehen sich auf den jungen Mitarbeiter der Vereinten Nationen, Mario Paciolla, der unter ungeklärten Umständen in Kolumbien starb.

Auch 24 US-Kongressmitglieder haben den US-Außenminister, Antony Blinken, aufgefordert, von der Regierung Duque "Unparteilichkeit und Respekt" für die Wahl der Kolumbianer:innen zu verlangen. Sie seien besorgt, weil die Nationale Wahlbehörde (Registraduría Nacional) die erforderlichen Maßnahmen, um die Fehler bei den Kongresswahlen im März zu beheben, nicht ergriffen habe. Seinerzeit waren circa 700.000 Stimmen nicht gezählt worden. Ein weiterer Grund zur Besorgnis seien die ernstzunehmenden Morddrohungen gegen die aussichtsreichsten Präsidentschafts- und Vizepräsidentschaftskandidat:innen, Gustavo Petro und Francia Márquez.