Die ersten 100 Tage der linken Regierung in Kolumbien: Zustimmungsrate bei 61 Prozent

Petro bilanziert Start seiner Regierung bei Sozialpolitik, Agrarreform, Frieden und Außenpolitik.Viel direkter Austausch mit der Bevölkerung

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Zu den Erfolgen zählt die Beteiligung von rund 200.000 Personen bei der Erstellung des Nationalen Entwicklungsplans in 34 Regionen
Zu den Erfolgen zählt die Beteiligung von rund 200.000 Personen bei der Erstellung des Nationalen Entwicklungsplans in 34 Regionen

Bogotá. Die erste linke Regierung der Geschichte Kolumbiens hat 100 Tage im Amt gefeiert. Laut der Umfragefirma Centro Nacional de Consultoría (CNT) liegt das positive Image des Präsidenten Gustavo Petro bei 61 und das negative bei 23 Prozent. Bei einer Pressekonferenz zu dem Anlass zählte Petro 50 Erfolge in den drei Hauptaktionsbereichen seiner Regierung auf: Der Klima- und sozialen Gerechtigkeit sowie dem Frieden.

Obwohl andere Meinungsforscherinstitute wie Invamer über eine niedrigere Zustimmungsquote von 49,7 Prozent berichten, ist die positive Wahrnehmung Petros viel höher als die seines Vorgängers Iván Duque. Nach 100 Tagen im Amt lag die Zustimmung für Duque bei 38 Prozent und die Ablehnung bei 58 Prozent.

Zu den Erfolgen zählt die Regierung die Beteiligung von rund 200.000 Personen bei der Erstellung des Nationalen Entwicklungsplans (PNR) für die nächsten vier Jahre in 34 Regionen, auch als "verbindliche regionale Dialoge" bekannt. Es fehlen noch 16 Dialoge, bei denen Regierungsdelegierte bis Ende des Jahres Bedürfnisse und Vorschläge der lokalen Bevölkerung zusammentragen. Dabei erwartet Petro die Teilnahme von weiteren 100.000 Personen. Diese partizipative Ausarbeitung des PNR ist eine Neuheit in Kolumbien.

Auch die Agrarreform im Sinne des im Jahr 2016 unterschriebenen Friedensvertrags ist laut Petro erfolgreich gestartet. Das Landwirtschaftsministerium erteilte Landtitel über 807.000 Hektar an Tausende Kleinbauernfamilien. Auch Ländereien, die von den Drogenmafias beschlagnahmt wurden, hat die Regierung unter Kleinbäuer:innen verteilt. Ebenso habe das Ministerium günstige Kleinkredite in Höhe von 744 Milliarden Pesos (circa 143 Millionen Euro) an 120.000 kleine Agrarproduzierende gegeben.

Die Verbesserung von 18.000 Wohnungen von Familien auf dem Land und in Slums der Städte seien erste Erfolge der Sozialprogramme der Regierung, Ziel sind 100.000 Wohnungen. Auch das Hilfsprogramm für die Unterstützung von 1,5 Millionen jungen alleinerziehenden Müttern mit einem halben monatlichen Mindestlohn ist angelaufen.

Dem Bergbauministerium ist es gelungen, die Stromunternehmen zu einer Senkung der Stromtarife landesweit zu bringen. Dies sei jedoch noch nicht genug, klagte Petro, weil die Stromunternehmen mit dem Preis immer noch spekulierten. Er sieht in der Senkung der Strompreise einen der Schlüssel zur Bekämpfung der hohen Inflation von mehr als zwölf Prozent.

Die erste progressive Steuerreform (amerika21 berichtete) und der Start eines präventiven Gesundheitsmodells benannte der Präsident als weitere Erfolge.

Petro verwies auch auf die Fortschritte bei der Umsetzung des "totalen Friedens". Am kommenden Montag sollen die Gespräche mit der ELN-Guerilla starten. Die Mehrheit aller bewaffneten Gruppen befindet sich aktuell in einem einseitigen Waffenstillstand. Das Sinken der Mordrate um vier Prozent bezeichnete der Präsident als "noch immer viel zu wenig".

Die Regierung änderte gleichzeitig die Militärpolitik. Die Sicherheitskräfte fokussieren sich jetzt auf die Bekämpfung des Drogenexports, anstatt die Kokabauern zu verfolgen und deren Anpflanzungen mit Glyphosat zu besprühen. In der Pressekonferenz im Präsidentenpalast sagte Petro, seine Regierung wolle diejenige treffen, die früher "durch diese Korridore spazierten, während sie auf dem Land die Kleinbauern mit Giften übergossen".

In der Außenpolitik sei es Kolumbien gelungen, Änderungen in der Klima- und Drogenpolitik zur Debatte zu stellen und Unterstützung für seine Friedenspolitik zu gewinnen, so Petro. Reformen der multilateralen Entwicklungsbanken seien nötig. Zum Beispiel der Erlass der Außenschulden, damit der Globale Süden Ressourcen für klimafreundliche Programme bekommt.

Der Vorschlag habe beim US-Klimabeauftragten John Kerry Gehör gefunden, berichtete Petro. Kerry spreche über die Senkung der Auslandsschulden der armen Länder um hunderte von Milliarden US-Dollar.

Jedenfalls will Kolumbien Ende Januar zusammen mit Brasilien, Surinam, Peru, Venezuela und Frankreich tagen, um einen gemeinsamen Plan zum Schutz des Amazonas-Regenwaldes zu entwickeln.

Der Abhängigkeit von Kohle, Gas und Erdöl, die Kriegen wie dem in der Ukraine zugrunde läge, "sei nicht zu applaudieren", mahnte Petro. Ende November wolle eine große Gruppe von lateinamerikanischen Regierungsoberhäuptern eine gemeinsame Erklärung herausgeben. Das Botschaft sei: "Wir sind für den Frieden in der Welt".