Kolumbien / Politik

Interner bewaffneter Konflikt in Kolumbien: Mehr als 104.000 Verschwundene

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Die Behörde zur Suche nach Verschwundenen (UBPD) hat in den letzten fünf Jahren über 900 humanitäre Missionen durchgeführt
Die Behörde zur Suche nach Verschwundenen (UBPD) hat in den letzten fünf Jahren über 900 humanitäre Missionen durchgeführt

Villaviciencio/Bogotá. Die Behörde zur Suche nach Verschwundenen (Unidad de Búsqueda de Personas dadas por Desaparecidas, UBPD) in Kolumbien hat mitgeteilt, dass ihrer neuesten Schätzung nach während des bewaffneten Konflikts 104.602 Personen verschwunden sind.

Die UBPD ist Teil des Systems für Wahrheit, Gerechtigkeit, Reparation und Nichtwiederholung, das im Friedensvertrag zwischen der ehemaligen Farc-Guerilla und der kolumbianischen Regierung vereinbart wurde. Gemeinsam mit der Sonderjustiz für den Frieden und der Wahrheitskommission soll die UBPD die Opfer des Konflikts in den Mittelpunkt stellen (amerika21 berichtete).

Bei einer öffentlichen Anhörung in Villaviciencio (Departamento Meta) erklärte die Leiterin der Behörde, Luz Marina Monzón, dass sie das Mandat hätten, um die humanitäre und außergerichtliche Suche nach verschwundenen Personen zu leiten und zu koordinieren.

Die Erhebung der Zahlen erfolge aus einer "Zusammenführung von Informationen aus Datenbanken des Staates, von Organisationen der Zivilgesellschaft, internationalen Institutionen und Suchanfragen der UBPD".

"Dies ist ein Werkzeug, geschaffen zur Unterstützung der Suche und deshalb ist die fundierte Information so wichtig, weil wir nicht nur über eine Zahl verfügen, sondern auch wissen, wer diese Personen waren",  fügte Monzón hinzu.

Die Anzahl der verschwundenen Personen während des bewaffneten Konflikts könne noch weiter steigen, je nachdem ob es gelinge, Zugang zu mehr Informationen zu erhalten. Die UBPD führte ihre Recherchen landesweit in 384 Gemeinden mittels 28 regionalen Suchplänen.

Die Direktorin informierte, dass ihre Behörde ein Nationales Register über Massengräber, illegale Friedhöfe und Grabstätten erarbeitet habe. So konnten über das ganze Land verteilt 5.307 mögliche Orte eruiert werden, wo sich Leichname von verschwundenen Personen befinden könnten,

Unter den Opfern waren beispielsweise Kleinbauern, Führungspersönlichkeiten im sozialen und kommunalen Bereich, Kinder, Jugendliche, Indigene und Afrokolumbianer.

Insgesamt seien in den letzten fünf Jahren 918 humanitäre Missionen durchgeführt worden, dabei wurden 746 Leichen aufgefunden. Insgesamt 178 von ihnen  konnten identifiziert und den Angehörigen in würdigem Rahmen übergeben werden. Elf Personen wurden lebend aufgefunden.

Als wichtige künftige Aufgabe bezeichnete die UBPD-Direktorin die Schaffung von humanitären Korridoren. Damit könnte die Suche nach verschwundenen Personen in Gebieten, in denen bewaffnete, illegale Gruppierungen aktiv sind, beschleunigt werden.

Was die Anzahl der verschwundenen Personen betrifft, so gibt es verschiedene Berechnungen und Schätzungen. Die Online-Zeitung Cambio wies darauf hin, dass die Zahl gemäß Centro Nacional de Memoria Histórica 80.742 betrage, die Unidad de Víctimas beziffere sie mit 50.911 und Medicina Legal mit 171.796.