Venezuela: Regierung lanciert von China unterstütztes Programm gegen Armut

Allianz zur Armutsbekämpfung ist Teil von 31 Kooperationsabkommen zwischen Venezuela und China. Wirtschaftsreformen haben Ungleichheit verschärft

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Die „Misión Igualdad y Felicidad Social“ soll die chinesischen Erfahrungen an die Realität des karibischen Landes anpassen
Die „Misión Igualdad y Felicidad Social“ soll die chinesischen Erfahrungen an die Realität des karibischen Landes anpassen

Caracas. Die venezolanische Regierung hat ein neues Sozialprogramm zur Bekämpfung von Armut und Ungleichheit angekündigt, das vom Internationalen Zentrum für Armutsbekämpfung in China unterstützt wird.

Die "Misión Igualdad y Felicidad Social" (Mission soziale Gleichheit und Glück) soll die chinesischen Erfahrungen an die Realität des karibischen Landes anpassen, um Armut und Ungleichheit zu bekämpfen.

Am Montag sagte Präsident Nicolás Maduro in seiner wöchentlichen Fernsehsendung, dass das Sozialprogramm "fast fertig" sei. Sein Hauptziel bestehe darin, "den Kampf gegen Ungleichheit und Armut zu optimieren und ein harmonischeres Land aufzubauen".

Obwohl Maduro keine Details nannte, betonte er, dass das Sozialprogramm mit dem chinesischen Zentrum für Armutsbekämpfung zusammenarbeiten werde. Die von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) geführte Regierung hat seit 1980 mehr als 850 Millionen Menschen in dem asiatischen Land aus der Armut geholt.

"1981 lebten fast 90 Prozent der chinesischen Bevölkerung unter der absoluten Armutsgrenze, wie sie von der Weltbank gemessen wird", erklärte der Staatschef. "2019 lag diese Zahl bei unter einem Prozent und Ende 2020 hat die chinesische Regierung die Beseitigung der Armut im Land verkündet."

Chinas Erfolgsgeschichte bei der Armutsbekämpfung ist weltweit anerkannt, da sie mit einem anhaltenden Wirtschaftswachstum und einer raschen Industrialisierung einherging. Peking hat zudem Bündnisse mit Ländern des Globalen Südens geschlossen, um die sozioökonomische Zusammenarbeit zu fördern.

Das neue Sozialprogramm Venezuelas folgt auf die jüngste Reise Maduros nach China, wo er mit Präsident Xi Jinping zusammentraf, um, wie Jinping sagte, eine "strategische Allwetter-Partnerschaft" zu begründen. Diese Bezeichnung ist nur wenigen bevorzugten Partnerländern der Volksrepublik China vorbehalten. Die beiden Regierungen unterzeichneten 31 Kooperationsabkommen. Zu den wichtigsten gehören die Unterstützung Chinas für die venezolanischen Sonderwirtschaftszonen, die Armutsbekämpfung und die Stärkung des nationalen Stromnetzes und des öffentlichen Gesundheitssystems.

Maduro stellte klar, dass die chinesische Erfahrung an die Realität des karibischen Landes, seine Kultur und die wichtigsten Bedürfnisse der Menschen angepasst werde.

Derzeit gibt es in Venezuela keine offiziellen Daten zu Armut und Ungleichheit. 2014 stellte die Regierung die Veröffentlichung von Zahlen ein, als das Land in eine Wirtschaftskrise geriet, nachdem die Ölpreise eingebrochen waren und die Hyperinflation die Kaufkraft der Erwerbstätigen zunichte machte. Die Situation wurde durch die Verhängung einseitiger Zwangsmaßnahmen durch die USA und ihre Verbündeten als Teil einer Strategie des "Regime Change" noch verschärft.

Die gegen den Karibikstaat verhängten Sanktionen richten sich gegen alle Schlüsselsektoren der Wirtschaft, insbesondere gegen die Ölindustrie, die Haupteinnahmequelle des Landes.

2017 verhängte das US-Finanzministerium Sanktionen gegen die staatliche Ölgesellschaft PDVSA, gefolgt von einem Ölembargo im Jahr 2019. Washington verbot auch die Einfuhr von Verdünnungsmitteln und Treibstoff, was die Treibstoffknappheit verschärfte und die Stromerzeugung und landwirtschaftliche Produktion beeinträchtigte.

Als Reaktion auf die von den USA verhängte Blockade führte die venezolanische Regierung ein hybrides wirtschaftliches Liberalisierungsprogramm und eine De-facto-Dollarisierung durch, während sie gleichzeitig ihre Bemühungen zur Diversifizierung der Wirtschaft und zur Steigerung der Einnahmen außerhalb des Ölsektors vorantrieb. Infolgedessen begann die Wirtschaft im Jahr 2021 nach sieben Jahren der Abwärtsbewegung wieder zu wachsen. Die Inflation ging auf den niedrigsten Stand seit fast einem Jahrzehnt zurück, und kleine Privatunternehmen expandierten.

Einige Analysten machen jedoch darauf aufmerksam, dass diese Wirtschaftsreformen zu einem erheblichen Anstieg der Ungleichheiten beigetragen haben, da die Vorteile für den Privatsektor zunehmen, die Arbeit de-reguliert wird und die Löhne der Beschäftigten im öffentlichen Dienst stagnieren. Der Mindestlohn liegt derzeit bei 130 Bolívares (etwa fünf US-Dollar).

Präsident Maduro ist nicht direkt auf die Klagen der Staatsangestellten, insbesondere des Bildungssektors, über niedrige Löhne und den Verlust von Sozialleistungen eingegangen. Die Lehrkräfte hatten zuletzt gemeinsam mit den Beschäftigten des Industriesektors Proteste organisiert. Die Regierung führt derzeit einen Dialog mit den Gewerkschaften über Gehaltsanpassungen, wobei die Internationale Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) vermittelnd tätig ist.

In letzter Zeit hat sich die venezolanische Regierung vor allem darauf konzentriert, Probleme mit der Lebensqualität zu lösen, indem sie marode Schulen und Krankenhäuser renoviert und Probleme im öffentlichen Dienstleistungssektor mit Hilfe des "Sistema 1x10 del Buen Gobierno" angeht. Die Initiative ermöglicht es den Menschen, Probleme in ihren Gemeinden über eine digitale App anzuprangern und so die bürokratischen Abläufe zu umgehen, um eine schnelle Antwort zu erhalten.

Dem jüngsten Bericht zufolge wurden seit dem Start des App-basierten Programms fast 1,5 Millionen Fälle bearbeitet. Die meisten Probleme betreffen Wasser, Strom, Straßen, Internetverbindungen und die Versorgung mit Kochgas.

Während der Amtszeit des 2013 verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez (1999-2013) sank die Einkommensarmut der Haushalte von 42 Prozent im Jahr 1999 auf 27,3 Prozent im Jahr 2013. Gleichzeitig sank die strukturelle Armut von 29,3 Prozent im Jahr 1999 auf 19,6 Prozent im Jahr 2013. Dieser Erfolg ist auf eine Reihe von Sozialprogrammen zurückzuführen, einige davon wurden in Kooperation mit Kuba durchgeführt.