Kolumbien / Medien / Politik

Vicky Dávila neue Kandidatin der Ultrarechten für das Präsidentenamt in Kolumbien

Zeitschrift Semana im "Fox-News-Stil" als Sprungbrett. Sie ist Fan von Ex-Präsident Uribe, wird von Bankier unterstützt. Schwiegerfamilie mit Paramilitärs verstrickt

vicky_davila_collage.png

Rechts Karikatur von Cizañero gepostet von @XPost1A. Politikexperte: "Im Zeitalter von Bukele, Milei und Trump wäre es dumm, Vicky Dávila zu unterschätzen"
Rechts Karikatur von Cizañero gepostet von @XPost1A. Politikexperte: "Im Zeitalter von Bukele, Milei und Trump wäre es dumm, Vicky Dávila zu unterschätzen"

Bogotá. Vicky Dávila, Direktorin der prominenten ultrarechten Zeitschrift Semana, will Präsidentin von Kolumbien werden. Seit langem werfen ihr Politiker:innen und Meinungsführer:innen vor, unter dem Mantel des Journalismus ihre Wahlkampagne voranzutreiben. Bis vor kurzem hatte Dávila solche Vorwürfe zurückgewiesen. "Ich bin Journalistin. Ich mache keine Politik mit Journalismus", wiederholte sie immer wieder. Nun hat sie ihren Job bei Semana gekündigt, um sich auf die Präsidentschaftswahlen vorzubereiten.

Dávila ist bekannt für ihre Lobpreisungen des ehemaligen Präsidenten Álvaro Uribe (2002-2010). Sie nutzt die Zeitschrift, um den ultrarechten Politiker im laufenden Strafprozess zu verteidigen. Gleichzeitig greift die Zeitschrift die progressive Regierung von Gustavo Petro permanent mit tendenziösen und falschen Informationen an. Viele Stimmen in der Öffentlichkeit sehen daher in Semana das Bollwerk der ultrarechten Kreise und der "Anti-Petristas".

Trotz ihrer offensichtlichen Affinität zu rechtsradikaler Politik will Dávila bei den Wahlen 2026 als "unabhängige" Kandidatin antreten. Der Bankier und Eigentümer von Semana, Gabriel Gilinski, gilt als Dávilas wichtigster Unterstützer. Sein Vater Jaime Gilinski ist laut Forbes die zweitreichste Person Kolumbiens.

Gabriel Gilinski wurde 2020 zum vollständigen Eigentümer von Semana. Davor hatte die Zeitschrift die politische Mitte vertreten und durch investigativen Journalismus mehrere Skandale über die Machenschaften von Politiker:innen und von Militärs enthüllt. Mit dem neuen Besitzer und Dávila als neuer Direktorin veränderten sich jedoch die journalistischen Standards.

Daraufhin reichten alle Enthüllungsjournalist:innen und Kolumnist:innen der politischen Mitte ihre Kündigung ein. Einer von ihnen erzählte, Gilinski habe ihm gesagt, er wolle aus Semana eine Art "Fox News auf kolumbianisch" machen.

Seitdem herrscht in der Zeitschrift, deren digitale Version immer wichtiger wurde, "die Tyrannei des Likes", beobachten Medienexpert:innen. Dabei "spielt es keine Rolle, ob die Informationen falsch, belanglos oder irrelevant sind", so eine Kolumne der Zeitung El Espectador. Semana sei zu einem "parteiischen und skrupellosen Medium der Desinformation" geworden. Es verbreite Hasskampagnen und schüre Sensationslust, erklärt das unabhängige Portal La Oreja Roja.

Semana nutze "Polarisierung und Angst, um ein unkritisches und ideologisch verwandtes Publikum zu gewinnen", sagt ein europäischer Reporter gegenüber elDiario.es. Auf dieser Basis baute sich Dávila als Oppositionelle gegen Präsident Petro auf.

Die 51-jährige Journalistin ist mit einem Mitglied des Gnecco-Clans verheiratet. Gegen mehrere Mitglieder dieser Familie wurde wegen Korruption, Verbindungen zu paramilitärischen Gruppen und Drogenhandel ermittelt. Einige von ihnen wurden verurteilt, darunter Dávilas Schwiegervater, Lucas Gnecco Cerchar.

Bei der Bekanntgabe ihres Rücktritts von Semana erklärte Dávila in einer 15-minütigen Rede, der Drogenhandel "und seine korrupte Macht sind heute mächtiger und tödlicher als je zuvor". Weiter bezeichnete sie die ehemalige Farc-Guerilla als "kriminelle Organisation" und brüstete sich damit, deren Führung während des Friedensdialogs in Havanna als Journalistin nie besucht zu haben.

Sie lobte die "Macht der Familie" und ihre Werte und dankte Gott für die Kraft, die er ihr gegeben habe. "Heute kennen die Kolumbianer Petro und seinen engsten Kreis besser, vor allem dank der Arbeit, die wir Journalisten von Semana geleistet haben", sagte Dávila in ihrer Rede.

Umfragen zufolge ist sie aktuell eine der vier beliebtesten möglichen Präsidentschaftskandidat:innen. Laut Invamer bekäme sie 7,7 Prozent der Stimmen, hinter Politiker:innen der politischen Mitte und der konservativen Parteien. Sie wäre die Spitzenkandidatin der Ultrarechten, obwohl auch andere Rechtsradikale wie Miguel Turbay, Maria Fernanda Cabal und Paloma Valencia von der Partei Centro Democrático schon viel länger ihre Absichten angekündigt hatten, für die Präsidentschaft zu kandidieren. Die möglichen Kandidat:innen des Regierungsbündnisses Pacto Histórico würden aktuell hinter Dávila liegen.

"Es wäre dumm, Vicky Dávila zu unterschätzen. Ja, sie wirkt wie eine Karikatur. Und sie ist eine Uribista, eine Kriegstreiberin, größenwahnsinnig, eine Söldnerin der Banker. Aber dies ist das Zeitalter von Bukele, Milei und Trump. Sie weiß, dass es heute nichts Vorteilhafteres gibt, als reaktionär und lächerlich zu sein", urteilt der linke Politikexperte Iván Olano.