Brasilien / Umwelt

Brasilien: Weltgrößter Fleischkonzern JBS kann Abholzung Amazoniens nicht wie versprochen eindämmen

Rinderzucht Hauptursache für Rodung. Vielfältige Probleme beim Erreichen der Null-Entwaldungsziele

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"JBS Profite - Brennende Wälder", Protest von Greenpeace gegen den Fleischkonzern JBS
"JBS Profite - Brennende Wälder", Protest von Greenpeace gegen den Fleischkonzern JBS

Brasilía. Der Fleischkonzern JBS S.A. kann sein Ziel, bis Ende 2025 Rindfleisch in Amazonien nur noch aus rodungsfreier Herkunft zu beschaffen, wohl nicht einhalten.

Das geht aus einer neuen Untersuchung von Guardian, Unearthed und Repórter Brasil hervor. Hier enthüllen über 35 Insider Zweifel, dass JBS in der Lage sei, seine Null-Entwaldungsziele zu erreichen. Die interviewten Viehzüchter und Gewerkschaftsführer vertreten tausende Agrarbetriebe in den Bundesstaaten Pará und Rondônia, auf die 66 Prozent der Entwaldung im Amazonasgebiet seit 1988 entfielen.

Die Rodung für die Viehzucht zur Rindfleischproduktion ist die Hauptursache für die Abholzung des Walder in Amazonien. Wissenschaftler:innen warnen seit langem, dass die Waldzerstörung die Region an einen Kipppunkt bringt, der die grüne Lunge der Erde von einer Kohlenstoffsenke zu einem CO2-Emittenten umkehrt (amerika21 berichtete).

Der globale Konzern JBS hat die Kapazität, täglich 76.000 Rinder, 14 Millionen Hühner und 142.000 Schweine zu schlachten. Der Konzern beliefert Unternehmen wie McDonald's, Tesco und Walmart, erzielte 2024 einen Jahresumsatz von 77 Milliarden US-Dollar und plant derzeit eine Aktien-Notierung an der New Yorker Börse.

Den interviewten Bauerngewerkschaften, Landwirten und ihren Abnehmern zufolge hat JBS zwar ebenso wie die Viehzüchter den Willen, dass Rinder nur noch aus abholzungsfreier Produktion stammen sollten. Aber das Ziel sei unerreichbar aufgrund zahlreicher ungeklärter Landkonflikte.

Auch das Problem illegaler "Viehwäsche" (cattle laundering, d.h. betrügerische Etikettierung von Rindern aus Neurodungen als "entwaldungsfrei") könne nicht rechtzeitig gelöst werden. So gaben indirekte Zulieferer zu, über Zwischenhändler die problematische ökologische Herkunft ihrer Herden zu "bereinigen". Mehrere Erzeuger prognostizierten, dass auch ein neues Rückverfolgungssystem Schlupflöcher eröffnen würde, wie beispielsweise die Schlachtung an anderen Orten und den Verkauf des Fleisches – anstelle lebender Rinder – zu niedrigeren Preisen an JBS.

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JBS bestritt dem Guardian gegenüber die Rechercheergebnisse. Es könnten keine Schlüsse aus einer begrenzten Stichprobe gezogen werden, da JBS über 40.000 registrierte Lieferanten habe. Obwohl die Herausforderungen immens und für einzelne Unternehmen allein nicht lösbar seien, verfüge JBS über ein solides Paket integrierter Politiken, die die Entwaldungsrisiken wesentlich und positiv verringern könnten. JBS hat seine Lieferkette noch nicht final abgebildet, habe aber bereits über 80 Prozent seiner jährlichen Rinderkäufe auf einer transparenten, Blockchain-fähigen Vieh-Webplattform verbucht.

Laut Adelosmar "Ticão" Orio von der Gewerkschaft ländlicher Erzeuger von Tucumã-Ourilãndia machten es logistische Herausforderungen wie zum Beispiel der Bedarf an Spezialausrüstung wie Ohrtrackern und Satelliten-gestützten Systemen unmöglich, das JBS-Versprechen bis Jahresende einzuhalten. Nicht einmal JBS wisse, wie die Rückverfolgbarkeit umgesetzt werden solle.

Kleinere und mittlere Rinderzüchter trügen den größten Teil der Last, während JBS und die Regierung nicht genug täten, um das neue Nachverfolgungssystem zu erklären und technologische Unterstützung bereitzustellen. Der Gouverneur von Pará, Helder Barbalho räumte ein, dass es Widerstand gebe und vor allem kleine Produzenten mehr Unterstützung benötigten.

Die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James reichte 2024 eine Klage ein, in der sie JBS beschuldigte, Konsument:innen mit "Klimazielen" zwecks Umsatzsteigerung in die Irre zu führen.

2022 hatte Brasiliens Indigenen-Dachverband Apib gegen eine französische Supermarktkette geklagt, die Fleisch von JBS verkaufte (amerika 21 berichtete).

Eine überparteiliche Gruppe von 15 US-Senator:innen hat die Börsenaufsichtsbehörde SEC aufgefordert, den JBS-Antrag auf Börsennotierung abzulehnen. Laut einem offenen Brief von 2024 hätten Dutzende journalistischer und NGO-Berichte gezeigt, dass JBS mit mehr Zerstörung von Wäldern und anderen Ökosystemen in Verbindung gebracht wird als jedes andere Unternehmen in Brasilien.