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Uruguay: Cannabis vom Staat – der regulierte Genuss

Seit einem Jahr wird in Uruguay staatliches Cannabis verkauft. Es war der letzte Schritt in einem fünfjährigen Regulierungsprozess. Zeit für eine erste Bilanz

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Kundgebung für die ärztliche Verordnung von Cannabis in Montevideo
Kundgebung für die ärztliche Verordnung von Cannabis in Montevideo

Seit einem Jahr wird in Uruguay staatliches Cannabis verkauft. Es war der letzte Schritt in einem fünfjährigen Regulierungsprozess. Zeit für eine erste Bilanz

Malvín Norte ist ein Stadtteil im Nordosten von Montevideo, abseits des Zentrums und der Strandpromenade. Hier liegt, zwischen einer Tierarztpraxis und einem kleinen Kiosk, die Pitágoras-Apotheke. Im Juli letzten Jahres war sie eine der wenigen in Uruguay, in der man das staatliche Cannabis bekommen konnte, über das in aller Welt berichtet wurde.

Der Verkauf durch die Apotheken, der vor einem Jahr startete, leitete die letzte Phase eines nun knapp fünf Jahre andauernden Regulierungsprozesses ein. Zuvor erlaubte man registrierten Cannabisnutzern bereits den heimischen Anbau von bis zu sechs Pflanzen oder die Mitgliedschaft in sogenannten Cannabis-Clubs, in denen gemeinschaftlich gezüchtet wird. Abgeschlossen ist der Prozess noch nicht. Denn zum Gesetz gehört neben der Entkriminalisierung der Nutzer und der Förderung der öffentlichen Gesundheit auch die Stärkung der Sicherheit der Bevölkerung. Eines der Hauptziele des Gesetzes war und ist es, den Dealern den Markt zu entziehen und die Drogenkriminalität zu senken.

Malvín Norte ist dafür der richtige Ort. In dem Viertel sind die Drogenclans hochaktiv, Raubüberfälle und Tötungsdelikte liegen über dem Durchschnitt, der Schwarzmarkt beginnt vor der Haustür. Und die Pitágoras-Apotheke? Hat den Verkauf einen Monat später wieder eingestellt. Aber nicht aus Angst vor den Dealern, wie eine Angestellte betont, sondern "wegen der Banken, mit denen die Apotheke zusammenarbeitet. Sie erlauben uns nicht, Cannabis zu verkaufen."

Neben der Pitágoras-Apotheke haben fünf weitere ihre Lizenz wieder abgegeben. Ihre Banken haben ihnen ein Ultimatum gestellt: Entweder sie beenden den Verkauf der Droge oder ihr Konto wird gesperrt. Die uruguayischen Geldinstitute reagierten damit auf Drohungen US-amerikanischer Banken, mit denen sie zusammenarbeiten. Der Patriot Act verbiete es ihnen, finanzielle Beziehungen zu Firmen zu pflegen, die Substanzen wie Marihuana verkauften.

Dieser erste Rückschlag kam schnell und traf hart, hat doch niemand damit gerechnet. Immerhin florieren die Geschäfte mit Marihuana in US-Bundesstaaten wie Colorado oder Washington, obwohl der Handel per Bundesgesetz weiterhin verboten bleibt. "Das Bankenproblem war ein Verzögerungsfaktor", sagt Marcos Baudean. Der Sozialwissenschaftler ist Teil des Teams von Monitor Cannabis, einer Evaluierungsplattform, die wissenschaftliche Erkenntnisse sammelt, erhebt und verbreitet, die im Zusammenhang mit der Cannabisregulation stehen. Den Verkauf durch die Apotheken bewertet er als einen Hauptaspekt für das Fortschreiten des Regulationsprozesses.

Zurzeit gibt es im gesamten Land 14 lizensierte Apotheken. Gras bekommt man in der Regel nur gegen Bargeld. Wenn überhaupt. Denn von den vier Tonnen, die pro Jahr angebaut werden dürfen, wurde im letzten Jahr knapp eine verkauft. Nicht wegen fehlender Nachfrage – mittlerweile gibt es über 25.000 registrierte Konsumenten – sondern aufgrund von Lieferengpässen. "Wenn diese Probleme überwunden sind und die Produktion und legale Distribution steigen", so glaubt Baudean, „wird die überwältigende Mehrheit des Cannabismarktes für Erwachsene legal sein.“

Noch gibt es sie aber, die langen Schlangen. An manchen Verkaufstagen können die Apotheken ihre Kunden gar nicht versorgen oder müssen die Wartenden ab Mittag wieder nach Hause schicken. Dabei stehen ihnen zehn Gramm Marihuana pro Woche zu.

Kontrolle ist gut, Heimanbau ist besser

Jonathan möchte sich gar nicht erst in eine solche Schlange einreihen. Er baut lieber selbst an. Er ist Mitglied in einem von 99 Cannabis-Club. Da er dort aber bislang noch keine Blüten ernten konnte, züchtet er noch ein paar Hanfpflanzen in seiner Wohnung. Unangemeldet, denn beides gleichzeitig lässt das Gesetz nicht zu. Das staatliche Marihuana wolle er nicht kaufen. "Die Blüten scheinen mir von minderer Qualität und Auswahl gibt es auch kaum", sagt der 25-Jährige. Er wünsche sich ein breiteres Angebot, so wie in den USA, wo man für gutes Geld auch gute Produkte bekomme.

Die Apotheken bieten bislang zwei Sorten an: Alfa, ein Mix mit überwiegend Indica-Blüten, und Beta, bei dem der Sativa-Anteil größer ist. Cannabis indica wirkt eher sedativ, Cannabis sativa dagegen anregend und psychedelisch. Das Ausmaß der Wirkung hängt ab vom Gehalt der aktiven Substanzen Cannabidiol und dem berauschenden Tetrahydrocannabinol, kurz THC. Letzteres ist in den staatlichen Sorten auf neun Prozent begrenzt. Auch in Zukunft wird es kein Produkt mit mehr als 15 Prozent des Wirkstoffs geben. Marihuana vom Schwarzmarkt enthält, mit wenigen Ausnahmen, auch nicht mehr THC.

Der Weg zum legalen Konsum führt zunächst einmal zur Post. Mitzubringen sind ein Ausweisdokument und eine Meldebescheinigung. Speziell geschulte Postbeamte überprüfen, ob die Voraussetzungen für den Kauf von Cannabis erfüllt sind. Dann scannen sie den Fingerabdruck des Bewerbers ein. Apothekenkunden können sich damit später anonym autorisieren. Anschließend werden noch soziodemographische Daten abgefragt. Auch Jonathan ist ein typischer Konsument: männlich, angestellt, Montevideaner, zwischen 18 und 29 Jahre alt, wenngleich die Heimzüchter im Schnitt etwas älter sind.

Die Zahl der Registrierungen ist seit Verkaufsstart im Juli 2017 kontinuierlich gestiegen. Ursprünglich hatten sich 3.500 Konsumenten angemeldet, inzwischen sind über 20.000 weitere hinzugekommen. Zwei Drittel von ihnen sind regelmäßige Kunden in den Apotheken. Ein großer Teil der Konsumenten bleibt aber skeptisch. In einer Umfrage von 2014 gaben 90 Prozent der befragten Konsumenten an, sie seien für das Gesetz, aber nur knapp ein Drittel hatte vor, sich registrieren zu lassen. Viele trauten dem Register nicht oder sahen schlicht keinen Vorteil gegenüber ihrer derzeitigen Situation.

Marisol Rodríguez ist eine von ihnen. Die 56-Jährige bezeichnet sich selbst als Aktivistin, von dem Gesetz hält sie aber nicht viel: "Das ist genau das Gegenteil von dem, wofür ich kämpfe. Ich bin für freies Marihuana ohne Regulation." Auch Rodríguez baut ihre eigenen Pflanzen an. Das Recht auf Marihuana sei für sie ein unverzichtbares. "In meinem Haus entscheide ich. Ich entscheide, wie viele Pflanzen ich habe und was ich mit meinem Körper tue, nicht der Staat."

Schwarzmarkt und Grauzonen

Der unerlaubte Anbau von Cannabis ist eines von vielen Problemen, das die uruguayischen Behörden kaum unter Kontrolle bekommen. Die Menge an beschlagnahmtem Marihuana ist auf über vier Tonnen pro Jahr gestiegen. Zu überprüfen, ob jemand tatsächlich nur sechs Pflanzen in seinem Wintergarten heranzüchtet, ist Aufgabe des Instituts für die Kontrolle und Regulation von Cannabis (IRCCA), dem dafür gerade einmal sechs Inspektoren zur Verfügung stehen. Die Kontrollen erfolgen nach dem Zufallsprinzip oder aufgrund von Hinweisen. Teilweise sind es Anwohner, die ihre Nachbarn anschwärzen. Im vergangen Jahr wurden 192 Wohnungen inspiziert. Das sind 2,5 Prozent aller Heimzüchter. Hausbesuche sind prinzipiell nur mit Einverständnis des Bewohners oder mit Durchsuchungsbeschluss möglich. Die Cannabis-Clubs sind einfacher zu überwachen. Ihre Zahl ist überschaubar. Jeder zweite muss mit einer Kontrolle pro Jahr rechnen. Im vorletzten Sommer hat die Polizei über 800 Pflanzen eines Clubs beschlagnahmt, der seine Blüten über ein Hostel an Touristen weiterverkauft hatte.

Gerade im Bereich der Kleinkriminalität gibt es kaum Kontrollen. Kleine Deals unter Freunden und Bekannten gehören zum Alltag. Aber eben auch mit Touristen, die an den Stränden von Montevideo oder Punta del Este Urlaub machen und zum Entspannen den einen oder anderen Joint rauchen wollen. Uruguay hat knapp dreieinhalb Millionen Einwohner. Und von genauso vielen Menschen wird es jedes Jahr besucht. In einem aktuellen Bericht der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) wird die Nachfrage der Touristen ähnlich hoch wie die der Einheimischen geschätzt. Ein riesiger Schwarzmarkt, der durch kleine Geschäfte unter Privatpersonen befördert wird. "Das ist ein neues Problem, dass Blüten illegal verkauft werden, die sicherlich aus lokaler Produktion stammen", bestätigt Marcos Baudean von Monitor Cannabis. Das IRCCA ist zurzeit noch zurückhaltend mit Razzien bei Privatpersonen. Man wolle Konsumenten nicht einschüchtern. Wer lässt sich schon gern registrieren, wenn er damit rechnen muss, dass ein paar Tage später die Ermittler vor der Tür stehen?

Wie stark das organisierte Verbrechen durch das Gesetz getroffen wurde, ist schwer einzuschätzen. Aus dem FES-Bericht geht hervor, dass die Menge an illegalem Cannabis, das größtenteils aus Paraguay komme, deutlich reduziert wurde. Das kann auch Baudean bestätigen: "Heute werden vielmehr Blüten aus legalem Anbau konsumiert." Die paraguayische Schmugglerware – Marihuanablüten und -blätter, mitunter auch Ungeziefer, hydraulisch zu grünen Ziegelsteinen gepresst – sei von zweit- oder drittklassiger Qualität. In kurzer Zeit werde der Konsum von Paraguays Schwarzmarktware nur noch "marginal" sein, prognostiziert der Wissenschaftler.

35 Tonnen Marihuana, so schätzt Martín Collazo, ebenfalls Forscher bei Monitor Cannabis, konsumieren die Uruguayer pro Jahr. Davon stammen zehn Tonnen aus kontrolliertem staatlichen oder privatem Anbau. Der Rest, Marihuana im Wert von 33 Millionen Dollar, kommt vom Schwarzmarkt.

Einen Einfluss auf die Drogenkriminalität kann man dem Gesetz nicht absprechen. An der Kriminalstatistik lässt sich dieser aber nicht ohne Weiteres ablesen. Schon 2012, ein Jahr vor Gesetzeseinführung, haben sich die Auseinandersetzungen unter den Kriminellen verschärft. "Die Grundlage der Konflikte ändert sich mit der Nachfrage der Konsumenten und der Drogenpolitik", sagt Baudean. In den vergangenen Jahren sei die Konsumkraft und damit die Nachfrage gestiegen. Der Kampf gegen die Drogenbanden sei ab 2015 gewaltsamer geworden. Man habe sich darauf konzentriert, Drogenumschlagspunkte zu schließen, was das ganz System aufrüttelte und zu Territorialkämpfen zwischen den Dealern führte. Ein Anstieg der drogenassoziierten Delikte in den letzten Jahren kann also als Reaktion auf die schwindende Macht der Clans gewertet werden. Für die Zukunft prognostizieren die Forscher eine Abnahme der Kriminalität.

Weniger Genuss, mehr Medizin

Beim Kampf gegen die Drogenbanden wird die Regierung von Prominenten, wie dem Musiker Jorge Drexler, unterstützt. In kurzen Spots werben sie dafür, "Nein" zum illegalen Drogenhandel zu sagen. Außerdem klären die Videos über die Nebenwirkungen des Cannabiskonsums auf. Das IRCCA koordiniert zusammen mit dem Nationalen Drogenrat, dem Präsidialamt und dem Gesundheitsministerium eine komplette Informations- und Präventionskampagne, die über Fernsehen, Radio und Internet ausgestrahlt wird. Denn noch mehr als den Anteil der Registrierten so weit wie möglich zu erhöhen, wollen sie die tatsächliche Zahl der Konsumenten senken.

Kritiker sagen, dass die Legalisierung langfristig für eine größere Akzeptanz der Droge sorgen wird und Jugendliche früher mit dem Konsum anfangen werden. Ihrer Meinung nach werden am Ende mehr Menschen kiffen als vorher. Wahr ist, dass der Konsum in den letzten Jahren gestiegen ist. Aber der Trend hat schon vor 2013 begonnen. Gaben 2001 noch fünf Prozent der Bevölkerung an, schon einmal Marihuana probiert zu haben, waren es 2014 bereits viermal so viele. Die Regulierung und die damit einhergehenden Präventionskampagnen haben nicht zu einer Reduktion der Zahl geführt. Auch immer mehr Minderjährige rauchen Marihuana. Das durchschnittliche Einstiegsalter liegt bei 19 Jahren. Marcos Baudean stellt aber klar, dass sich weder die Zahl der Intoxikationen, noch die der Todesfälle durch Cannabis geändert habe und beruft sich dabei auf offizielle Zahlen des Nationalen Drogenrats. Zudem betont er, dass die Entstigmatisierung der Cannabisnutzer als positiv zu bewerten sei: "Heutzutage akzeptiert man in Uruguay, dass Marihuanarauchen nicht synonym für Drogenabhängigkeit ist, wie es noch vor ein paar Jahren der Fall war."

Der Konsum von Cannabis kann unter anderem zu Gedächtnisstörungen und Abhängigkeit führen. Neben diesen bekannten Risiken hat es aber auch klare medizinische Indikationen, beispielsweise bei Epilepsie, der Parkinsonerkrankung oder zur Schmerztherapie. Zwar erlaubt es das Gesetz, Kranken medizinisches Cannabis zu verschreiben, aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Zugelassene Arzneimittel gibt es kaum, Cannabisblüten auf Rezept sind eine Rarität. Zurzeit sind in den Apotheken genau zwei Produkte erhältlich, die ausschließlich den Wirkstoff Cannabidiol enthalten.

"Das Problem ist, dass Ärzte zum einen kein Cannabis verschreiben und es andererseits an passenden Produkten in den Apotheken fehlt", bringt es Marisol Rodríguez auf den Punkt. Sie betreut selbst Patienten, die sie über soziale Netzwerke gefunden haben. "Ich bin keine Ärztin, keine Schamanin, keine Quacksalberin. Die Leute konsultieren mich, weil ich mich mit medizinischem Cannabis befasse." Entsprechend ihres Leidens und ihrer Krankengeschichte behandele Rodríguez ihre Klienten mit Cannabisölen. Ihrer Meinung nach müsse es viel mehr Produkte auf dieser Basis geben.

Nach einer aktuellen Umfrage von Monitor Cannabis sprechen sich 90 Prozent der Uruguayer für den therapeutischen Gebrauch der Pflanze aus. Ein Viertel hat bereits Cannabis zu medizinischen Zwecken genommen oder ist daran interessiert. Vor allem, weil sich ihre Symptome mit herkömmlichen Pharmaka nicht ausreichend lindern lassen oder sie die Zahl ihrer Medikamente reduzieren wollen. Rodríguez fordert von den Ärzten, dass sie ihren hippokratischen Eid ernst nehmen und auch die Anwendung von Marihuana und seinen Derivaten in ihr Behandlungsrepertoire integrieren. Laut der Studie ist das ein wichtiger Aspekt zur Implementierung von medizinischem Marihuana. Die Impulse für eine Cannabis-basierte Therapie kämen aktuell nicht aus den Sprechzimmern, sondern rührten von Empfehlungen aus dem Familien- und Bekanntenkreis. Dementsprechend hoch sei der Anteil derer, die sich ihr Heilkraut selbst anbauen. An Qualitätsstandards, die man für medizinische Produkte ansetzt, kommt man da selten heran.

Für die kommenden Monate plant Uruguay die Ausweitung der Cannabisproduktion für Arzneistoffe und den Anbau von nicht-psychoaktivem Hanf. Allein im letzten Jahr wurden 11,3 Millionen US-Dollar für Projekte im Zusammenhang mit Cannabis ausgegeben. Eine wichtige Investition, denn der Bedarf an medizinischem Marihuana ist da und wo es an entsprechenden Produkten in den Apotheken mangelt, versorgen sich die Betroffenen auf dem Schwarzmarkt.

Neben Cremes und Ölen, die als zukünftige Verkaufsschlager gelten, wird auch in Hanfprodukte für Textilien oder als Isolationsmaterial investiert. Hier verspricht man sich die Steuereinnahmen, auf die man beim Apotheken-Cannabis größtenteils verzichtet, um mit den niedrigen Schwarzmarktpreisen konkurrieren zu können.

Ein Gesetz für die Ewigkeit?

Ob das Projekt Zukunft hat, darüber muss die Regierung unter Präsident Tabaré Vázquez entscheiden. Dieser möchte das Gesetz zwar aufrechterhalten, aber nur unter der Prämisse, dass damit tatsächlich die ursprünglichen Ziele, Sicherheit, Gesundheit und Entkriminalisierung, erreicht werden. Das ist er den Uruguayern schuldig. Immerhin waren bei Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2013 noch zwei Drittel der Befragten gegen eine Legalisierung der Droge. Heute überwiegt die Zahl derjenigen, die sich dafür aussprechen, wenn auch nur leicht. Doch die Regierung tut sich schwer damit, Zahlen zu veröffentlichen und Forschung zu fördern. Ihre Institutionen lassen Anfragen unbeantwortet oder erklären die jeweils anderen beteiligten Stellen für zuständig.

In ihrem aktuellen Bericht bewertet FES den Evaluierungsprozess als nicht ausreichend. Es fehle an Daten und selbst wenn solche zur Verfügung stehen, dann seien sie oft nicht vergleichbar, weil die Institutionen unterschiedliche Erhebungsmethoden verwendeten. Ihr Fazit ist vernichtend: "In vier Jahren wurde der Großteil der Komponenten der Cannabisregulation nicht nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten evaluiert, wie es das Gesetz fordert und es schon 2013 während der nationalen Drogendebatte versprochen wurde."

Auch Monitor Cannabis soll zum Ende des Jahres eingestellt werden, die Finanzierung läuft im Dezember aus. Eine Plattform, die verschiedene Forschungsdisziplinen vereint und so umfassend Informationen zu dem Thema sammelt, erhebt und verbreitet, wird es dann nicht mehr geben. Dass die Regierung diese Lücke füllen wird, ist unwahrscheinlich.

Nach knapp fünf Jahren hätten man sich vielleicht ein paar mehr Fortschritte gewünscht. "Viel hat sich nicht geändert, weil hier alles nur schleppend anläuft", resümiert Marisol Rodríguez. "Aber klar, es war ein Fortschritt, wenn auch ein später."