Ecuador und der IWF: "Die dunklen Schwalben werden wiederkehren"

Durch das Abkommen mit dem IWF ist das Land erneut in die Falle geraten, aus der es sich zuvor erfolgreich befreit hatte

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IWF-Chefin Christine Lagarde mit Ecuadors Präsident Lenín Moreno beim Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar 2019
IWF-Chefin Christine Lagarde mit Ecuadors Präsident Lenín Moreno beim Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar 2019

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat die Zahlung von 4,2 Milliarden US-Dollar im Lauf der nächsten drei Jahre an die Regierung von Lenín Moreno im Rahmen des sogenannten Extended Fund Facility (EFF) bewilligt; anders als die traditionellen Stand-by-Kredite ist diese an weniger strukturelle Auflagen gebunden.

Mit dieser Zusage ist der Weg für Kredite in Höhe von fast sechs Milliarden US-Dollar von multilateralen Finanzinstitutionen wie der Lateinamerikanischen Entwicklungsbank (CAF), der Interamerikanischen Bank für Entwicklung (BID), des Lateinamerikanischen Rücklagefonds (Flar) und der Weltbank geebnet.

Durch dieses Abkommen gerät Ecuador erneut in die Falle der Auflagen der sogenannten Bretton Woods-Institutionen, aus der sich das Land zuvor erfolgreich befreit hatte. Ihre Umsetzung war mit dem Sturz des Regimes von Lucio Gutierrez 2005 infolge einer großen Volksmobilisierung gescheitert. Zuvor hatte das Land ein Vierteljahrhundert lang eine Absichtserklärung nach der anderen unterzeichnet (insgesamt 18 zwischen 1961 und 2003, aber die tödlichsten gab es seit den 1980er Jahren). Nach einem unvermeidbaren, anfänglichen Opfer würden Wirtschaft und Gesellschaft auf die ungebremste Entwicklung der Ersten Welt zusteuern, so das Versprechen.

Das Bulletin des IWF greift die Rhetorik der Vergangenheit wieder auf, auch wenn man heute mit Bedacht der Regierung die Verantwortung gibt:

"Der Plan der Regierung zielt darauf ab, eine dynamischere, nachhaltigere und inklusivere Wirtschaft zu schaffen, und beruht auf vier Schlüsselprinzipien: die Wettbewerbsfähigkeit stärken und die Schaffung von Arbeitsplätzen vorantreiben; die Armen und Schwächsten schützen; einen ausgeglichenen Staatshaushalt sichern und die institutionellen Grundpfeiler der Dollarisierung Ecuadors stärken; sowie die Transparenz verbessern und den Kampf gegen die Korruption verstärken. Die Behörden haben einen soliden Plan erarbeitet, der dazu beitragen wird, die Wirtschaft zu modernisieren und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern. An dieser Stelle soll außerdem betont werden, dass dieser Plan […] dem Schutz der Schwächsten besondere Aufmerksamkeit widmet."

Ausnahmslos jede einzelne dieser Absichtserklärungen scheiterte, trotz aller Rechtfertigungen und optimistischen Voraussagen und obwohl diese meist von enthusiastischen Experten und staatlichen Behörden verfasst wurden. Trotz der vernichtenden Schlussfolgerungen des vom IWF selbst eingesetzten Unabhängigen Evaluierungsbüros, das detailliert die theoretischen Fehler der Strukturanpassungsprogramme aufzeigt, wurde die Schuld immer der vermeintlichen, für uns typischen Korruption, dem Mangel an Disziplin und Durchhaltevermögen sowie "der Politik" angehängt.

Diese Darstellung der Ereignisse wurde bei jeder Gelegenheit wiederholt, um die Gesellschaft in Schuldgefühlen und Minderwertigkeitskomplexen zu ertränken und um anschließend die neoliberale Aggression voranzutreiben. So wurden die Bedingungen für die Aushöhlung jeglicher demokratischen Strukturen im Sinne einer technokratischen Diktatur zugunsten der Finanzinteressen geschaffen.

An der Ökonomischen Fakultät der Universidad Central werden seit fast 40 Jahren Flugblätter verteilt, die bereits sehr früh den Diskurs jener Zeit beschrieben, der später von den Parteien Democracia Cristiana (Popular), Social Cristianos, Izquierda Democrática, dem Bucaramismo, der Sociedad Patriótica und anderen Kleinstparteien jeweils leicht abgewandelt immer wieder aufs Neue wiederholt werden: Die Maßnahmen sind "hart aber notwendig", so die jeweilige Regierung. "Hart" für das Volk, "notwendig", um die Profite der nationalen Oligarchie und des Imperiums zu steigern, warnen die Flugblätter, die später bei den Märschen der Frente Unitario de Trabajadores (Einheitsfront der Arbeiter) und von Indigenen- und Bauernbewegungen, Studenten und Bürgern aus verschiedenen Bevölkerungsschichten, verteilt wurden.

Eine Rückkehr zur Wirtschaftspolitik der Bestrafung der Bevölkerung – so lautet der Vorschlag der Regierung und der Massenmedien unter der Komplizenschaft der namhaftesten Vertretern der Wissenschaft. Diese Wirtschaftspolitik gilt als Ausdruck des "technischen" und des "verantwortungsvollen" im Gegensatz zum "demagogischen" und "nicht nachhaltigen" Managements, das die Regierungszeiten von Palacio und Correa einschloss. Die Konstruktion dessen, was zynisch als Post-Wahrheit bezeichnet wird, hat ein neues Niveau an Dreistigkeit erreicht; mit der Rückendeckung von Experten und Intellektuellen aus dem rechten Spektrum, aber auch von Seiten der Linken und sogar einiger sozialer Bewegungen, werden Statistiken unter den Tisch gekehrt und manipuliert, um so Zweifel und Verwirrung über die Realität und die jüngere Geschichte zu stiften. In einer Diskussionsrunde auf einem der wichtigsten Fernsehkanäle wurde sogar gesagt, die Intervention des IWF hätte zu Wachstumsraten über 8 Prozent geführt. Die Wirtschaftsgurus, die eingeladen worden waren, "um die Situation zu klären", bestätigten dies.

Im Gegensazu dazu zeigt ein Screenshot der Statistiken der Weltbank (vom 27. Februar 2019), die man schwerlich der "Correa-Affinität" bezichtigen kann, eine ganz andere Situation: Das Pro-Kopf-Bruttosozialprodukt im Jahr 1980 erholte sich und stieg erst dann an, als die Rezepte des IWF nicht mehr befolgt wurden.

Die Grafik 1 des Screenshots zeigt die Jahre der Verschlechterung des durchschnittlichen Einkommens und die strukturelle Auswirkung – undabhängig von den Personen – der Änderungen in der Wirtschaftspolitik, in den Institutionen und im politischen Kräfteverhältnis (auch als Steuerungsmodus bezeichnet), die verschiedene Akkumulationsregime mit ihrem entsprechenden makrökonomischen Vorgehen ermöglichten.

Andrés Mideros, Ex-Sondersekretär von Präsident Moreno, hat in verschiedenen Seminaren im Institut für Wirtschaftsforschung der PUCE aufgezeigt, dass diese makroökonomischen Veränderungen auch mit einer intensiven (wenn auch, so glaube ich, unzureichenden) Anstrengung zur Umverteilung des Einkommens und der Verbesserung der Kaufkraft einhergingen, zumindest bis zum Jahr 2014, wie von den detaillierten Statistiken dargestellt.

Dieses neue Abkommen mit dem IWF muss genau im Rahmen eines forcierten Wandels des Akkumulationsregimes als Teil einer kontinentalen Agenda gegen die Völker Lateinamerikas verstanden werden. Es ist Teil einer Offensive, um wieder zur Ära der Bestrafung der Gesellschaft zurückzukehren, in der sich das wohlhabendste, weniger als ein Prozent des Landes und ausländische Akteure bereicherten. Die Geschichte wiederholt sich nicht, doch oft reimt sie sich, so ein Sprichwort der "Gringos". 1

Das Zusammenspiel von internen und externen Kräften hatte der Periode des Wachstums und der zaghaften Umverteilungsversuche, gestützt auf die Industrialisierung zur Importsubstitution, ein Ende bereitet, um in den 1980er Jahren der globalen Finanzwirtschaft des Neoliberalismus den Weg zu ebnen. So wie auch jetzt versucht wird, mit den Strukturanpassungsmaßnahmen einen Kontinent zu bestrafen, der es gewagt hat, bescheidene Politiken zur Reduzierung der Armut, zum Aufbau einer Infrastruktur und zur Stärkung des Binnenmarktes zu verfolgen.

Genauso wie in früheren Zeiten soll die Bestrafung auch heute wieder als eine rein "technische" Sache erscheinen, oder höchstens als eine unpersönliche und nicht beabsichtigte Auswirkung "der Märkte". Die Studienprogramme der Mehrheit der Wirtschaftsschulen kehrten den zaghaften Versuchen der vorigen Jahrzehnte, eine lateinamerikanische Denkschule zu entwickeln, den Rücken und fügten sich in den 1980er-Jahren schnell der Mode des akademischen Kolonialismus. Heute unternehmen sie keine großen Anstrengungen mehr, um diese strukturelle Aggression gegen unsere Nationen theoretisch zu rechtfertigen.

Strategische Veränderungen des Regulierungsmodus‘ können eine schmerzhafte und unsichere Entwicklung hin zu einem anderen Akkumulationsregime auslösen, das stärker de-nationalisierend und verarmend wirkt, als die Regime der vorherigen Jahrzehnte, in denen die wirtschaftliche Entwicklung rückläufig war (vgl. Grafik 1). Ein Beispiel dafür ist die von der ecuadorianischen Regierung selbst gestellte, steuerliche Haushaltsfalle, die unnötigerweise zu einer größeren, schnelleren und kostspieligeren Überschuldung, zur Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse, zum Schrumpfen der effektiven Nachfrage, zu Hypotheken auf automatische internationale Arbitragegeschäfte und zu einer tiefgreifenden Deregulierung führte.

Der politische und finanzielle Rückhalt des IWF garantiert paradoxerweise gleichzeitig den notwendigen Druck (durch die gestellten Bedingungen) und den notwendigen Sauerstoff (in Form von Devisen) für die Manövrierfähigkeit in den von den Maßnahmen selbst erzeugten Turbulenzen, allerdings mit einem klaren Ziel: die Bedingungen für die räuberische Rendite zugunsten des nationalen und globalen Finanzkapitals zu sichern.

Aber jetzt wollen sie noch weitergehen, mit einer Anpassungspolitik, die uns "afrikanisieren" soll. Dies ist dem geopolitischen Erfolg dieser Politiken zur harten Bestrafung des antikolonialen Kampfes auf diesem Kontinent durch soziale Zerstörungen in den vergangenen Jahrzehnten geschuldet. Die Bestrebungen, in Venezuela einzufallen, die Sabotage der Integration Lateinamerikas und der neuerliche, aggressive militärische Aufmarsch in ganz Lateinamerika seit der Amtszeit Barack Obamas sind Teil derselben Agenda, die das Ziel verfolgt, jedweden Widerstand gegen die parasitären Ambitionen des Zentrums niederzuwalzen und aufzulösen. Die geopolitische Dividende fällt außerdem noch üppiger aus, wenn es zu einer gefährlichen Eskalation in den Handels-, Finanz- und Währungskriegen kommt. Diese gegen das Volk gerichteten Kräfte werden jedoch nur die Oberhand behalten, wenn Verwirrung und Spaltung weiterhin das soziale Bewusstsein des Kontinents vernebeln.

Ein neuer Zyklus bei der weiteren systemischen Enteignung der Arbeitskraft und der Natur Lateinamerikas ist strategisch notwendig, um die Rentabilität der transnationalen Oligopole, insbesondere derjenigen, die mit angloamerikanische Spekulationen verbunden sind, zu verbessern, aber die äußeren Faktoren können nur im Zusammenspiel mit den inneren Faktoren wirken; letztere geben am Ende den Ausschlag.

Die alle fünf Jahre veröffentlichen Daten zur nationalen Wirtschaftsleistung und zum Haushalt, die Jaime Gallegos auf einem Seminar der PUCE vorstellte, zeigen eindrücklich die Konsequenzen für das ganze Land auf, vor allem aber für die verwundbarsten Bevölkerungsgruppen. Die orthodoxen, vom IWF heilig gesprochenen Politiken haben den Transfer verschiedener Formen des wirtschaftlichen Überschusses aus Ecuador in Richtung Norden fast verdoppelt. Die Abkehr von dieser Politik seit 2005 erlaubte es, den Aderlass in wenigen Jahren von 44 auf 19 Prozent zu senken und das Wachstum strukturell zu finanzieren; das war kein Automatismus der Erdölpreise.

Weder damals noch heute haben wir es mit einer "Erschöpfung des Zyklus" zu tun, wie sogar kritische Intellektuelle unermüdlich wiederholen. Die Militärdiktaturen, die einem Völkermord gleichende Repression und die systematische Verletzung der Menschenrechte waren in den 1970er Jahren noch nicht genug. Angesichts der sozialen Mobilisierung musste die Drecksarbeit von einer Demokratie vollendet werden, die in die Enge getrieben worden war von der von der Spitze der Weltmacht vorprogrammierten Schuldenkrise mit der ständigen Erpressung durch die Auflagen des IWF und der Weltbank; die multilateralen regionalen Organismen werden in dem Abkommen jetzt vielleicht auch erwähnt.

Jetzt sagen sie, der IWF habe sich verändert. Das hätte er tatsächlich tun müssen angesichts der unwiderlegbaren Beweise seines zerstörerischen Handelns in der ganzen Welt, eingeschlossen die direkt oder indirekt verursachten Hungersnöte in Afrika, welche die Austeritäts- und Öffnungspolitiken verursacht haben oder die großen Schäden in Lateinamerika. Er hätte es tun müssen nach der wiederholten Diskreditierung mehrerer seiner höchsten Manager, denen verschiedene Straftaten vorgeworfen werden aus der Zeit, als sie es sich dort gut gehen ließen. Er hätte es tun müssen nach der Krise der konventionellen Wirtschaftstheorie und der Entlarvung des intellektuellen Betrugs mit der Finanzimplosion der Krise ab 2008.

Man merkt natürlich, dass sie heute in ihrem öffentlichen Auftreten noch vorsichtiger sind als damals. Hier haben sie es geschafft, dass ein Großteil der Schlächter-Arbeit von den Behörden erledigt wird, bevor sie selbst die Bühne betreten. Und immer können sie auf dieselben Ausreden zurückgreifen: "Das ist nicht unsere Schuld"; die Katastrophe war aufgrund der vorangegangenen Wirtschaftspolitiken unabwendbar. Oder es wird das altbekannte Argument wieder ausgegraben: Schuld an allem ist die für uns typische Korruption, der Mangel an Disziplin und Durchhaltevermögen und die "Politik"...

Außerdem wäre kein Ökonom des IWF, der etwas auf sich hält, bereit, die von der Regierung eingeführte Politik zu verteidigen. Nicht einmal der begriffsstutzigste Verfechter der neoliberalen Schule würde die Drosselung der Gesamtnachfrage in einer Wirtschaft verteidigen, die seit fast zwei Jahren mit negativen nominalen Inflationsraten kämpft, wie es die folgende Grafik vom Janar 2019 für Ecuador zeigt!2

Doch die Universitätslehre und die Medien sagen dazu wenig. Auch in den Achtzigern ließ man zu, dass die aggressive Verschuldung, motiviert durch die niedrigen internationalen Zinsraten in den Siebzigern, die Schuldenfalle zu Beginn der achtziger Jahre schuf. Die neoklassische Theorie und die Medien waren die Komplizen. Der Coup von Volcker (Präsident der US-Notenbank Federal Reserve) im Jahr 1979 führte dazu, dass öffentliche und private Darlehen, die zu weniger als drei Prozent aufgenommen worden waren, unbedienbar wurden, als die Zinsen schlagartig auf weit über 20 Prozent hochschnellten. Mehr als 150 Länder versuchten verzweifelt in einem abwärts gerichteten Wettlauf um jedem Preis einen Devisenüberschuss zu erzielen, um ihre Schulden begleichen zu können.

Das war die versteckte Stellschraube, mit der ein weltweiter, grundlegender Wechsel des Akkumulationsregimes erzwungen wurde, der zu mehr Armut, mehr Stagnation und Unsicherheit und zu mehr steuerlichen und externen Schwachstellen führen sollte. Der Umfang der aus dem Ausland stammenden Gewinne der USA stieg unterdessen auf beinahe das Dreifache. 3

Es gab keinerlei endogene Erschöpfung des "Modells der Importsubstitution". Das Mandat von IWF und Weltbank, das in Bretton Woods entworfen worden war, um in der neuen, von der Industriemacht der USA angeführten Nachkriegs-Weltordnung solvente Märkte zu schaffen, wurde grundlegend verändert und in die Dienste eines neuen Herrn gestellt: dem übermäßigen und parasitären Interesse der angloamerikanischen Spekulation.

Obwohl der Streit um die Zinssätze Trump den Posten kosten könnte, geht das Armdrücken um die Politik der hohen Zinsen und die daraus resultierende Welle von Konkursen nach dem Motto "je weniger Münder zu füttern sind, um so mehr bleibt für mich" weiter. Das macht die wahre neue Rolle des IWF klar, jenseits jeglicher Rhetorik. Bei dem intensiven Konflikt, der der strukturellen Systemkrise innewohnt, wird verzweifelt versucht, die schon marode Hegemonie des Dollars zu verteidigen. Dabei wird nach alten Rezepten gehandelt, die in der Vergangenheit erfolgreich waren, auch wenn heute die Überschuldung der zentralen Wirtschaften buchstäblich zu nuklearen Folgen führen kann. Neue globale, regionale und innenpolitische Finanzarchitekturen sind dringen nötig und unverzichtbar, um den Frieden und die Rechte der Völker gegen das Imperium zu verteidigen.

Die neue Rolle des IWF muss in diesem geopolitischen Kontext und mit diesen Risiken bewertet werden. Die Beträge, über die sich beispielsweise die Abkommen mit Mauricio Macri in Argentinien und Lenín Moreno in Ecuador belaufen, sind im Verhältnis zu den jeweiligen Volkswirtschaften beispiellos. Ihnen geht es auch überhaupt nicht darum, die Finanzprobleme dieser Länder wirklich zu lösen. Das taten sie weder damals im Globalen Süden und in den früheren sozialistischen Ländern, noch tun sie es heute in Griechenland. Es sind Rettungswesten aus Blei, die dabei helfen, uns in noch mehr Schulden zu ertränken.

Ecuador durchlebt schwierige Zeiten, hat aber verschiedene Möglichkeiten, um zu verhindern, dass wir uns an ein eindeutig verfassungswidriges Abkommen (vor allem wegen der geheim gehaltenen Bindungen an Auflagen, den Privatisierungen und der zunehmenden Prekarisierung der Arbeitsbedingungen) binden und uns dazu verpflichten lassen, eine entschieden antinationale und gegen das Volk gerichtete Wirtschaftspolitik weiter zu verfolgen. Die schrecklichen Folgen dieses politischen Wandels sind bereits zu Tage getreten: Die Zahl der Armen ist in nur einem halben Jahr um eine Million Menschen angestiegen. Eine weitere Analyse des angerichteten Schadens ist nicht möglich, da es – wie Byron Villacis, früherer Direktor des Nationalen Statistikinstituts (INEC), darlegte – ernsthafte Unregelmäßigkeiten bei den zur Armut veröffentlichten Zahlen gibt, nachdem die Verantwortlichen, die sich geweigert hatten, die Zahlen abzuändern, entlassen wurden mit der Unterstützung historischer Gewerkschaftszentralen und Politikern der Linken!

Wenn dem Fiskus Mittel fehlen, muss man die Steuern bei den Reichsten besser eintreiben und ihnen nicht ihre bereits gerichtlich festgestellten Steuerschulden erlassen, wie im Fall der Schulderlasse in Milliardenhöhe, die Unternehmen wie Odebrecht und die großen internationalen Ölkonzerne massiv begünstigt haben. Politiker, die mit den Reichen verbunden sind, welche vor 15 Jahren Einkommenssteuern in Höhe von einigen Dutzend Dollar und später, nachdem der Steuersatz erhöht worden war, mehrere Zehntausend entrichteten, sind nun wieder zum alten System der Steuergeschenke von in paar Dutzend Dollar zurückgekehrt. Statt, dass eine kleine Minderheit im Schutz des Freihandelsabkommens mit Europa mit den neusten Luxusautos spazieren fährt, sollte man lieber die Steuern auf spezielle Konsumgüter stark erhöhen, und mit einem differenzierten Mehrwertsteuersatz, der den Grundbedarf und die Grundproduktion schützt, könnte man mehr in Sozialausgaben und Infrastruktur investieren.

Wenn das noch nicht ausreicht, dann braucht es eine nationale Politik zur Förderung der natürlichen Ressourcen und nicht die Aufhebung des Gesetzes 2006-42, mit dem 2008 im Vergleich zu heute von den großen internationalen Ölkonzernen über doppelt so hohe Einkommensteuern eingenommen wurde. Wenn Mittel fehlen, wieso reduziert dann das Dekret 449 in den Beteiligungsverträgen, die kurz vor dem Abschluss stehen, den Anteil des Staates an der Erhöhung der Rohölpreise von 99 auf 12,5 Prozent?

Bei einem Defizit in der Sozialversicherung muss man eine Strategie der Investitionen und der Erholung entwickeln und nicht Milliarden an Arbeitgeberschulden erlassen. Man muss jedwede verfassungswidrige Privatisierung verhindern, die sich hinter dem Vorwand der "Optimierung" verbirgt. Anstatt staatliche Produktionsanlagen zu privatisieren oder zu konzessionieren, sollte man sie als Teil der Bezahlung in das Eigentum der IESS überführen und unter Aufsicht der Mitarbeiter und Öffentlichkeit mit technischer Hilfe der Universitäten effizient verwalten.

Anstatt den Binnenmarkt zu schrumpfen und dabei den Konsum, die Beschäftigung und die unternehmerische Initiative der wirtschaftlich schwächsten Sektoren und Regionen zu ersticken, muss man den Wandel in der Produktivmatrix und der Produktivlogik und die Umverteilung des Einkommens weiter vorantreiben. Nachgewiesene, jedoch sehr kurzlebige Effekte, wie die schnelle produktive Reaktion auf die Sicherheitsvorkehrungen oder die sehr starke Reduzierung der marginalen Bereitschaft zum Import mit einer Zollordnung (innerhalb der Obergrenzen der WTO) für einige Jahre ab 2008, liefern interessante Aufschlüsse über das Potenzial eines produktiven Neustarts mit Fairness und Nachhaltigkeit hinsichtlich externer Beschränkungen, interner Multiplikatoren und Neuausrichtung der Liquidität.

Erfahrungen der Bürgerbeteiligung mittels Beobachtungsstellen im Kampf gegen die Korruption bei den Rückwärtsauktionen beim Kauf von Medikamenten, Erfahrungen der produktiven Versammlungen bei mehr als 850 Millionen US-Dollar staatlicher Einkäufe und mehr als 1,4 Milliarden US-Dollar bei privaten Käufen für die Volkswirtschaft zeigen klar einen Weg der Neuorganisierung der Märkte auf, die in einer systemischen Perspektive vertieft werden muss.

Mechanismen der Zahlungskompensation, Garantien, Rückbürgschaften, Crowdfunding, Crowdlending, Kreditkarten für produktive Kredite, das elektronische Geld und Plattformen wie Supertiendaecuador und die Währung Sucre müssen umgestaltet werden; dann können die Informations- und Kommunikationstechnologien und die Möglichkeiten marginaler, fast gegen Null tendierender Kosten bei den Synergien im öffentlichen und privaten Sektor der Volkswirtschaft unter dem verfassungsmäßigen Mandat eines sozialen und solidarischen Systems in vollem Umfang genutzt werden.

Niemand hat das Monopol auf die Wahrheit und auch nicht auf die Initiative: Das Land muss einen nationalen Dialog eröffnen und reale und sofortige Alternativen diskutieren angesichts eines Kurses mit schmerzhaften Konsequenzen, der weiter verschärft wird.

"Die dunklen Schwalben werden wiederkehren" (in der Überschrift) bezieht sich auf ein Gedicht von Gustavo Adolfo Bécquer, einem der bekanntesten Autoren der spanischen Romantik. Es wurde von der argentinischen Sängerin Nacha Guevara auch vertont.

  • 1. Anm. d. Red.: Der Ausspruch "History doesn’t repeat itself but it often rhymes" wird dem US-amerikanischen Schriftsteller Mark Twain zugeschrieben
  • 2. Im Januar 2019 waren es -0.09 Prozent. Eine jüngst vom IIE-PUCE an der Universidad Andina und dem Congope vorgelegte Studie zeigt klar die Auswirkungen der Deflation auf die am stärksten gefährdeten Sektoren der Wirtschtaft, wie Kleinbauern, Handwerker, Schneider Näherinnen, Bäcker Zimmerleute etc.
  • 3. Páez, Pedro. (2019) Nueva Arquitectura Financiera e Integración Latinoamericana. PUCE, cap. 5