Venezuelas Opposition läuft in Berlin ins Leere

Besuch im Bundestag ohne große Resonanz. Kritik an Empfang durch CDU-Politiker Brand. Botschaft Venezuelas in Deutschland nicht informiert

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Der MUD-Vorsitzende Jesús Torrealba leitete die Delegation
Der MUD-Vorsitzende Jesús Torrealba leitete die Delegation

Berlin. Vertreter des Oppositionsbündnisses "Tisch der demokratischen Einheit" (MUD) sind am Donnerstag mit Vertretern des Bundestags zusammengekommen. Zuvor hatten die fünf Politiker sich bereits im Bundeskanzleramt mit dem dortigen Generaldirektor für Auswärtige Politik, Michael Flügger, sowie Annette Walter, der Lateinamerika-Verantwortlichen, getroffen. Im Auswärtigen Amt kamen die MUD-Vertreter mit verschiedenen Lateinamerika-Experten zusammen.

Die Gegner der Regierung von Präsident Nicolás Maduro waren von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung nach Deutschland eingeladen worden. Sie nutzten ihren Aufenthalt, um deutsche Parteien und die Regierung um eine Beobachtungsmission bei den bevorstehenden Parlamentswahlen in dem südamerikanischen Land zu bitten. "Wir sind nach Europa gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass Venezuela ein großartiges Land mit einer grauenhaften Regierung ist", wird der MUD-Vorsitzende Jesús Torrealba vom spanischen Dienst der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zitiert. Für die Parlamentswahlen Ende dieses Jahres sagte Torrealba einen "sehr wahrscheinlichen Sieg der Opposition" voraus.

Die Termine im Bundestag am Donnerstag trafen indes auf mäßige Resonanz. An einem Treffen, zu dem der CDU-Abgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Michael Brand, eingeladen hatte, nahmen weder Vertreter der Grünen noch der SPD teil. Zu einem Treffen mit der Deutsch-südamerikanischen Parlamentariergruppe kamen fünf Abgeordnete. Für Unmut sorgte, dass die Gruppe in Berlin empfangen wurde, ohne dass die Botschaft Venezuelas vorab informiert wurde.

"Die Botschaft der Bolivarischen Republik Venezuela ist über den Besuch von Vertretern des Parteienbündnisses MUD nicht informiert gewesen, demnach hat der Besuch keinen offiziellen Charakter", sagte auf amerika21-Anfrage der designierte Botschafter Venezuelas in Berlin, Orlando Maniglia Ferreira. Der Fall könnte erneut zu einem Eklat zwischen Deutschland und einem südamerikanischen Land führen. Unlängst hatte ein ähnlich gelagerter Fall für Missstimmung zwischen Deutschland und Ecuador geführt. Dabei hatte die deutsche Botschaft in Quito eine Reise von Bundestagsabgeordneten in das südamerikanische Land organisiert, ohne die dortige Regierung deren Angaben zufolge hinreichend zu informieren. Die Reise war daraufhin von der ecuadorianischen Staatsführung kurzfristig abgesagt worden.

Im Fall der venezolanischen Oppositionellen provozierte aber auch der Empfang im Bundestag Widerspruch. "Der Besuch der Delegation des  oppositionellen MUD-Bündnisses aus Venezuela glich eher einem Werbefeldzug vor den diesjährigen Parlamentswahlen in Venezuela", sagte die Abgeordnete der Linkspartei, Heike Hänsel, auf Anfrage von amerika21. Die Mitglieder der venezolanischen Opposition seien von der CDU-nahen Adenauer-Stiftung (KAS) eingeladen und dann zu offiziellen Gesprächsterminen in den Bundestag gebracht worden. Dass die venezolanische Botschaft von niemandem informiert wurde, sei "völlig unüblich".

Beim Gesprächstermin mit dem Menschenrechtsausschuss wurde nach Hänsels Angaben am Ende ein Foto für die Bundestags-Webseite geschossen und ein Bericht über die Menschenrechtssituation in Venezuela überreicht. "So entstand der Eindruck, es handele sich um eine unabhängige Delegation von Menschenrechtsaktivisten, dabei war es eine direkte Unterstützungsaktion für die Opposition in Venezuela durch den Vorsitzenden des Menschenrechtsausschusses, Michael Brand, von der CDU." Brand habe die Delegation zuvor mit dem Hinweis begrüßt, man wolle diskutieren, wie die Arbeit der Opposition zu unterstützen sei. "Dies ist aber ganz bestimmt nicht die Aufgabe des Menschenrechtsausschusses und durch solch eine Vorgehensweise wird der Bundestag für parteipolitische Zwecke instrumentalisiert", sagte Hänsel.

Kritische Stimmen kamen auch von Vertretern venezolanischer Basisorganisationen in dem südamerikanischen Land und in Deutschland. "Die immer wiederkehrenden Vorwürfe wegen Folter in Venezuela sind nichts als Lügen, die auf Lügen aufbauen", sagte die Aktivistin Luiraima Salazar von der regierungsnahen Basisorganisation FBR Peumayén. In Venezuela gebe es keine staatliche Politik, in deren Rahmen Folter als Mittel der Abschreckung oder Informationsgewinnung eingesetzt werde. "Das Absurde ist, dass ausgerechnet diejenigen, die uns heute der Folter bezichtigen, für Folterflüge der CIA nach Guantánamo und für Foltergefängnisse der CIA in Europa mitverantwortlich sind", so Salazar.

Auch die Venezolanerin Xiomara Tortoza von der kulturpolitischen Gruppe "Juana Ramírez La Avanzadora" in Hamburg kritisierte den Besuch von Torrealba und weiteren Vertretern des MUD-Bündnisses. Der Besuch finde zu einem Zeitpunkt  statt, da die Opposition gespalten ist, unter den eigenen Anhängern an Glaubwürdigkeit verloren hat und eine ihrer schwersten Krisen durchlebt, so Tortoza: "Ich weiß nicht, mit welchem Recht diese Politiker angebliche Menschenrechtsverletzungen in Venezuela kritisieren, während die Vertreter der rechtsgerichteten Partei Voluntad Popular, die dem MUD-Bündnis angehört, für schwere Krawallen in Venezuela verantwortlich sind, die mehreren Dutzend Menschen das Leben gekostet haben."

Jesús Torrealba selbst äußerte sich auf schriftliche und telefonische Anfragen von amerika21 nicht zu dem Besuch.