Santiago/Lima/ Auckland. Nachdem Chile, Peru und neun weitere Staaten am 3. Februar in Auckland, Neuseeland, das Transpazifische Partnerschaftsabkommen (TPP) unterzeichnet haben, versammelten sich am darauffolgenden Abend tausende Menschen in den südamerikanischen Hauptstädten Santiago de Chile und Lima, um gegen das Abkommen zu protestieren. Die Kritik der Demonstranten richtet sich gegen die Intransparenz, die Beschneidung der nationalen Souveränität und die Entscheidungsgewalt internationaler Schiedsgerichte sowie die einseitige Bevorzugung großer multinationaler Unternehmen.
"Wir sind keine nordamerikanische Kolonie", riefen die Demonstranten vor dem Regierungsgebäude La Moneda in Santiago de Chile. Der amtierenden sozialdemokratischen Präsidentin Michelle Bachelet warfen sie vor "Verträge genau wie (Ex-Diktator Augusto) Pinochet" zu unterzeichnen.
Die Kritik am Abkommen ist groß. "Ich glaube, dass das TPP eine furchtbare Sache ist, die unsere Souveränität, die freien Rechte im Internet und den freien Zugang zu Medikamenten gefährdet. Es handelt sich um einen verzweifelten Versuch der USA, eine neue Kolonisierung durchzuführen unter dem Deckmantel eines demokratischen Diskurses. Dabei hat das Ganze nichts demokratisches an sich, denn es bezieht nicht uns mit ein, sondern die gleichen Mächtigen in der Welt wie immer", sagte Rocío Peña, eine junge Frau, die an dem Protest teilnahm. Auf ihrem Schild stand "TPP: Go Home".
In Chile haben sich mehrere Bürgerinitiativen gegen das Abkommen gebildet und zahlreiche gesellschaftliche Bewegungen sprechen sich gegen TPP aus. Sie kritisieren, dass die Verhandlungen im Geheimen abgehalten wurden und dass die nationale Souveränität und Gerichtsbarkeit durch internationale Schiedsgerichte gefährdet werde. Die indigenen Völker beanstanden, dass sie nicht mit einbezogen wurden, obwohl durch das Abkommen ihre Rechte beeinträchtigt werden könnten.
"Es ist klar, dass es sich bei dem Abkommen um ein Entwicklungsmodell handelt, dass wir nicht teilen. Wir wollen freie Bildung, einen souveränen Zugang zu Medizin. Wir wollen kein privatisiertes Saatgut und wir wollen nicht, dass unsere Daten im Internet überwacht werden", sagte Paulina Acevedo, Journalistin und Mitglied des "Observatorio Ciudadano“. Sie sprach damit weitere wichtige Kritikpunkte an: Das TPP bevorzugt durch Patente und Registrierungsprozesse die Monopolstellung der transnationalen Pharmakonzerne. Außerdem soll die Privatisierung des Saatguts erleichtert werden, wovon vor allem der international agierende Konzern Monsanto profitieren wird.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Chile bereits Handelsabkommen mit allen teilnehmenden elf Ländern abgeschlossen hat und ein weiterer Vertrag lediglich den größeren Ländern wie den USA zugute käme, aber kaum dem südamerikanischen Vertragspartner. Es gibt keinerlei Studien der chilenischen Regierung über die positiven Folgen des TPP. Stattdessen legt die chilenische Regierung Berichte aus den USA vor.
Auch in Neuseeland und Peru gab es Proteste gegen das Abkommen. In Auckland hatten sich am 4. Februar mehrere tausend Demonstranten in den Straßen rund um das Konferenzzentrum versammelt, in dem das Abkommen zeitgleich unterschrieben wurde. In Lima sind am Freitag um die 1.500 Menschen auf die Straße gegangen. Die Demonstration wurde vom Colectivo Dignidad organisiert. Neben indigenen und feministischen Organisationen haben hauptsächlich Studenten teilgenommen. Der Protestzug wollte bis vor das Kongressgebäude ziehen, jedoch versperrte die Polizei vor der Plaza San Martín die Straße und setzte Tränengas ein. In den darauf folgenden Zusammenstößen wurden mehrere Menschen verletzt, laut einem Korrespondenten des lateinamerikanischen Senders Telesur gab es vier Festnahmen.
Neben Chile und Peru sind die USA, Japan, Malaysia, Vietnam, Singapur, Brunei, Australien, Neuseeland, Kanada und Mexiko Teil des Freihandelsabkommens. Die zwölf Länder haben zusammen eine Bevölkerung von circa 800 Millionen Menschen und wären mit dem Abkommen verantwortlich für 40 Prozent des weltweiten Handels. Kritische Stimmen behaupten, dass China außen vor gelassen wurde, weil die USA das Land wirtschaftlich isolieren wollen.
Über das TPP wird seit fünf Jahren verhandelt. Die beteiligten Länder haben jetzt zwei Jahre Zeit, um das Abkommen im Parlament zu ratifizieren oder abzulehnen. Die einzige Möglichkeit, das Vorhaben jetzt noch zu stoppen, ist die Ablehnung durch das Parlament. Eine Modifizierung ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.