Argentinien / Politik

Kehrt Ex-Präsidentin von Argentinien in die Politik zurück?

Cristina Kirchner schließt Kandidatur bei Parlamentswahl nicht aus. Scharfe Kritik an Schuldenpolitik und neoliberalen Maßnahmen der Regierung Macri

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Argentiniens Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner  im Interview mit dem TV-Sender C5N
Argentiniens Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner im Interview mit dem TV-Sender C5N

Buenos Aires. Argentiniens Ex-Präsidentin, Cristina Fernández de Kirchner, hat sich am 25. Mai, dem argentinischen Nationalfeiertag, im Rahmen eines vielbeachteten 90-minütigen Fernsehinterviews zu verschiedenen aktuellen Politikthemen geäußert. Neben den Gastgebern vom privaten Fernsehsender C5N nahm an diesem Gespräch auch der regierungskritische Journalist und Radiosprecher Víctor Hugo Morales teil.

Ausgangspunkt der Diskussion waren Kardinal Mario Aurelio Polis Äußerungen bei der traditionellen Messe vom 25. Mai in der Catedral Metropolitana im Zentrum der Hauptstadt. In Anwesenheit des Präsidenten Mauricio Macri und dessen Gattin kritisierte der Erzbischof von Buenos Aires die aktuelle soziale und wirtschaftliche Entwicklung Argentiniens. "Viele denken, es gibt keinen Grund unsere Nation zu feiern, wenn ein großer Teil unseres Volkes sich nicht als Eingeladene fühlt, weil sie keine Chancengleichheit haben und ihnen das Nötige für ein würdevolles Leben fehlt". Für Kirchner "war es an der Zeit", dass sich die Kirchenführung über die soziale Situation in Argentinien äußert.

Weiter forderte sie von der aktuellen Regierung die Überprüfung der Schulden. "In eineinhalb Jahren entstanden 97 Milliarden US-Dollar Schulden, mehr als das Doppelte der Schulden während der Diktatur". Der diesjährige Nationalfeiertag mache sie darum traurig. Noch im Jahr 2010, zur Feier der 200-jährigen Revolution Argentiniens, sei das Volk voller Hoffnung gewesen. Aber heute sei es wieder "schutzlos und verlassen" wie zu Beginn der Amtsperiode ihres verstorbenen Ehemanns Néstor Kirchner im Jahr 2003.

Als Sofortmaßnahme schlug Kirchner vor, den Notstand bezüglich Lebensmitteln, Gebühren, Arbeit und Medikamenten anzuordnen. Zudem müsse das Programm "Precios Cuidados", das unter ihrer Präsidentschaft eingeführt wurde und Einfluss auf die Preise nahm, unbedingt wieder eingeführt werden.

Dass die Macristen in ihrem Wahlkampf gelogen hätten, ist für Kirchner offensichtlich. Sie sprachen in ihrer Kampagne von "Null Armut", "Senkung der Inflation" und "Neue Arbeitsplätze schaffen". Nichts von all dem sei eingetroffen, im Gegenteil, im Land sei der Neoliberalismus wieder eingeführt worden: "Wir sind in die Welt zurückgekehrt, aber in die schlechteste aller Welten".

Die Probleme ihrer eigenen Regierung begründete Kirchner mit "externen Strangulationen". Einerseits seien aufgrund der Forderungen aus der Industrie Unmengen an Gütern importiert worden, anderseits hätten die Forderungen der "Geier-Fonds" den Zugang zu internationalen Krediten verunmöglicht.

Einen Grund, warum ihre Partei 2015 die Präsidentschaftswahl verloren hat, sieht Kirchner in der Forderung nach einer Steuer auf hohe Löhnen. Diese sei jedoch unumgänglich und in vielen Ländern der Welt bereits umgesetzt. Der Staat sei dazu da, die schwächsten einer Gesellschaft zu unterstützen und ein gewisses soziales Gleichgewicht herzustellen.

Diskussionsstoff lieferte ein im Vorfeld des Interviews aufgetauchtes Plakat mit dem Konterfei Kirchners und dem Satz eines bekannten Volkslieds "El sol del 25 viene asomando" (Die Sonne des 25. wird zumVorschein kommen). Es wurde darüber spekuliert, dass die Ex-Präsidentin diesen Oktober zu den argentinischen Parlamentswahlen antreten wird. Kirchner nahm in der Sendung zwar Stellung dazu, ließ aber vieles offen. "Ich fühle mich verpflichtet, der neoliberalen Anpassungspolitik Grenzen zu setzen. Wenn es nötig ist, dass ich kandidiere, mache ich das". Kirchner fügte hinzu, sie habe die "historische Verantwortung", die Mehrheit der Argentinier zu vereinen, um ein Desaster zu verhindern. Ungleichheit führe zu Gewalt, das habe sie in der Vergangenheit bereits zu oft erlebt. Sie fürchte aber auch, dass der Zustand, der durch Macris "Anpassungspolitik" entstanden sei, nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden könne. "Die Argentinier müssen dringend die richtigen Mittel finden, um die Wirtschaft in Ordnung zu bringen".

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