Peru / Menschenrechte

Anklage gegen Fujimori wegen Zwangssterilisierung in Peru?

Gegen Ex-Diktator liegen neue Beweise vor. Verfahren wegen Zwangssterilisierung könnte wieder aufgenommen werden

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Die Vertreterinnen von Demus veröffentlichen den Bericht über Zwangssterilisation und wollen Fujimoris Begnadigung verhindern
Die Vertreterinnen von Demus veröffentlichen den Bericht über Zwangssterilisation und wollen Fujimoris Begnadigung verhindern

Lima. Die Frauenrechtsorganisation Demus hat dem peruanischen Generalstaatsanwalt Luis Landa in der vergangenen Woche einen Bericht vorgelegt, der den Ex-Präsidenten Alberto Fujimori für 236.000 Zwangssterilisationen in den 1990er Jahren verantwortlich macht. Damit will die Organisation die Wiedereröffnung des Ermittlungsverfahrens erreichen, das in der Vergangenheit bereits mehrere Male ohne Verurteilung zu den Akten gelegt worden war.

Die Sterilisationen wurden zwischen 1990 und 2000 im Rahmen des "Nationalen Programms der reproduktiven Gesundheit und Familienplanung" durchgeführt. Auf Fujimoris Initiative hin wurden Tubensterilisation und Vasektomien 1995 legalisiert, um die demographische Entwicklung in den armen Bevölkerungsschichten zu kontrollieren.

Der Bericht von Demus stellt nun heraus, dass 211.000 Frauen keine vollständigen Informationen über die Eingriffe und ihre Folgen erhalten hätten. 25.000 weitere Betroffene hätten nicht gewusst, dass die Operation irreversibel ist. Insbesondere die unter 25-jährigen, indigenen und quechuasprachigen Opfer haben daran einen hohen Anteil.

Zwar räumte auch die peruanische Ombudsstelle ein, dass zwischen 1996 und 2001 über 270.000 Tubensterilisationen und 22.000 Vasektomien durchgeführt wurden. Es sei jedoch unbekannt, wie viele davon mit Zwang oder Täuschung durchgeführt wurden. Im Dezember 2015 startete das Ministerium für Justiz und Menschenrechte daher das Verfahren zur Registrierung der Opfer von Zwangssterilisationen. Opfergruppen und Menschenrechtsorganisationen hatten jedoch schon seit Jahren gefordert, dass die verantwortlichen Politiker strafrechtlich verfolgt werden. Tatsächlich war eine Untersuchung in der Vergangenheit bereits mehrere Male eingeleitet und wieder geschlossen worden, zuletzt 2016.

Nach Angaben von Demus habe die Staatsanwaltschaft mit dem Bericht nun Daten vorliegen, die diese bisher nicht berücksichtigt hatte. Die Organisation zum Schutz der Rechte von Frauen fordert daher, den Fall erneut aufzurollen. Maria Ysabel Cedano, Direktorin von Demus, erläutert dies: "Es sind neun Monate vergangen und der Generalstaatsanwalt Luis Landa hat sich immer noch nicht zu den Beschwerden angesichts der teilweisen Archivierung der Untersuchung des Falls geäußert". Es gebe genügend Beweise, damit das Ministerium für Öffentliches den Fall anzeigt und die Judikative ihn untersucht und ein Urteil fällt.

Die Veröffentlichung des Berichts erfolgt zu einem strategischen Zeitpunkt: Fujimori verbüßt eine 25-jährige Haftstrafe wegen Menschenrechtsverletzungen. In den letzten Wochen hatte die Debatte  um die Begnadigung des Ex-Präsidenten durch die Neubesetzung des Kongresses deutlich an Fahrtwind gewonnen.

Erst im Juli dieses Jahres hatte die peruanische Staatsanwaltschaft zudem Klage gegen den ehemaligen Diktatoren wegen mehrfachen Mordes erhoben. Er sei mitverantwortlich an der Ermordung von sechs Bewohnern Pativilcas durch die paramilitärische Grupo Colina im Jahr 1992. Die Staatsanwaltschaft fordert 25 Jahre Haft und eine Abfindung von 500.000 Soles (rund 130.000 Euro) für jeden einzelnen der gesetzlichen Erben der Opfer. In Peru protestieren viele Aktivisten gegen die mögliche Begnadigung von Fujimori, der wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. In den letzten Monaten forderten zahlreiche soziale und Menschenrechtsorganisationen, Universitäten sowie Opfer der Zwangssterilisationen eine Weiterführung der Haft.