Nicaragua / Politik

Dialog in Nicaragua ausgesetzt, Menschenrechtskommission übt scharfe Kritik an Regierung

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Kardinal Leopoldo Brenes (Mitte) gab am Mittwoch die Aussetzung des Dialoges in Nicaragua bekannt
Kardinal Leopoldo Brenes (Mitte) gab am Mittwoch die Aussetzung des Dialoges in Nicaragua bekannt

Managua. Der Dialog zwischen der Regierung von Präsident Daniel Ortega und Unternehmern sowie oppositionellen Gruppen ist auf unbestimmte Zeit ausgesetzt worden. Dies teilten am Mittwoch die Vertreter der Bischofskonferenz mit. Zugleich schlugen sie die Bildung einer gemeinsamen Kommission vor, um einen Konsens zu erzielen, damit die Gespräche wieder aufgenommen werden können. Laut Kardinal Leopoldo Brenes geht es konkret um die Forderung der Regierung, die zahlreichen Straßensperren im Land zu beenden. Dies hätten Studenten, Unternehmer und Vertreter der Zivilgesellschaft abgelehnt. Ihrerseits fordern sie ein Rahmengesetz, das vorgezogene Neuwahlen und eine Neubesetzung der Wahlbehörde ermöglicht sowie die Wiederwahl des Präsidenten unterbindet. Die Regierung hat dies mit Verweis auf die bestehende Verfassung und den bereits begonnenen Arbeitsprozess mit der Organisation Amerikanischer Staaten zur Reformierung des Wahlsystems zurückgewiesen.

Scharfe Kritik an der Regierung Ortega übte indes die Interamerikanische Menschrechtskommission (CIDH) die vom 17. bis 21. Mai vor Ort war. In ihrem am Montag vorgelegten Bericht heißt es, dass gemäß Informationen von Protestteilnehmern, Nichtregierungsorganisationen und Regierungsstellen im Rahmen der Proteste seit dem 18. April mindestens 76 Menschen starben, 868 wurden verletzt und 438 festgenommen. Die CIDH "verurteilt nachdrücklich die Todesfälle, Übergriffe und willkürlichen Verhaftungen", ebenso "den Tod von zwei Polizeibeamten und die erfolgten Aggressionen gegen andere Amtsträger". Man habe schwere Menschenrechtsverletzungen "durch die übermäßige Anwendung von Gewalt durch staatliche Sicherheitskräfte und bewaffnete Dritte" festgestellt. Von Regierungsseite lägen auch Informationen vor, dass Demonstranten hausgemachte Mörser mit Schießpulver sowie Steine und Schleudern verwendet hätten und es bei Protesten und Besetzungen von Universitäten "Vandalismus und kriminelle Gruppen gibt, die Schäden an öffentlichem und privatem Eigentum verursacht haben“.

Die CIDH sprach 15 "Empfehlungen" aus, unter anderem solle die Regierung einen "internationalen Mechanismus" schaffen, der die Ereignisse untersucht. Die Kommission forderte sie zudem auf, "die Unterdrückung der sozialen Proteste unverzüglich einzustellen."

Auslöser der teils gewaltsamen und anhaltenden Proteste war die Ankündigung der Reform der Sozialversicherung im April. Am 16. Mai begann der Dialog unter Schirmherrschaft der katholischen Kirche.