Venezuela / Politik

Parlament und Gegenparlament in Venezuela tagen, Guaidó lässt sich wiederwählen

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Mit Gewalt ins Parlament von Venezuela: Juan Guaidó und Anhänger am Dienstag
Mit Gewalt ins Parlament von Venezuela: Juan Guaidó und Anhänger am Dienstag

Caracas. Nach der Spaltung des Parlaments in Venezuela hat die offizielle Nationalversammlung unter Führung des Oppositionspolitikers Luis Parra am Dienstag eine "Kommission zur Rettung der verfassungsmäßigen Ordnung" eingerichtet. Das Gremium setzt sich aus Abgeordneten der Regierungsfraktion "Vaterlandsblock" (Bloque de la Patria) und dem gemäßigten Teil der Opposition zusammen. Parra war bei der konstituierenden Sitzung des Parlaments am Sonntag inmitten tumultartiger Szenen gewählt worden. Der bisherige Amtsinhaber Juan Guaidó und seine Unterstützer im In- und Ausland erkennen diese Wahl nicht an und wählten im Sitz der regierungskritischen Tageszeitung El Nacional ein eigenes Präsidium.

Am Ende der Parlamentssitzung am Dienstag verschafften sich Guaidó, ihm nahestehende Abgeordnete und weitere Personen gewaltsam Zugang zum Parlament und hielten eine eigene Sitzung ab. Dabei ließ sich Guaidó von seinem Kollegen Juan Pablo Guanipa erneut als Interimspräsident des Landes vereidigen. Dazu hatte sich der Politiker vor einem Jahr nach seiner ersten Wahl selbst ernannt. Guaidó gründet seine Legitimation als "Interimspräsident" auf die Funktion an der Spitze der Nationalversammlung.

Parra beharrt dennoch auf seine Wahl. Bei der Sitzung am Sonntag sei das notwendige Quorum gegeben gewesen, schrieb er über den Kurznachrichtendienst Twitter. Bei der von ihm geleiteten Sitzung wurde eine Debatte über die Benzinversorgung, die Freilassung politischer Gefangener und die soziale Situation von Arbeitern geführt.

Nach Angaben von Francisco Torrealba, Abgeordneter der regierenden Vereinigte Sozialistische Partei Venezuelas (Partido Socialista Unido de Venezuela, PSUV) und Vorsitzender des Arbeitnehmerausschusses, haben die Mitglieder des oppositionellen Bündnisses der "Großen Vier" (Un Nuevo Tiempo, Acción Democrática, Voluntad Popular y Primero Justicia) nicht an der von Parra geleiteten Sitzung teilgenommen.

Stattdessen drang am Ende der von Parra geleiteten Sitzung eine Gruppe von Personen und Abgeordneten unter der Leitung von Juan Guaidó mit Gewalt in das Gebäude der Nationalversammlung ein. Sie versuchten zunächst, die bereits von Parra geführte Debatte zu übernehmen. Als es Guaidó und seinen Gefolgsleuten schließlich gelang, in den Plenarsaal vorzudringen, war die Sitzung des Parlaments aber bereits beendet. Guaidó eröffnete daraufhin eine eigene Sitzung und ließ sich als Parlaments- sowie Interimspräsidenten vereidigen.

Guaidó bestritt erneut die Legitimität des Parlamentspräsidiums unter Parra, den er als "Komplizen der Tyrannei" bezeichnet. Allerdings zeigt die Spaltung des Parlaments zugleich die tiefe Kluft zwischen Akteuren der Opposition. Am Montag hatte Guaidó seine bisherige Partei Volkswillen (Voluntad Popular) verlassen. Er will seine Anhänger nun neu organisieren. Auch Parra gehörte dieser Partei an, bis Guaidó ihn im Dezember angesichts von Korruptionsvorwürfen ausschließen ließ. Dass nun auch Guaidó die Partei verließ, ist ein Indiz für die heftigen Konflikte im Lager der Regierungsgegner, die schon lange nicht mehr geschlossen hinter ihm stehen.