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Venezuela: Juan Guaidó wollte sich laut Bericht illegal Zugang zu Staatsgeldern verschaffen

Recherche der Washington Post. Opposition untersucht Vorgänge, auch in USA soll ermittelt werden. Unklarheit über Verbleib von US-Gelder für Opposition

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Juan Guaidó (links) hat die letzten zwei Jahre einiges an Geld aus den USA bekommen und, laut Medienberichten, versucht, weitere Gelder aus venezolanischem Staatsbesitz zu kontrollieren. Geholfen haben bei Zweiterem soll ihm Javier Troconis (rechts)
Juan Guaidó (links) hat die letzten zwei Jahre einiges an Geld aus den USA bekommen und, laut Medienberichten, versucht, weitere Gelder aus venezolanischem Staatsbesitz zu kontrollieren. Geholfen haben bei Zweiterem soll ihm Javier Troconis (rechts)

Washington/Caracas. Eine Recherche der US-Zeitung Washington Post legt nahe, dass der noch immer von einigen Ländern als Interimspräsident von Venezuela anerkannte Juan Guaidó mit Verbündeten in großem Stil versucht hat, sich an Geldern des venezolanischen Staates zu bereichern. Die Zeitung bekam nach eigenen Angaben exklusive Informationen von zwei in Miami ansässigen Unternehmern, über die das Guaidó-Lager versucht haben soll, sich Zugang zu Vermögenswerten im Wert von 40 Milliarden US-Dollar zu sichern.

Die Unternehmer Jorge Reyes und Pedro Antar sollen zunächst Guaidó angeboten haben, Gelder, die der staatlichen Erdölgesellschaft PDVSA zuzuordnen sind und in der Karibik gebunden waren, zu identifizieren. Guaidó zeigte sich laut dem Bericht in einem Telefonat im April 2019 erstmals interessiert, im Dezember 2019 soll es dann zu einem persönlichen Treffen in Florida von Reyes und Antar mit zwei seiner Vertreter gekommen sein, und zwar mit Javier Troconis und Fernando Blasi.

Bei diesem Treffen sollen Troconis und Blasi einen Brief mit einer Liste von Forderungen vorgelegt haben, die der Unternehmer Reyes gegenüber der Washington Post als "schockierend" und als einen Akt der Erpressung bezeichnete. Unter anderem sei eine Vorauszahlung von 750.000 Dollar an Blasis Bruder Margin und dessen Firma gefordert worden sein, damit die beiden Unternehmer den Auftrag bekämen. Der Deal sei schlussendlich geplatzt, da sich Reyes und Antar weigerten, einen Vorschuss der Zahlung zu leisten.

Troconis ist ein ehemaliger Ölmanager, der noch immer als Guaidós Sonderbeauftragter für die Wiederbeschaffung von Vermögenswerten fungieren soll. Blasi ist der Leiter der Handelsabteilung der von Guaidó kontrollierten venezolanischen Botschaft in Washington. Beide bestritten auf Nachfrage der Washington Post die Vorwürfe.

Auch die Parallelregierung von Guaidó habe im September eine Erklärung herausgegeben, in der sie die Vorwürfe als unbegründet zurückwies. Jedoch sei es in den letzten Wochen zu internen Untersuchungen gekommen, die von einem Komitee von Abgeordneten der bis zum Dienstag dieser Woche von der Opposition kontrollierten Nationalversammlung durchgeführt wurde.

Bisher habe man noch keine Beweise für die im Raum stehenden  Korruptionsvorwürfe gegen Troconis und Blasi gefunden. Die Untersuchungen würden jedoch weitergehen. Guaidós Botschafter in den USA, Carlos Vecchio, soll zudem die US-Regierung gebeten haben, selbst eine Untersuchung in diesem Fall einzuleiten.

Die im Zuge der Recherche von der Washington Post durchgeführten 20 Interviews sollen indes durchaus "einige Fälle von Korruption in großem und brisantem Stil" belegen. Darunter befinde sich auch ein geplanter Vertrag mit der Regierung von Paraguay, bei dem eine Provision von 26 Millionen Dollar an Dritte gezahlt werden sollte.

Laut zwei Entwürfen der Verträge, die der Washington Post vorliegen würden, hätte der Deal die Hälfte der 269 Millionen Dollar Schulden erlassen, die Paraguay an Venezuela nach eigener Aussage hat. Juan Ernesto Villamayor, der Stabschef des paraguayischen Präsidenten Mario Abdo Benítez, soll diese Pläne von Seiten des Guaidó-Lagers um Troconis bestätigt haben.

Der paraguayische Radiosender "Monumental AM 1080" veröffentlichte am Dienstag über sein Twitter-Konto ein Schreiben, aus dem hervorgehen soll, dass Guaidó Präsident Benítez persönlich schrieb und Troconis als seinen "Verhandlungsführer" benannte, um über den Erlass der Schulden zu verhandeln.

Mit einer weiteren Vereinbarung habe das Guaidó-Lager zudem die "Rückgewinnung" von Vermögenswerten des venezolanischen Lebensmittelministeriums in Höhe von 1,7 Milliarden Dollar beabsichtigt, die bei einer britischen Bank eingelegt waren. Einen entsprechenden Vertrag habe Troconis mit einer Anwaltskanzlei in Südflorida unterzeichnet.

Unabhängig von der Recherche der Washington Post hat derweil das US-Außenministerium bekanntgegeben, dass die USA seit 2017 rund 1,2 Milliarden US-Dollar "an Venezolaner, welche an der von Maduro verursachten Krise leiden", gezahlt haben. Die Information wurde am 2. Januar auf dem spanischsprachigen Twitterkonto des Ministeriums veröffentlicht.

Die Mitteilung rief bei vielen Benutzern des Kurznachrichtendienstes Häme und Spott hervor. "Wer hat dieses Geld gekriegt?", fragte eine Nutzerin aus Caracas. Ein anderer forderte die US-Regierung auf, eine Liste der begünstigten Bankkonten zu veröffentlichen. "Ich kann als Venezolaner versichern, dass davon nicht ein Cent als Hilfe bei den Bürgern angekommen ist", schrieb ein Mann, der offensichtlich der Opposition angehört.

Venezuelas Regierung hatte schon länger Zahlungen der US-Regierung an venezolanische Oppositionsgruppen beklagt, die unter dem Deckmantel sogenannter "humanitärer Hilfe" ausgerichtet würden. Mitte Dezember hatte Präsident Nicolás Maduro den US-Kongress aufgefordert, den Verbleib von "Geldern der Steuerzahler" zu untersuchen, die an "Kriminelle" in Venezuela gezahlt worden seien und "jetzt auf Bankkonten in Steuerparadiesen lagern".

Kurz vor dem Jahreswechsel bewilligte der US-Kongress indes eine neue Zahlung von mindestens 33 Millionen US-Dollar für das Jahr 2021 zu Händen der selbsternannten "Interimsregierung" des Oppositionspolitikers Juan Guaidó und von "Initiativen für die Demokratie" in Venezuela. Der Betrag ist zwar höher als der für 2020 gezahlte, liegt jedoch unter dem Vorschlag des Weißen Hauses, 205 Millionen in eine anstehende "Transition" in Venezuela zu investieren.