Amnesty International beklagt repressive Taktiken der Regierung in Nicaragua

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Deckblatt des AI-Berichts
Deckblatt des AI-Berichts

London. "Schweigen um jeden Preis – die Taktiken des Staates zur Vertiefung der Repression in Nicaragua" ist der Titel eines Berichts von Amnesty International zur Menschenrechtssituation in Nicaragua. Damit möchte AI auf die Nachwirkungen des je nach Sichtweise als Aufstand oder als Putschversuch bezeichneten Konfliktes aufmerksam machen, der im April 2018 mit Protesten von Studenten begann.

Erika Guevara-Rosas, die Amerika-Direktorin von Amnesty International, warf bei der Vorstellung des Berichts der Regierung von Daniel Ortega vor, dass diese alles tun würde, um die Verwirklichung der Menschenrechte zu verhindern. Weiter erklärte sie: "Die nicaraguanischen Behörden müssen aufhören, die Würde von Tausenden von Opfern der Repression ständig mit Füßen zu treten."

Als zentrale Taktiken der Regierung beim Umgang mit ihren Gegnern bezeichnete AI willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen aufgrund von erfundenen Anklagen, die Verabschiedung von Gesetzen, um Kritik zum Schweigen zu bringen, und den "bürgerlichen Tod", das heißt den Verlust der persönlichen Rechtsfähigkeit. Laut AI seien bei der Fertigstellung des Berichts Ende November 2020 noch mehr als 100 Menschen hinter Gittern gewesen, nur weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung wahrgenommen hätten.

Unstrittig ist, dass es in Nicaragua zwischen April und Juli 2018 bei dem Konflikt mit Demonstrationen, Straßenblockaden und Brandstiftungen zu vielfältigen Menschenrechtsverletzungen und Tötungen kam. Verschiedene Organisationen nennen hier unterschiedliche Zahlen und Vorgänge, Opfer waren Unterstützer und Gegner der Regierung. Die von den meisten internationalen Medien vorgenommenen schnellen Schuldzuschreibungen als Gewalttaten der Regierung waren dabei kaum haltbar, wie sich im Laufe der Zeit in differenzierten Berichten zeigte. Immer offensichtlicher wurde auch, dass bei dem Konflikt der Versuch eines "regime change" seitens der USA eine wichtige Rolle spielte (amerika21 berichtete).

Insgesamt scheint der aktuelle Bericht von AI die Vorwürfe von Regierungsgegnern aufzulisten. Sie wenden sich etwa gegen die Beschränkungen ihrer Finanzierung durch das Gesetz zur Regulierung ausländischer Agenten sowie gegen das Gesetz gegen Cyberkriminalität. Allerdings sind solche Gesetze zum Schutz von Staaten auch international üblich, wie Regelungen in EU-Ländern oder die strengen Finanzierungs-Vorgaben in den USA zeigen.

Mit der aktuellen Publikation bezieht sich AI vor allem auf die Angaben von "lokalen Menschenrechtsorganisationen" wie der Comisión Permanente de Derechos Humanos (CIDH) und Centro Nicaragüense de Derechos Humanos (Cenidh). Vertreterinnen dieser beiden Organisationen waren auch bei der Vorstellung des Berichts in einer Videokonferenz zugeschaltet. Und diese Organisationen waren während der Konflikte 2018 in Nicaragua wesentlich an der propagandistischen Begleitung des "Aufstands/Putschversuchs" beteiligt.

Da die Veröffentlichungen und Einschätzungen von Menschenrechtsverletzungen in Nicaragua stark divergieren, versuchte die von der Regierung Ortega finanzierte Kommission für Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden zusammen mit anderen Menschenrechtsorganisationen im Land, die vielen Vorfälle genauer zu untersuchen. Keine der aus dem Ausland finanzierten oppositionellen Menschenrechtsgruppen war zu dieser Aufarbeitung bereit.