"Todesflüge" in Argentinien: Lebenslange Haftstrafen für beteiligte Militärs

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Angehörige von Opfern der "Todesflüge" verfolgten den Prozess aufmerksam
Angehörige von Opfern der "Todesflüge" verfolgten den Prozess aufmerksam

San Martín. Vier ehemalige Offiziere der argentinischen Streitkräfte sind vergangene Woche für ihre Beteiligung an den sogenannten "Todesflügen" zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden.

Der frühere Chef der Militärinstitute in Campo de Mayo, Santiago Omar Riveros, sowie Luis del Valle Arce, Délsis Angel Malacalza und Eduardo María Lance – Offiziere am selben Standort am Rand von Buenos Aires – wurden für schuldig befunden, zwischen 1976 und 1977 für die Entführungen, Folterungen und illegalen Hinrichtungen politischer Gefangener verantwortlich zu sein. Die Morde wurden verübt, indem Gefangene betäubt und dann noch lebend aus Transportflugzeugen in den Rio de la Plata geworfen wurden.

Im Jahr 2017 endete bereits ein großer Prozess, bei dem 30 Marineoffiziere verurteilt wurden, die "Todesflüge" vom illegalen Haftzentrum in der Marineschule Escuela Mecanica de la Armada (Esma) aus durchgeführt hatten. Bei diesem Prozess, der sich über fünf Jahre hinzog, wurden über 800 Zeugen gehört. Dabei wurden auch bekannte Figuren wie Alfredo Astiz und Jorge Acosta, alias "El Tigre", nochmals verurteilt, die bereits in vorangegangenen Strafprozessen lebenslange Haftstrafen wegen Diktaturverbrechen erhalten hatten (amerika21 berichtete).

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Die Opfer der "Todesflüge" während der Militärdiktatur wurden lebend aus Transportflugzeugen wie dieser L-188 Electra 5-T-3 abgeworfen
Die Opfer der "Todesflüge" während der Militärdiktatur wurden lebend aus Transportflugzeugen wie dieser L-188 Electra 5-T-3 abgeworfen

In dem jetzigen Verfahren ging es um die Flüge, die von dem Armeestützpunkt Campo de Mayo ausgingen, auf dem sich neben verschiedenen Militärschulen auch ein illegales Gefangenenlager befand, genannt "El Campito". Die Leichen von Rosa Eugenia Novillo Corvalán, Roberto Ramón Arancibia, Adrián Enrique Accrescimbeni und Juan Carlos Rosace, die dort nachweislich inhaftiert und gefoltert wurden, wurden später bei Punta Indio, südwestlich von Buenos Aires an der Atlantikküste aufgefunden. Im Prozess konnte die Verantwortung der Angeklagten für diese vier Morde bewiesen werden.

Der jetzt schuldig gesprochene 98-jährige Riveros, früherer Divisionsgeneral und in der Endphase der Diktatur Botschafter in Uruguay, wurde bereits mehrfach zu lebenslanger Haft verurteilt, unter anderem, weil er Babys aus dem Gefangenenlager von Campo de Mayo gestohlen hatte. Wie die drei anderen Verurteilten befindet er sich auf Grund seines Alters seit Jahren unter Hausarrest. Das Gericht ordnete an, dass sie mit einem Geolokalisierungsgerät ausgestattet und in das elektronische Überwachungsprogramm des nationalen Ministeriums für Justiz und Menschenrechte aufgenommen werden.

Menschenrechtsorganisationen und Verbände von Opferangehörigen fordern, dass sie wieder in ein gewöhnliches Gefängnis gebracht werden, wie es bei Verbrechen gegen die Menschheit nach internationalen Abkommen Pflicht ist. Der oberste Gerichtshof in Buenos Aires wird in diesem Zusammenhang beschuldigt, die Durchsetzung dieser Abkommen zu hintergehen.