Regierung in Venezuela entschädigt vertriebene Bauernfamilien

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Maduro beim Besuch der Bauerngemeinschaft Villa Zamora 2021, der live im Fernsehen übertragen wurde
Maduro beim Besuch der Bauerngemeinschaft Villa Zamora 2021, der live im Fernsehen übertragen wurde

Caracas. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat die Bauerngemeinschaft Villa Zamora 2021 im Bundesstaat Miranda besucht, um Familien zu entschädigen, die bei einem Räumungsversuch im April vertrieben worden waren.

Bei der Aktion am 12. April, die vom oppositionellen Bürgermeister Raziel Rodríguez zugunsten eines lokalen Unternehmens angeordnet wurde, drang Gemeindepolizei in das Gelände Villa Zamora 2021 ein und zerstörte alle Häuser und die gesamte Ernte.

Bei seinem Besuch am Freitag, bei dem Maduro sechs betroffenen Familien neu errichtete Wohnhäuser und Arbeitsgebäude übergab, erklärte er, dass in diesem Fall "Gerechtigkeit" geübt worden sei.

Die Polizeiaktion wurde offenbar von Guatire Textil beantragt, einem lokalen Unternehmen, das das Eigentum an dem 0,8 Hektar großen Grundstück am Stadtrand von Caracas beansprucht. Eine Gruppe von Kleinbauern hatte 2013 mit der Bewirtschaftung der Brache begonnen und 2016 vom Landinstitut gemäß dem Landgesetz einen Eigentumstitel erhalten.

Das Vorgehen gegen die Bauernfamilien stieß landesweit auf heftige Kritik. Die Justiz leitete Ermittlungen ein. Abgeordnete der Nationalversammlung schufen eine Kommission zur Untersuchung des Vorfalls und versprachen, ähnliche Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Eine Reihe von Institutionen, darunter das Landinstitut und das Ministerium für städtische Landwirtschaft, boten den Familien Unterstützung bei der Wiederaufnahme der Produktion und dem Bau von Behelfsunterkünften an.

Exequio Ruiz, ein lokaler Anführer der Bauern und einer der bei der Aktion im April Verhafteten, sagte, dass die Gemeinschaft Villa Zamora 2021 seit langem Opfer von Angriffen durch Guatire Textil sei. Die Firma wolle sie wegen ihres Kampfes um die Rückgewinnung des Landes vertreiben.

Laut Regierungsvertretern wurde die Aktion im April mit gefälschten Dokumenten gerechtfertigt. Die Beteiligung des oppositionellen Bürgermeisters wurde durch eine geleakte Audiobotschaft bekannt, in der er die Anwesenheit der Bauern als "Invasion" bezeichnete ‒ eine Formulierung, die häufig von Gegnern der Landreform verwendet wird. Er wurde vom Büro des Generalstaatsanwalts vorgeladen, aber es wurde bislang keine Anklage erhoben.

Rodríguez, ein ehemaliger Polizist, gewann im November 2021 die Bürgermeisterwahl auf dem Ticket der Fuerza Vecinal mit einem hauchdünnen Vorsprung. Die Gemeinde, zu der auch Guatire, eine Pendlerstadt am Rand der Hauptstadt Caracas, gehört, wurde seit 2000 vom Chavismus regiert.

In den letzten Jahren versuchen die Großgrundbesitzer in Venezuela wieder verstärkt, Profite durch höhere Pachtpreise zu erzielen, was sie in direkten Konflikt mit den Kleinbauern gebracht hat, die um die Kontrolle und Produktion auf dem zuvor brachliegenden Land kämpfen.

Aufgrund der von den USA verhängten Sanktionen kann die Regierung weniger Nahrungsmittel importieren und hat auf die Notwendigkeit, diese im eigenen Land zu produzieren und Ernährungssouveränität zu erlangen, mehr Aufmerksamkeit gerichtet. Kleinbauern wiederum haben mehrfach Proteste organisiert, um ihre politischen Errungenschaften zu schützen und die Regierung zu drängen, die kleinen und mittleren Erzeuger stärker zu unterstützen.

Das Landgesetz des damaligen Präsidenten Hugo Chávez aus dem Jahr 2001 schuf die rechtliche Basis für die Übernahme brachliegender Ländereien durch organisierte Kleinbauern. Offiziellen Angaben zufolge wurden in den letzten 20 Jahren 6,5 Millionen Hektar Land zurückgewonnen. Das Gesetz wurde von den Großgrundbesitzern heftig bekämpft und war einer der Faktoren für den Putsch von 2002.