Kolumbien: Regierung will jugendliche Streikbeteiligte aus dem Gefängnis entlassen

cali12.jpg

Dank an die Jungen: Die jugendlichen Streikenden werden in weiten Teilen der Bevölkerung für ihren Einsatz geschätzt und anerkannt (Foto vom Streik in Cali)
Dank an die Jungen: Die jugendlichen Streikenden werden in weiten Teilen der Bevölkerung für ihren Einsatz geschätzt und anerkannt (Foto vom Streik in Cali)

Bogotá. Kolumbiens Präsident Gustavo Petro hat angekündigt, dass hunderte inhaftierte Jugendliche frei kommen sollen, die während der landesweiten Proteste im Jahr 2021 verhaftet worden sind. Noch vor Weihnachten sollen sie zu "Friedensvermittler" (Gestores de Paz) ernannt werden. Mit diesem Status könnten sie ihre Freiheit wieder erlangen.

Der Präsident hielt fest, dass das Recht auf Protest ein demokratisches Recht sei. "Die Regierungen, die ihrer Polizei befehlen, junge Leute zu töten, zu inhaftieren, zu foltern, sind keine demokratischen Regierungen", so Petro.

Die Idee, unter bestimmten Umständen inhaftierte Personen als Friedensvermittler einzusetzen, ist in Kolumbien nicht neu. Bereits die Ex-Präsidenten Álvaro Uribe und Juan Manuel Santos haben inhaftierte Ex-Guerilleros freigelassen um ihnen zu ermöglichen, diese Funktion auszuüben.

Die heutige Regierung wollte die Möglichkeit eines Straferlasses für Jugendliche, die während der Demonstrationen im Jahre 2021 angeblich Straftaten begangen haben, zunächst im kürzlich verabschiedeten Friedensgesetz (Ley de Paz) verankern. Dies wurde jedoch sehr kontrovers diskutiert. Die Opposition argumentierte, dass die während der Proteste an der "Ersten Linie" (Primera Línea) beteiligten Jugendlichen nicht mit Straffreiheit davon kommen dürften.

erste_linie_portal_de_la_resistencia.jpg

Protest Mitte Mai auf dem "Portal de la Resistencia" in Bogotá, vorn die "Primera Línea"
Protest Mitte Mai auf dem "Portal de la Resistencia" in Bogotá, vorn die "Primera Línea"

Die in der "Primera Línea" organisierten jungen Menschen stellten sich bei den landesweiten Streiks seit 2019 mit Helmen und selbstgebastelten Schutzschilden vor die Demonstrationen, um Mitprotestierende vor der Polizeigewalt zu schützen. Verteidigungsminister Diego Molano gab im Dezember 2021 die Verhaftung von 250 Mitgliedern der "Ersten Linien" landesweit bekannt. Die häufigste Anklage der Staatsanwaltschaft lautete "Terrorismus" und "Verabredung zu einem Verbrechen".

Auf die Ankündigung von Petro gab es kritische Kommentare aus Kreisen der Opposition. Paloma Valencia von der rechten Partei Centro Democratico stellte auf Twitter die Frage, ob die Freilassung der Mitglieder der "Primera Linea" nicht bedeute, dass die Regierung deren Infiltration durch die ELN anerkenne. David Luna von der Partei Cambio Radical fand es "unglaublich", dass der Präsident, ohne dass er dazu die notwendigen Befugnisse habe, inhaftierte Jugendliche frei lassen wolle.

Innenminister Alfonso Prado erklärte daraufhin, dass sich Petro nicht auf die Regelungen beziehe, die für Ex- Guerilleros gelten. Diese Jugendlichen hatten verneint, einer illegalen bewaffneten Gruppierung anzugehören. Er stellte klar, dass die Richter und die Staatsanwaltschaft das letzte Wort haben werden und dass es sich "nicht um eine Amnestie und und auch nicht um eine gerichtliche Begnadigung handelt".

Vielmehr gehe es um eine Übergangsregelung, die es Jugendlichen, die in ihrer Gemeinschaft anerkannt seien, ermögliche, einen Beitrag zum Frieden zu leisten. Nun werde eine Regelung erarbeitet, wie ein Antrag des Präsidenten an das zuständige Justizorgan auf Freilassung der Jugendlichen erfolgen müsse, so der Minister.