So sind die Frauen in Lateinamerika am 8. März auf die Straße gegangen

Protestmärsche gegen sexualisierte Gewalt, Femizide und für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch. Wirtschaftliche Themen nehmen großen Raum ein

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Blaues Plakat: "Nicht eine weniger. Wir sind der Schrei derjenigen, die nicht mehr da sind". Unten: "Gerechtigkeit"
Blaues Plakat: "Nicht eine weniger. Wir sind der Schrei derjenigen, die nicht mehr da sind". Unten: "Gerechtigkeit"

Buenos Aires/Santiago de Chile et al. Hunderttausende Frauen haben am 8. März in ihren Städten und Gemeinden in Lateinamerika demonstriert. Sie protestierten unter anderem gegen anhaltende Frauenmorde, gegen sexuelle Gewalt, für das Recht auf Abtreibung, gegen prekäre Lebensverhältnisse sowie gegen Polizeigewalt und für soziale Gerechtigkeit.

Zehntausende Mitglieder feministischer, politischer und sozialer Gruppen gingen in Buenos Aires bei großer Hitze auf die Straße. Zu den verschiedenen durchgeführten Aktionen gehörte ein Demonstrationszug zum Nationalkongress, zu dem das Kollektiv "Ni una menos" (Nicht eine weniger) aufgerufen hatte und der sieben Blocks der Avenida de Mayo füllte.

Die Demonstrant:innen forderten Gerechtigkeit für die Frauenmorde und dass die vermissten Frauen lebend gefunden werden. Sie sprachen sich gegen die "patriarchalische, klassistische, rassistische, korporative und antidemokratische Justiz" aus. Sie kritisierten die Urteile der Justiz gegen die linksgerichtete Ex-Präsidentin Cristina Kirchner, die sie als "politische Verfolgung" ansehen und forderten Fortschritte bei den Ermittlungen zu dem Attentat gegen sie.

Ein auf der Kundgebung verlesenes Dokument fasste die wichtigsten Forderungen zusammen. Darin verlangen die Aktivistinnen unter anderem eine "Untersuchung der unrechtmäßigen Schulden beim IWF", die Bekämpfung der Inflation, eine Umverteilung der Einkommen zugunsten der ärmeren Schichten, eine Wiedergutmachung für die Transsexuellen, die die Gewalt der Militärdiktatur überlebt haben, sowie einen politischen Prozess gegen den Obersten Gerichtshof und die Absetzung seiner Mitglieder. Außerdem wird die Freilassung der politischen Gefangenen aus der indigenen Mapuche-Gemeinschaft gefordert.

Auch in anderen argentinischen Städten wie Córdoba, Rosario, Mendoza und Neuquén mobilisierten die Frauenorganisationen.

In Chiles Hauptstadt Santiago demonstrierten circa 400.000 Frauen. Aufgerufen hatte die Organisation Feministische Koordination 8M. In diesem Jahr lauteten die Hauptthemen des Aufrufs "Erinnerung, Prekarisierung des Lebens und verfassungsgebender Prozess". Es wurde der Frauen gedacht, die Opfer der Gewalt beim Militärputsch vor 50 Jahren waren, der Verhafteten und Verschleppten. "Als Feministinnen sagen wir laut und deutlich: Wir vergessen nicht und wir vergeben keine Schläge", sagte die Aktivistin Alicia Lira Mateus bei der Kundgebung auf dem Platz der Helden.

Auch in Chile ging es bei den Aktionen zum Frauentag um soziale Kämpfe. Mitglieder des Kongresses, wie die indigene Senatorin Fabiola Campillai, und der Regierung, wie die Frauenministerin Antonia Orellana nahmen an den Demonstrationen teil. Campillai unterstützte auf der Kundgebung in Valparaíso die Forderungen nach dem Recht auf eine Wohnung, eine angemessene Rente, auf Gesundheit und Bildung.

In Uruguay traten arbeitende Frauen mit Unterstützung des Gewerkschaftsbundes PIT-CNT in einen 24-stündigen Streik. Unter dem Motto "antirassistischer und antikapitalistischer Klassenfeminismus" gingen sie auf die Straße, um gegen sexuelle Gewalt, Frauenmorde, "Belästigung am Arbeitsplatz" und "politische Gewalt gegen Aktivistinnen" zu demonstrieren.

Zu den Demonstrationen hatte vor allem die Plattform 8M aufgerufen, ein Zusammenschluss von fast 50 Frauenorganisationen, die am 8. März gegen Hunger, "Macho-Gewalt" und "patriarchalische Unterdrückung" protestierten.

In Mexiko-City strömten zehntausende Frauen auf die Straßen und Plätze und verlangten das Ende der Feminizide. Täglich werden zehn Frauen in Mexiko ermordet, aber die Strafflosigkeit dabei beträgt 95 Prozent. In Monterrey wurde die Teilnahme von 300.000 Frauen an den 8M-Kundgebungen gemeldet.

In Brasilien waren die Frauen der Organisationen von Landlosen und Kleinbäuer:innen, Movimento Sem Terra und Via Campesina, auch am 8. März in verschiedenen Gemeinden aktiv. In Porto Velo demonstrierten die Aktivistinnen der Via Campesina gegen das "patriarchalische System" und für den Erhalt des Amazonas und die Ernährungssouveränität. In Teresma protestierten die Frauen gegen die Firma Equatorial Energia wegen der schlechten Stromversorgung und der hohen Kosten. Das Sicherheitspersonal schoss auf sie.

In Peru attackierte die Polizei die Demonstrantinnen, unter denen sich Indigene aus dem konfliktreichen Gebiet Puno befanden, mit Tränengas. Vor dem Frauenministerium sangen protestierende Frauen die Parole "Dina asesina" (Dina Mörderin) und forderten den Rücktritt der umstrittenen Interimspräsidentin Dina Boluarte, die sie für die über 60 Toten bei den jüngsten Protesten im Land verantwortlich machen.