Kolumbien / Politik

Neuer Schritt im Friedensprozess in Kolumbien: Gemeinsamer Auftritt von Regierung und ELN

Guerilla hat eine verbindliche Struktur für die Beteiligung der Gesellschaft im Friedensprozess durchgesetzt. Umsetzung hat viele Feinde

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Gustavo Petro, Pablo Beltrán und andere Akteure im Friedensprozess in Kolumbien traten gemeinsam auf
Gustavo Petro, Pablo Beltrán und andere Akteure im Friedensprozess in Kolumbien traten gemeinsam auf

Bogotá. Auf einer Großveranstaltung haben die kolumbianische Regierung und die Nationale Befreiungsarmee (ELN) in der Hauptstadt des Landes das Nationale Komitee für die Beteiligung der Gesellschaft eingesetzt. Damit ist ein Verhandlungsergebnis am selben Tag umgesetzt worden, an dem ein 180-tägiger bilateraler Waffenstillstand mit der Guerilla begann.

Damit markierte der vergangene Donnerstag ein Datum zweier großer Erfolge des Friedensdialogs.

Die Regierung war vertreten durch Präsident Gustavo Petro. Für die ELN trat Kommandant Pablo Beltrán auf. Beltrán, der Leiter der ELN-Delegation bei den Verhandlungen mit der Regierung in Havanna, traf am Montag zusammen mit anderen Mitgliedern der Friedensdelegation, unter ihnen Aureliano Carbonell und Bernardo Téllez, mit einem Flug aus der kubanischen Hauptstadt im Land ein. Der öffentliche Auftritt wurde von tausenden Menschen gefeiert. Ebenfalls anwesend waren der Hohe Kommissar für Frieden, Danilo Rueda, Senator Iván Cepeda sowie Vertreter der Vereinten Nationen.

Der mit dem Event bekräftigte beidseitige Waffenstillstand ist bis zum 29. Januar 2024 vereinbart. Zwar gehört die ELN zu den größten Akteuren, dutzende andere bewaffnete Gruppen, im Wesentlichen der organisierten Kriminalität, belasten jedoch ein Land auf der Suche nach Frieden weiter mit Gewalt.

Das Nationale Komitee für die Beteiligung der Gesellschaft, das sich aus 81 Delegierten von 30 verschiedenen Organisationen aus dem ganzen Land zusammensetzt, wird nun mit seiner Arbeit beginnen. Es ist ein vorübergehendes Gremium, das in den Friedensdialog eingebunden ist und dessen Aufgabe es sein wird, die Beteiligung der gesamten Gesellschaft am Friedensprozess zu gestalten und zu fördern. Bereits seit Monaten hatte es im ganzen Land Vorbereitungstreffen gegeben, bei denen die organisierte Zivilbevölkerung sowie Einzelpersonen und kirchliche Gruppen ihre Vorschläge einbringen konnten. Aus diesen Treffen wurde nun eine Strategie entwickelt, die die Teilnahme gewährleisten soll.

In seiner Rede konzentrierte sich ELN-Komandant Beltrán auf die Beteiligung der Gesellschaft am Friedensprozess. Dies stellte für die ELN einen zentralen Aspekt nicht nur bei den jüngsten Verhandlungen mit der Regierung dar, sondern auch bei früheren Friedensverhandlungen mit Vorgängerregierungen.

Präsident Petro seinerseits hob in seiner Rede die Notwendigkeit des Friedens hervor. Er analysierte den bewaffneten Konflikt und einige seiner politischen Slogans und stellte schließlich sein Leitmotiv vor, das Leben über den Tod zu stellen. Er betonte, dass eine echte Revolution ein Engagement für den Frieden, also für das Leben sei. Zudem erinnerte er daran, dass seine Regierung Land kaufe, um die Kleinbauernschaft zu begünstigen.

Carbonell von der ELN betonte, dass eine der Herausforderungen darin bestünde, die Beteiligung der gesamten Gesellschaft zu gewährleisten. In mehreren Regionen würden Dörfer von Paramilitärs und mächtigen Gruppen angegriffen, die eben diese Beteiligung verhindern wollten.

Der Konflikt in Kolumbien ist indes keineswegs auf einem sicheren Weg zum Frieden. Alleine dieses Jahr wurden bereits 100 Akivist:innen ermordet. In vielen Regionen des Landes sind ganze Dörfer von bewaffneten Gruppen bedroht, die Bevölkerung wird vertrieben oder in ihren Häusern eingesperrt. Der Friedensdialog steht also weiterhin vor großen Herausforderungen.