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Korruptionsfall Odebrecht: Kolumbien fordert Kooperation der US-Behörden

Mächtige kolumbianische Unternehmen geben nach jahrelangem Leugnen vor der US-Justiz Korruption zu. Staatsanwaltschaft in Kolumbien muss nachziehen

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Laut dem US-Außenministerium und der US-Börsenaufsicht zahlte Corficolombiana, Tochtergesellschaft von Aval, zwischen 2012 und 2015 23 Millionen US-Dollar an Bestechungsgeldern
Laut dem US-Außenministerium und der US-Börsenaufsicht zahlte Corficolombiana, Tochtergesellschaft von Aval, zwischen 2012 und 2015 23 Millionen US-Dollar an Bestechungsgeldern

Bogotá. Die Regierung von Gutavo Petro will Konsequenzen für die kolumbianische Investmentgesellschaft Corficolombiana wegen ihrer Verwicklung in den Odebrecht-Korruptionsskandal beim Bau der Straße "Ruta del Sol 2".

Die Holdinggesellschaft und ihre Inhaberin, die Gruppe Aval, mussten kürzlich vor der US-Justiz ihre Beteiligung am Schmiergeldsystem des brasilianischen Baukonzerns Odebrecht in Kolumbien zugeben. Nun fordert Petro die US-Behörden auf, der kolumbianischen Regierung die Dokumente des Falls zu Verfügung zu stellen, um Strafmaßnahmen gegen Corficolombiana und Aval einzuleiten.

In Kolumbien selbst hat die Staatsanwaltschaft kaum gegen Corficolombiana und Aval ermittelt. Die einzige Strafe gegen Odebrecht hat die Oberste Aufsichtsbehörde für Industrie und Handel (SIC) verhängt (amerika21 berichtete). Petro warf der Anklagebehörde vor, sie habe die Odebrecht-Verantwortlichen außer Landes gelassen, ohne dass sie "einen einzigen Peso" der von den Behörden verhängten Strafen bezahlten.

In all den Jahren seit der Aufdeckung des Odebrecht-Skandals in Kolumbien stritt Aval ab, von den Machenschaften ihrer brasilianischen Odebrecht-Partner gewusst zu haben. Zwar verurteilte die kolumbianische Justiz 2019 den Präsidenten von Corficolombiana, José Elías Melo, wegen Schmiergeldzahlungen in Höhe von 6,5 Millionen US-Dollar an einen Mitarbeiter des Verkehrsministeriums im Jahr 2009. Aval verbreitete jedoch die Version, dass Melo auf eigene Faust gehandelt habe.

Eigentümerin des größten kolumbianischen Finanzkonglomerats Aval ist die Familie Sarmiento, der unter anderem wichtige Medien wie El Tiempo gehören. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen gegen den Vorsitzenden von Aval, Luis Carlos Sarmiento Gutiérrez, ein. Prominente investigative Journalist:innen bezeichnen die Staatsanwaltschaft als "den Apparat, der die mächtige Aval-Gruppe verteidigt".

Erst nachdem die US-Behörden Corficolombiana und Aval jüngst 80 Millionen Dollar Korruptionstrafe auferlegten, wurde die kolumbianische Staatsanwaltschaft aktiv und klagte 55 mittlere Amtsträger:innen im Fall Odebrecht an. Darunter befindet sich jedoch niemand aus Aval.

Da Aval an der New Yorker Börse notiert ist, unterliegt sie den US-Vorschriften. Dazu gehört auch das US-Bundesgesetz Foreign Corrupt Practices Act (FCPA), das Bestechungszahlungen an ausländische staatliche Amtsträger:innen verbietet. Die Ermittlungen des US-Justizministeriums (DOJ) und der US-Börsenaufsicht (SEC) ergaben, dass Corficolombiana beziehungsweise Aval zwischen 2012 und 2015 für Bestechungszahlungen an Regierungsangehörige in Höhe von 23 Millionen Dollar verantwortlich sind.

Mit diesen Bestechungsgeldern gelang es Corficolombiana, dass die Regierung von Juan Manuel Santos (2010-2018) ihr und Odebrecht ohne Ausschreibung den Auftrag für den Bau einer weiteren Landstraße im Rahmen des Projekts "Ruta del Sol 2" erteilte.

Um das Stigma eines Strafverfahrens und hohe Geldstrafen zu vermeiden, vereinbarten Corficolombiana und Aval ein Deferred Prosecution Agreement (DPA) mit dem US-Behörden. Das bedeutet, dass die angeklagten Holdinggesellschaften im Gegenzug für einen vorübergehenden Verzicht auf Strafverfolgung eine Geldbuße von 80 Millionen Dollar zahlen, sich verpflichten, ihre Geschäftspraktiken innerhalb von drei Jahren zu verbessern und mit der US-Justiz kooperieren. Kommt das Unternehmen diesen Verpflichtungen nach, können die Ermittlungen in der Zukunft eingestellt werden. Andernfalls wird ein Strafverfahren eingeleitet.

Ein DPA kommt nur zustande, wenn die beschuldigten Unternehmen die Vorwürfe anerkennen. Corficolombiana und Aval haben dies offensichtlich getan, obwohl sie sich in Kolumbien jahrelang dagegen verwahrt haben.

Präsident Petro will nun den durch das korrupte Verhalten der Holdings in Kolumbien entstandenen Schaden ermitteln lassen, um Wege der Wiedergutmachung zu finden. Die staatliche Rechtsschutzbehörde wurde bereits eingeschaltet. Um das entsprechende Verfahren einleiten zu können, werden die offiziellen Dokumente des Falles benötigt, die sich in Händen der US-Justiz befinden.

Eine Strafmaßnahme könnte darin bestehen, dass die Unternehmen der Holding dauerhaft nicht mehr mit dem Staat zusammenarbeiten dürfen oder bestehende Verträge gekündigt werden. Die Rechtsschutzbehörde geht davon aus, dass die US-Justiz die angeforderten Unterlagen innerhalb weniger Wochen vorlegen wird.